Blog #4
Meine Beobachtungen des alltäglichen Lebens

Diesen Eintrag möchte ich meinen Beobachtungen des alltäglichen Lebens in Suzhou und den von mir besuchten Städten Chinas widmen. Vor meiner Reise habe ich viele Blogeinträge anderer Praktikant*innen gelesen, die ihre Erfahrungen und Beobachtungen während ihrer Zeit in China aufgeschrieben haben, und einiges sehr befremdlich gefunden. Schlitze in den Hosen von Kleinkindern? Übelriechender Tofu und Duriankuchen? Geräuschvolles Hochziehen und auf die Straße spucken?
 
Schneller als ich es für möglich gehalten hatte, habe ich viele der beschriebenen Situationen selbst erlebt. Vor allem das für mich Gänsehaut verursachende Hochziehen und Spucken werde ich nicht vermissen. Und wie ich auf einigen Plakaten in Hangzhou und Suzhou gesehen habe, bin ich mit meinem abstoßenden Gefühl nicht alleine, da sogar die Verwaltung das Spucken untersagt.

  • Schild in Hangzhou © Jennifer Nomrowski

    Schild in Hangzhou

  • Schild in Suzhou © Jennifer Nomrowski

    Schild in Suzhou

Auf der Seite der unangenehmeren Erfahrung steht für mich das „heimliche“ Fotografieren, wobei das offensichtliche auch nicht besser ist. Vor allem auf der Straße im Vorbeigehen oder in der Bahn wurde das Smartphone auf mich gerichtet und ein Foto geschossen oder ich wurde via Liveübertragung der oder dem Anrufer*in gezeigt. Diese neue Erfahrung, sich äußerlich von der Mehrheit abzugrenzen und deswegen Aufmerksamkeit zu generieren, hat sich befremdlich angefühlt. In vielen Situationen konnte ich mit einem Lächeln die Situation erträglich machen, in manchen habe ich mich aber unwohl gefühlt. Komischerweise war es für mich nicht schlimm, fotografiert zu werden, wenn ich vorab gefragt wurde.

Generell besitzen das Fotografieren und Filmen einen hohen Stellenwert, um Eindrücke, Erlebnisse und Entdeckungen festzuhalten – nicht nur in China. Aber vor allem an meiner Schule wurde jeder Auftritt und jeder Besuch medial begleitet, um auf der Homepage über die Erlebnisse zu berichten.

Ein Lifehack in China ist, immer Toilettenpapier oder Taschentücher dabei zu haben, da es zwar viele öffentlichen Toiletten, aber wenig Papier gibt. Vorab: wenn von Toiletten die Rede ist, dann meine ich in diesem Kontext die „squatting“ oder unisex Toiletten und nicht die „westlichen“.  Auch die Ausstattung der Toiletten unterscheidet sich sehr, aber diese Erfahrung möchte ich niemandem vorwegnehmen.
  • Auswahl an Toiletten © Jennifer Nomrowski

    Auswahl an Toiletten

  • Auswahl an Toiletten © Jennifer Nomrowski

    Auswahl an Toiletten

  • Auswahl an Toiletten © Jennifer Nomrowski

    Auswahl an Toiletten

Der öffentliche Nahverkehr ist in meiner Provinz Jiangsu günstig. Die meisten Fahrten mit der Tram oder U-Bahn sowie dem Bus kosten 2-4 Yuan (klimatisierte Busse kosten 1 Yuan mehr). In den U-Bahnstationen und den Bahnhöfen gibt es immer einen Sicherheitscheck der Rucksäcke und Taschen. Ab und zu wird man aufgefordert, einen Schluck aus seiner Flasche zu trinken, um zu zeigen, dass deren Inhalt ungefährlich ist. An Bahnhöfen müssen zusätzlich das Reiseticket und der Reisepass vorgezeigt werden. Deswegen ist es bei Reisen und Ausflügen ratsam, diesen bei sich zu haben.
  
