#Blog 1
Mein Name ist Vikki, ich studiere an der Universität Freiburg Mathematik und Geographie auf Lehramt. Da mir das vorgeschrieben Praktikum im Bachelor zu wenig Zeit war, um erste Erfahrungen an der Schule und im Unterricht zu sammeln, entschied ich mich im Oktober 2022 ein Schulpraktikum im Ausland zu absolvieren. Im April war es dann so weit, ich habe meine Sachen gepackt, mein Zimmer untervermietet, mich von meiner Familie verabschiedet und ich bin ins Flugzeug gestiegen. Zehn Stunden später bin ich ausgeschlafen und aufgeregt in Hanoi gelandet. Die Stadt in der ich die vergangenen zwei Monate mein Praktikum an verschiedenen vietnamesischen Pasch-Schulen absolviert habe.
Die meiste Zeit verbrachte ich an der (privaten) Lomonosov Middle und Highschool im Westen von Hanoi. An drei Vormittagen und einem ganzen Tag war ich in den Stufen 6-11 im Deutschunterricht dabei. Anfangs habe ich sehr viel hospitiert und konnte so einen ersten Eindruck von Strukturen des Unterrichts bekommen. Die Klassen waren sehr groß und auch sehr lebhaft. Unterrichtet wurde viel frontal mit zum Teil mäßiger Beteiligung. Später war ich als Co-Lehrkraft in den Klassen dabei mit dem Fokus auf Aussprache und Landeskunde. Einige Stunden habe ich auch vollständig übernommen, wobei dann auch viel auf der gemeinsamen Sprache Englisch stattgefunden hat. Neben meiner Teilnahme am Unterricht hatte ich an der Lomonosov auch Zeit und Raum für außercurriculare Projekte. Am Samstagvormittag konnte ich viele Projekte in der Deutsch-AG umsetzen: es gab mehr Möglichkeiten zu basteln, kreativ zu werden und dabei spielerisch Deutsch zu lernen. Bei einer Abschlussveranstaltung der Sprach-AGs gab es den Austausch untereinander mit Performances und einen Stationen Lauf. Die Größe und Feierlichkeit der Veranstaltung haben mich sehr begeistert.
Außerdem konnte ich das Projekt „Ted x Lomo 2023“ mitverfolgen: die Englisch-Abteilung hat einen Wettbewerb veranstaltet für den besten Ted-Talk. Nach den Casting-Runden fand das große Finale statt mit fast 20 Schüler*innen der Unter- und Mittelstufe, die wahnsinnig mutig und begabt waren ihren Ted Talk auf die Bühne zu bringen.
Da ich auch viel Zeit und Mittagspausen an der Schule verbracht habe, habe ich viel von der Organisationsstruktur und den Tagesabläufen mitbekommen. Die Betreuung der Schüler*innen ist wirklich stark ausgeprägt: regelmäßige Treffen mit den Klassenlehrkräften, die Möglichkeit sich an Vertrauenslehrkräften zu wenden und eine Person, die mit der Klasse zu Mittag isst und die Mittagsruhe begleitet. Gerne wäre ich noch länger Teil des Schulalltags des Lomonosov Schule gewesen.
Ich hatte das Glück mein Praktikum noch an zwei weiteren Schulen zu sein. Das Bild von „der einen vietnamesischen Schule“ musste ich deswegen sehr schnell verwerfen und ich habe ein vielfältiges Schulbild erhalten.
Mittwochnachmittags war ich an der staatlichen Nguyen Gia Thieu Oberschule im Osten von Hanoi. Schon beim ersten Treffen habe ich mich sehr wohl gefühlt, die Klasse war etwas kleiner, deutlich ruhiger und der Unterricht der Lehrkraft kreativer und spielerischer. Ich konnte einzelne Fragen beantworten, die Grammatik verbessern aber die Schüler:innen haben nicht viel Unterstützung gebraucht, um unglaublich kreativ und konzentriert in Gruppenarbeiten Deutsch zu lernen. Da ich nur an einem Nachmittag an der Schule war, gab es weniger Möglichkeiten die Strukturen kennenzulernen. Der Austausch mit meiner betreuenden Lehrkraft war sehr anregend und auch an dieser Schule verging meine Praktikumszeit viel zu schnell.
Samstagnachmittags war ich online an der staatlichen Pho Thong Nang Khieu Oberschule, für besonders begabte Schüler*innen, in Ho Chi Minh City dabei. Als ich im Unterricht hospitiert habe, war ich ganz begeistert, wie reibungslos die Lehrkraft die Themen des Unterrichts miteinander verknüpft hat. Einige Stunden habe ich übernommen und mit denSchüler*innen an ihrer Aussprache gearbeitet, versucht den Rhythmus der deutschen Sprache zu vermitteln und eine virtuelle Stadtführung durch Berlin unternommen. Die theoretischen Rückfragen der Schüler*innen zur Sprachmelodie des Deutschen und der Unterricht auf Zoom haben mich in meinen Stunden manchmal etwas straucheln lassen. Den persönlichen Kontakt auf einer online Plattform herzustellen und ein direktes Feedback aus der Klasse zu lesen ist gar nicht so einfach, zumal viele der Kacheln dunkel geblieben sind.
Mein Zeitempfinden der Praktikumszeit zu reflektieren ist gar nicht so einfach. Einerseits kann ich nicht glauben, wie schnell die zwei Monate verflogen sind. Andererseits habe ich so viel mitnehmen und lernen können, so dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es nur zwei Monate gewesen sein sollen. Auf jeden Fall war es eine wahnsinnig kostbare Zeit, die mir viel bedeutet hat und an die ich mich gerne zurückerinnern werde.
Mich von den Schüler*innen, meinen betreuenden Lehrkräfte, meinen Lieblingsorten der Stadt, den tollen Restaurants und den gefundenen Freund:innen zu verabschieden war schwerer, als ich es für möglich gehalten habe. Doch ich werte das als Zeichen für eine unglaublich tolle Praktikumserfahrung.
© Viktoria Mehling