Blog #2
Aller Anfang ist schwer?! – Die ersten zwei Praktikumswochen
Nach einer spannenden Reisewoche durch die Großstädte Dänemarks bin ich voller Vorfreude auf alles, was auf mich zukommt, in Nordjütland für mein Praktikum angekommen. Die zahlreichen neuen Eindrücke, die man innerhalb kürzester Zeit am neuen Wohnort für Zeit sammelt, lassen sich kaum in einem Blogeintrag zusammenfassen – doch lasst mich euch einen kleinen Einblick geben.
Schulstart
Leider war meine betreuende Lehrkraft in der ersten Woche auf einer Fortbildung, sodass ich nicht direkt in ihren Unterricht schnuppern konnte. Doch wurde ich von den anderen Lehrkräften herzlich empfangen, etwas in den Unterricht mitgenommen und durch die Schule geführt. Nichtsdestotrotz war es am Anfang kein Zuckerschlecken, mich ganz ohne meine ‚erste‘ Kontaktperson und Dänischkenntnisse im Kollegium einzuleben. Neben der Schule habe ich in der ersten Woche auch das deutsche Haus kennenlernen und mich mit allem dort vertraut machen dürfen.
Zu einer Auslandserfahrung gehören auch in der Schule etwas Mut dazu und das proaktive Zugehen auf das Kollegium. Die allermeisten Menschen sprechen hervorragend Englisch, sodass es im Endeffekt kein Problem war, miteinander zu kommunizieren. Ganz viele Dän*innen haben auch ein wenig Deutsch in der Schule gelernt und verstehen die Sprache noch ein bisschen. Deswegen haben sich – meines Empfindens nach – viele entweder etwas gezwungen gefühlt oder aber waren sehr motiviert, mit mir Deutsch zu sprechen. Doch da ich Gast bin, niemanden in Verlegenheit bringen und die Kommunikationshürden klein halten möchte, versuche ich immer Englisch anzubieten und mir meinerseits Mühe zu geben, zumindest ein paar dänische Wörter einzubauen. Das funktioniert meistens ganz gut, sodass sich alle im Gespräch wohl fühlen können :)
Die Kommunikation mit den Schüler*innen ist im Moment noch nicht ganz so einfach. Zwar sprechen auch hier die meisten ganz gutes Englisch, jedoch sind sie ziemlich zurückhaltend und trauen sich noch nicht wirklich, mir viele Fragen zu stellen oder Ähnliches. Jedoch habe ich jetzt auch noch nicht selbstständig unterrichtet, da meine betreuende Lehrkraft einige Tage nicht in der Schule sein konnte und ihre Unterrichtseinheiten zunächst abschließen möchte.
Umso mehr Zeit für mich, die Namen, die Bräuche und Regeln kennenzulernen und mich besser zurechtzufinden. Ich bin optimistisch, dass die Jugendlichen sich öffnen werden, wenn sie mich besser und länger kennen und ich auch eigenverantwortlich bald vor der Klasse stehen kann.
Der beginnende Schulalltag
Am Anfang der zweiten Woche habe ich meinen Stundenplan erstellt.
Alle Mitarbeiter haben in der Schule einen eigenen Arbeitsplatz im Vorbereitungsraum, wo alle Materialien abgestellt werden können, häufig gemeinsam Unterricht geplant oder sich über verschiedene Dinge ausgetauscht wird. Auch ich habe meinen eigenen Schreibtisch im Vorbereitungsraum bekommen. Dadurch ist im Pausenraum, der hier inklusiv als Personalraum bezeichnet wird, wirklich Zeit zum Ausruhen, Kaffeetrinken, ganz regelmäßig Kanelsnegl (Zimtschnecken) oder Kuchen schlemmen und Austauschen über andere Dinge als nur den Unterricht! Der Pausenraum ist echt ein schöner, meist hyggeliger Ruhepol im Schulalltag, der durch die langen Pausen (30 und 35 Minuten) auch wirklich zum Energietanken genutzt wird. Freitags bringt eine Person aus dem Leberpasteten-und-Nutella-Klub auch immer etwas zu essen für das Kollegium mit oder es wird im Wettklub um die verschiedensten Dinge gemeinsam gewettet. Das Wort hyggelig ist hier übrigens in Allermunde, kann mit allem möglichen kombiniert werden und bedeutet viel mehr als ‚nur‘ Gemütlichkeit – hygge spielt im Leben vieler Menschen hier definitiv eine sehr große Rolle.
Wie am Stundenplan zu sehen ist, verbringe ich zwei Tage in der Woche im deutschen Haus. Unter anderem hat meine betreuende Lehrkraft die Einrichtung gegründet, um für die Kinder und Jugendlichen aus der Umgebung, den Deutschunterricht amüsanter zu gestalten. Bei dem Konzept geht es darum, dass eine Klasse einen vierstündigen Workshop im deutschen Haus buchen kann, dort grüppchenweise Stationen zu einem bestimmten Thema bearbeitet und gemeinsam spielerisch gelernt wird. Die Räume des deutschen Hauses sind mit zahlreichen Produkten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgestattet. Ich unterstütze die Lehrkräfte im deutschen Haus und versuche auch immer wieder eigene Ideen miteinzubringen. Das spielerische Lernen wird in Sindal generell großgeschrieben, um das Lernen möglichst angenehm zu gestalten.
Ein paar Impressionen: In der Schule wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass eine angenehme Atmosphäre herrscht und sich alle wohl fühlen. Folgende Aspekte tragen beispielsweise dazu bei:
- Es herrscht das DU. Lehrkräfte werden immer geduzt
- Jugendliche dürfen fast immer entscheiden, ob sie gemeinsam oder allein arbeiten möchten
- Beim Handyspielen wird gerne mal ein Auge zugedrückt
- Essen und Trinken ist meistens erlaubt
- Jugendliche können immer bei Sorgen oder Problemen auf ein offenes Ohr der Lehrkräfte zählen
- Ein Jugendaufenthaltszentrum für Schüler*innen, die Probleme haben oder Schwierigkeiten sich zu integrieren
- Keine Noten bis zur 8. Klasse
- In ‚Stillarbeitsphasen‘ dürfen die Jugendlichen meistens Musik hören
- Möglichst wenig hierarchische Strukturen
- Viel Vertrauen ineinander
- Ganz viel Kuchen
- Weitere Dinge, die ich jetzt wahrscheinlich nicht auf dem Schirm habe :)