Woche 2
Deutsch-Chinesischer Austausch
Meine ersten Stunden in der Schule
Montag, kurz nach 9: Als ich durch das Tor des Campus ging, schallte mir ein freundliches und zugleich militärisch wirkendes „Good morning teacher“ entgegen. Ich lächelte freundlich, ging weiter und suchte den Raum, in dem ich meine erste Unterrichtsstunde haben würde. Ich wollte auf gar keinen Fall zu spät kommen. Auf dem Weg dorthin traf ich glücklicherweise auf meine Betreuerin Wenjing. Bevor sie mich zum Raum begleitete, erklärte sie mir, dass sich alle Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler nach der nächsten Unterrichtsstunde, in der ersten großen Pause auf dem Sportplatz versammeln, um – wie jeden zweiten Montag –die Fahne zu hissen. Darüber hinaus sollten im gleichen Zuge die deutschen Austauschpartner begrüßt werden. Ich freute mich auf das für mich neue, besondere Ereignis. Als ich mich an den Sportplatzrand stellte, bat Wenjing mich, mich in die Lehrerreihe einzuordnen. Erst da merkte ich, dass sowohl Schüler- als auch Lehrerschaft geordnet in ihnen zugeordneten Reihen standen. Es schallten verschiedene chinesische Töne durch das Megafon, die Nationalhymne wurde gesungen und verschiedene Texte wurden vorgetragen, zur Feier des Tages auch auf Deutsch. Es war genauso feierlich, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Mein Alltag
Diese Woche sollte ich lediglich in den verschiedenen Deutschkursen, die ich später unterrichten würde, hospitieren. Mein Stundenplan für meinen Aufenthalt in China sieht wie folgt aus: Ich unterrichte insgesamt 9 Stunden Deutsch pro Woche, an drei verschiedenen Tagen. Ich habe also ein sehr langes Wochenende, natürlich ganz zu meiner Freude. Daran könnte ich mich auch zukünftig gewöhnen… Eine Unterrichtsstunde in China dauert 40 Minuten. Die erste Stunde beginnt um 7:20 Uhr, die letzte endet um 18:10 Uhr, manchmal sogar noch später. Die Schülerinnen und Schüler bleiben oft bis 21 Uhr, für Zusatztrainings oder um Hausaufgaben zu erledigen. Für mich ist dies irgendwie unvorstellbar und sehr weit von dem entfernt, was ich aus Deutschland kenne. Ich verspüre so etwas wie Mitleid für die SchülerInnen, doch diese sind es gar nicht anders gewohnt.
Die Deutschkurse, die ich betreuen werde, reichen von einer Schüleranzahl zwischen 2 und 50, das Niveau von A1-B2. Ich merke schnell, dass einige SchülerInnen hochmotiviert sind, die deutsche Sprache zu erlernen. Andere wiederum beschäftigen sich lieber anderweitig. Die Lehrkräfte erklärten mir die mangelnde Motivation damit, dass manche Eltern die zu erlernende Fremdsprache für ihre Kinder aussuchen.
Die Moderne Schule Hamburg nimmt mich mit
Diese Woche war der Schulalltag vom Deutsch-Chinesischen Austausch dominiert. Ich hatte mir den Austausch irgendwie interaktiver vorgestellt, dass zum Beispiel die deutschen Schülerinnen und Schüler am Unterrichtsgeschehen teilnehmen und gemeinsame Aktivitäten unternommen werden, doch es sollte ganz anders ablaufen. Wie sagt man so schön? „Andere Länder, andere Sitten.“ Es wurde ein straffes Sightseeing-Programm für die deutsche Klasse entworfen. Die Schülerinnen und Schüler verbrachten lediglich den Abend und die Nacht mit ihren Gastfamilien. Jeden Tag von 8 - 18 Uhr wurde die Gruppe von einer anderen Deutschlehrkraft zu einer (oder mehreren) der Sehenswürdigkeiten Xi’ans begleitet. Zu meinem Glück durfte ich jeden Tag dabei sein. Zwischendurch hospitierte ich. Auch wenn es zeitweise anstrengend für mich war, so lernte ich die schönsten Ecken der Stadt kennen und erfreute mich jeden Tag ein Stückchen mehr über mein neues Zuhause auf Zeit.
So begleitete ich die Klasse am Dienstag ins muslimische Viertel und zur Großen Moschee. Mittwoch besuchten wir das Geschichtsmuseum der Provinz Shaanxi und die Große Wildganspagode. Am Donnerstag sahen wir uns das Provinzmuseum und die Kleine Wildganspagode an. Und Freitag ging es mit einer geführten Tour zur Terrakottaarmee. Darauf freute ich mich am meisten, doch am Ende hätte ich persönlich mehr von den Terrakotta-Kriegern erwartet. Aber das ist natürlich Geschmackssache. Alles in allem freute ich mich sehr über den Austausch. Es war mir eine Freude zu beobachten, wie Lehrende verschiedener Kulturen aufeinandertreffen und damit umgehen. Jeder und jede von ihnen verarbeitete die Erlebnisse ganz anders. Aber (random fact): Die Schülerinnen und Schüler aus Deutschland haben keine Gelegenheit ausgelassen, an westliches Essen zu kommen.