Blog #2
Sprung ins kalte Wasser

Wie der metaphorische „Sprung ins kalte Wasser“ fühlten sich die ersten zwei Wochen meines Praktikums in Sebeș an. Da meine letzte Praxiserfahrung an einer Schule schon ein paar Jährchen zurücklag, war es für mich umso aufregender, wieder voll ins Schulleben einzutauchen. So war einer meiner Wünsche vor Beginn des Praktikums, nicht nur zu hospitieren und selbst unterrichten zu dürfen. Allerdings scheint es, als habe es meine Wunschfee mit mir wirklich SEHR gut gemeint, denn mein Wunsch wurde erhört – allerdings etwas früher und intensiver als erwartet. Da ich in den ersten zehn Tagen als Vertretung für eine Deutschlehrerin eingesetzt wurde, hatte ich gleich zu Beginn alle Hände voll zu tun!

Wenn das geplante Klassenzimmer belegt ist, findet der Deutschunterricht auch mal im Biologie-Raum statt.
Wenn das geplante Klassenzimmer belegt ist, findet der Deutschunterricht auch mal im Biologie-Raum statt. | © Eliane Leberer
Was, wenn wir uns nicht verständigen können?
Das war zunächst meine größte Sorge, da ich anfänglich das Sprachniveau der Lernenden nicht kannte und nur schwer einschätzen konnte, welche Art von Unterricht für die Niveaustufen A1 bis B2 angebracht ist. So trat ich jede Stunde vor eine neue, mir unbekannte Klasse und hoffte, die nächste Stunde möge zumindest ein paar Schüler*innen bringen, die Deutsch verstehen. Eine Sache, die ich dabei gelernt habe: eine ordentliche Portion Flexibilität schadet in der Unterrichtsvorbereitung nie! Zum Glück sprechen die meisten Lernenden gut Englisch, sodass ich die Aufgaben häufig erst auf Deutsch erklärte und danach auf Englisch wiederholte. Wenngleich die anfängliche Situation ihre Tücken barg, hatte sie den Vorteil, dass ich direkt mitten im Schulalltag stand und von den Schüler*innen von Beginn an als „vollwertige“ Lehrperson wahrgenommen wurde – zu meiner großen Erleichterung!
  • Tierische Unterstützung bei der Unterrichtsvorbereitung auf der Terrasse © Eliane Leberer

    Tierische Unterstützung bei der Unterrichtsvorbereitung auf der Terrasse

  • Bella lebt auch auf dem Hinterhof – wir haben uns schon angefreundet! © Eliane Leberer

    Bella lebt auch auf dem Hinterhof – wir haben uns schon angefreundet!

Deutscher Schlager und Pflaumenschnaps
Schon am ersten Wochenende bot sich mir die Gelegenheit, einen kleinen Einblick in die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen zu bekommen: Das 31. Sachsentreffen in Cristian (Großau), veranstaltet vom Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen. Da ich im Hinterhof des Pfarrhauses wohne, ist gleich nebenan das Jugendforum. Dort finden Treffen von Jugendgruppen, der Siebenbürger-Sächsischen Tanzgruppe oder auch Partys statt. Gemeinsam mit besagter Tanzgruppe reiste ich an meinem ersten Wochenende nach Großau. Das Treffen fand auf dem Gelände der evangelischen Kirche statt, das von hohen Mauern umrahmt wie eine kleine Parallelwelt wirkte. Denn sobald ich auf dem Innenhof stand, musste ich zweimal hinhören: Fast alle Gäste sprachen Deutsch miteinander. Auch ein Vortrag und eine Buchvorstellung erfolgten auf Deutsch. Im Kirchhof gab es Informationsstände und auch für die Verpflegung war gesorgt. Mein persönliches Highlight war der Auftritt der Band „Trio Saxones“, die in der Scheune ordentlich Stimmung machte! Auch wenn ich persönlich in Deutschland keine Schlagermusik höre, machte es Spaß zu sehen, mit welcher Leidenschaft musiziert und getanzt wurde. So endete der Abend für mich mit dem Versuch, die Standardtanz-Kenntnisse aus dem Tanzkurs in der 10. Klasse wiederzubeleben (eher weniger erfolgreich) und der Verkostung von „Țuică de prune (selbstgebranntem Pflaumenschnaps).
 
  • Die Evangelische Kirche in Großau © Eliane Leberer

    Die Evangelische Kirche in Großau

  • Schön geschmückt: Die Festscheune auf dem Kirchhof © Eliane Leberer

    Schön geschmückt: Die Festscheune auf dem Kirchhof

Ich habe mich verliebt…
Bevor jetzt Zuhause alle vor Schreck nach Luft schnappen: Die neu entflammte Liebe gilt Cluj-Napoca, die zweitgrößte Stadt Rumäniens. Cluj (oder deutsch „Klausenburg“) liegt nördlich von Sebeș, mit dem Bus zweieinhalb Stunden entfernt. Mit traumhaftem Wetter im Gepäck erkundete ich an meinem zweiten Wochenende die Altstadt und futterte mich einmal quer durch das kulinarische Angebot. Die schönen, bunten Häuser und die vielen kleinen Cafés und Restaurants ließen mein Kaffeeliebhaberinnen-Herz höherschlagen! Auch wenn es viele nette Ecken in Cluj gibt, sind meine persönlichen Favoriten diese drei:
 
  • Das historische Zentrum bei Tag © Eliane Leberer

    Das historische Zentrum bei Tag

  • …und bei Nacht © Eliane Leberer

    …und bei Nacht

  • Der Botanische Garten © Eliane Leberer

    Der Botanische Garten

  • Aussicht Parcul Cetățuie © Eliane Leberer

    Aussicht Parcul Cetățuie

  1. Wenn man abends durch das historische Zentrum schlendert, wird man Zeug*in des Trubels der Altstadt. Hier sitzen die Leute in Restaurants und Bars, durch die Gassen tönen Gesprächsfetzen, Gelächter und Musik.
  2. Ein wunderschöner Rückzugsort ist der Botanische Garten. Dort gibt es ein großes Gewächshaus, einen Teich, zahllose Pflanzen- und Blumenarten und einen Wald. Im „Römischen Garten“ konnte ich sogar die archäologischen Überreste aus der antiken römischen Siedlung Napoca bestaunen. Für mich war der Besuch dort ein entspannter Ausgleich nach dem Vormittag in der Innenstadt.
  3. Wer traumhafte Sonnenuntergänge liebt, wird im Parcul Cetățuie nicht enttäuscht! Der Aufstieg auf den Hügel lohnt sich, denn es bietet sich ein phänomenaler Panoramablick über die ganze Stadt. Das war für mich einer der schönsten Momente in Cluj.

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