Diejenigen, die ein chinesisches Bankkonto haben, das mit Alipay oder WeChat Pay verknüpft ist, können ebenfalls Fahrräder ausgeliehen werden. In einigen Städten wie Hangzhou oder Nanjing können auch Karten gekauft werden, um die Fahrräder zum Erkunden der Stadt zu nutzen. Gängiger sind bei vielen Chinesen jedoch das Taxi oder der E-Roller. Letztere sind an sich sehr leise, durch das ständige Hupen oder den Lärm der in zig verschiedenen Geräuschen programmierten Alarmanlage wird man aber stets an sie erinnert. Um sich gegen Sonne, Wind und Kälte zu schützen, haben viele E-Roller Hand- und/oder Oberkörperschoner. Vor allem im Sommer bedecken viele chinesische Frauen ihre Haut, um dem Schönheitsideal von möglichst heller Haut zu entsprechen.
  • E-Roller in Suzhou © Jennifer Nomrowski

    E-Roller in Suzhou

  • E-Roller in Suzhou © Jennifer Nomrowski

    E-Roller in Suzhou

  • Verkehr in Beijing © Jennifer Nomrowski

    Verkehr in Beijing

Mit Armstulpen, Hüten, langen Hosen, Gesichtsmasken und einem UV-undurchlässigen Sonnenschirm gewappnet, können Sehenswürdigkeiten besichtigt oder den alltäglichen Besorgungen nachgegangen werden. Anfangs habe ich im Gegensatz zu meinen Kolleginnen jeden Schatten gemieden, aber da die Sonne hier eine enorme Kraft hat, habe ich oft meinen Regenschirm in einen Sonnenschirm verwandelt.
Hinsichtlich des Wetters kann ich sagen, dass ich oft die Luftqualität in meinem Distrikt überprüft habe und es mir an manchen Tagen körperlich nicht gut ging. Der graue Himmel hat bei mir zu Kopfschmerzen und Müdigkeit geführt. Zum Glück waren diese Tage die Ausnahme, sodass ich nie eine Maske brauchte.

Was ich schön fand, was die Geselligkeit beim gemeinsamen Essen oder bei anderen Aktivitäten. Im Restaurant werden mehrere Speisen bestellt, von denen sich jede*r bedienen kann (wenn der Umgang mit Stäbchen erlernt wurde). Beliebte Abendaktivitäten sind neben dem KTV, einem Karaokeladen mit einzelnen Räumen, der mittägliche und abendliche Besuch öffentlicher Plätze, um gemeinsam eine Choreografie nachzutanzen, seine Wasserkalligrafiekünste zu zeigen, Mahjong zu spielen oder ebenfalls zu singen. Vor allem in der Mittagshitze sieht man viele Männer mit hochgezogenem Shirt, sodass ihre blanken Bäuche gut sichtbar sind. Obligatorischer Begleiter aller ist die mit Teeblättern gefüllte Flasche.
Apropos Tee: Die Auswahl an Teesorten ist sehr groß und man kann viel probieren. An manchen Schulen wird sogar ein Teekurs angeboten. Optional kann man in ein Teehaus gehen, bei dem traditionell Tee aufgegossen wird oder sich selbst durch die Vielfalt trinken.
  • Wasserkalligraphie in Suzhou © Jennifer Nomrowski

    Wasserkalligraphie in Suzhou

  • Tanzgruppe in Beijing © Jennifer Nomrowski

    Tanzgruppe in Beijing

  • Besuch im Teehaus in Suzhou © Jennifer Nomrowski

    Besuch im Teehaus in Suzhou

  • Tanzgruppe in Tunxi © Jennifer Nomrowski

    Tanzgruppe in Tunxi

Diese Beobachtungen sind nur ein Bruchteil aus dem facettenreichen Alltag und Leben, in das ich für einige Zeit eingetaucht bin. Dennoch lassen sich im Austausch mit anderen Praktikant*innen und chinesischen wie internationalen Lehrer*innen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Städten, Regionen und den Menschen feststellen.

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