06.09.2019
Teacher's Day

Gestern stand wieder ein Ereignis an, über das auf jeden Fall berichtet werden kann. Da im Alltag so viele für mich nicht alltägliche Dinge passieren, muss man schon fast selektieren, was man einfach so hinnimmt, verinnerlicht und mit Sicherheit als Erinnerung mit nach Hause nimmt, und was als wirkliches „Ereignis“ in einem Blogeintrag verschriftlicht werden soll, da ich ansonsten jeden Tag mehrere Seiten füllen könnte mit allen möglichen (oder unmöglichen) Begebenheiten.

Insbesondere für Lehrer*innen aber war gestern ein ganz besonderer Tag, der „Teacher’s Day“ (5th of September). Kurz zur Geschichte: Dieser Tag wird seit mehreren Jahrzehnten jedes Jahr als Feiertag gefeiert, wobei Feiertag meint, dass die SchülerInnen zwar trotzdem morgens zur Schule kommen, aber kein wirklicher Unterricht stattfindet und die Schule gegen Mittag schließt. Der Tag geht zurück auf Dr. Sarvapalli Radhakrishna, der von 1962 bis 1967 Präsident der indischen Republik war und sich unter anderem an christlichen Missionsschulen stark für die schulische Bildung junger Leute engagierte. Vor seinem Tod legte er fest, dass er es begrüßen würde, wenn sein Geburtstag am 5. September weiterhin gefeiert würde, und zwar im Zeichen der Lehrerinnen und Lehrer in Indien, woraus folglich der „Teacher’s Day“ entstand, der bis heute gefeiert wird.

Im Zuge dessen ist es üblich, dass die Schüler*innen an diesem Tag besonders ihrer Lehrkräfte gedenken und ihnen selbstgebastelte Geschenke, Bilder oder Karten, Süßigkeiten oder kleine Andenken als Zeichen der Wertschätzung überbringen. So würde es gestern passieren, dass den ganzen Vormittag über immer mal wieder kleinere Gruppen von Schülern höflich zum Lehrerzimmer kamen, um kleine Geschenke (vorzugsweise persönlich) zu ihren Lehrern zu bringen, und sich mindestens genauso freuten, wenn diese Gefallen fanden und freudig in Empfang genommen wurden.

Geschenke am Teacher's Day
Geschenke am Teacher's Day | © Julia Schmude
Der Dresscode war an diesem Tag etwas schicker als normal, die meisten Lehrerinnen trugen die traditionellen Saris oder hübsche Versionen des Alltagsgewands Salwar Kameez, wie auf den Fotos zu sehen.
Meine Kolleginnen und ich am Teacher's Day
Meine Kolleginnen und ich am Teacher's Day | © Julia Schmude

Geschenk von der Schulleitung
Geschenk von der Schulleitung | © Julia Schmude
Auch von der Schulleitung wurden die Lehrkräfte mit je einer kleinen Pflanze und einer handgeschriebenen persönlichen Notiz bedacht, wovon die französische Aushilfslehrerin und ich auch jeweils stolz eine in Empfang nehmen durften. Ebenso wurde die Schulleitung von einer Vielzahl von Schüler*innen bedacht, sodass der Schreibtisch in ihrem Büro bei einer Anzahl von über 2000 Schülern einem übermäßig reich gedeckten weihnachtlichen Gabentisch glich.

Nachdem die Schule für die Schüler*innen mittags um 12.30 endete und sie mit den Schulbussen nach Hause gefahren wurde, hieß es für uns wieder warten (wie oft hier. Meistens wartet man auf irgendetwas. Manchmal weiß man, worauf man wartet, manchmal auch nicht). Da meine letzte Information war, dass die Lehrkräfte nach Schulschluss von 13.00-16.00 Uhr alle zu einem nahegelegenen Hotel zum Lunch fahren würden, war es für mich natürlich, um 13.45 Uhr (immer noch im Lehrerzimmer) einmal vorsichtig nachzufragen, wann dieser Lunch denn nun stattfinden würde. Als Antwort darauf hieß es, dass alle auf eine SMS warten würden (vermutlich von der Schulleitung), was das Zeichen für den Aufbruch sein würde. Vorher nicht. Um 14.15 war es dann so weit und alle Lehrer*innen (um die 200) wurden auf die restlichen Busse verteilt, um zum Lunch zu fahren. Das Essen stellte sich als sehr lecker heraus, für die große Anzahl an Leuten erstaunlich reibungslos organisiert und man kam hier und da auch ins Gespräch mit einigen anderen Lehrkräften, die man aufgrund der schieren Größe der Schule vorher nie gesehen hatte.
Warten im Lehrerzimmer
Warten im Lehrerzimmer | © Julia Schmude
Dabei habe ich erfahren, dass insbesondere in der Primary Stufe die meisten Lehrkräfte arbeiten, da das Konzept hier ist, dass die Lehrer*innen zu jeder Zeit zu zweit in der Klasse bleiben, um die Kinder angemessen zu beaufsichtigen, was bei den ganz Kleinen ja manchmal zur Aufgabe werden kann.
Alles in allem war es ein sehr schöner Tag, an dem einem vor Augen geführt wurde, wie wertvoll die Aufgabe, die man jeden Tag tut, für die Kinder ist, und dass sie trotz aller Beschwerden, die man manchmal haben mag, auch von den Schüler*innen in hohem Maße wertgeschätzt wird. Für diese Erfahrung bin ich sehr dankbar.
Gemeinsames Essen am Teacher's Day
Gemeinsames Essen am Teacher's Day | © Julia Schmude

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