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Erste Eindrücke von Kairo
Mich beeindruckt immer wieder die Hilfsbereitschaft der Kairoer. Heute wollte ich mit einem Uber, einem Taxi, welches man über eine spezielle App buchen kann, in meine Wohnung zurück. Ich war sowohl zu faul zum Gehen als auch unkreativ und deshalb fand ich in der Nähe des Tahrir-Platz keinen Ort, an dem ich gerne in einen Uber eingestiegen wäre, weil einfach alles voller Autos war und ich eben keinen markanten und ruhigen Punkt gefunden habe. (Ruhige Plätze im Verkehr in Kairo…..das ist eben so eine Sache, die es eher nicht gibt.) Nachdem ich dann auch noch einmal im Kreis gelaufen bin und wieder am Tahrir-Platz stand, habe ich den Wagen dann doch einfach an meinen Standort direkt am dreispurigen Kreisverkehr bestellt.
Der Fahrer rief mich an und ich habe kein Wort verstanden, weil es durch den Verkehr so laut war. Ich habe mich immer suchend umgeschaut und konnte ihn nicht finden. Keinen Wagen, der nach meinem Uber aussah. Dann hörte ich aber im Hörer dieselben Hupgeräusche wie in meinem nicht vom Telefon belegten Ohr und da wusste ich, der Fahrer musste in der Nähe sein. Wir telefonierten zwar immer wieder in gebrochenen Sätzen, aber ich verstand durch den Lärm einfach nichts. Dann hörte ich wieder dieselben Hupgeräusche im Telefon neben mir UND ich sah einen Fahrer, der Leute ansprach, während er telefonierte. Das MUSSTE wohl mein Fahrer sein! Ich wollte auf den Wagen zugehen, aber der dreispurige Verkehr war gerade im Fluss und ich konnte nicht zu ihm.
Und nun zur besagten Hilfsbereitschaft der Menschen in Kairo: Ich konnte beobachten, wie ein Passant den Hörer des Fahrers nahm und mit mir zu telefonieren begann. Ich sagte zu dem Mann: „I can see you!“ Und nahm die Hand hoch und winkte dem Mann zu. Der winkte zurück, ich konnte endlich über die Straße flitzen und mich dann bei dem Mann für die Hilfe bedanken. Der öffnete mir die Tür, lies mich einsteigen und wir wünschten uns gegenseitig einen schönen Tag.
Der Uberfahrer war nicht mehr der Jüngste, aber er trug eine stylische Lederjacke und eine Sonnenbrille. Er fragte nach, ob ich Arabisch sprechen würde, ich musste ja leider verneinen, habe aber ihm versprochen es zu lernen und dann hat er das Radio aufgedreht. Vermutlich wollte er wirklich gerne reden, aber da ich ja kein Arabisch kann, mussten wir uns mit Radiomusik zufriedengeben.
Auf der einen Seite war es ja irgendwie Absicht, dass ich kein Arabisch kann. Ich wollte es erleben, wie es ist, kein Wort der Sprache zu können, die im Land gesprochen wird. Auf der anderen Seite hatte ich es einfach leider nicht mehr geschafft, einen Arabischkurs zu belegen. Nach vier Tagen in einem Land, dessen Sprache ich nicht beherrsche, kann ich sagen: Es ist anstrengend und durchaus manchmal beschämend für mich. Ich kann niemanden „Hallo“ sagen, „Guten Tag“ oder „Vielen Dank“. Mittlerweile habe ich mir endlich die Worte „marheba“, “Yawmunsaid“ und „šukran“ notiert - in meinem Heft und meinem Gehirn. Aber für dieses komische Gefühl, wirklich kein Wort zu können, haben sich die vier Tage einerseits gelohnt und waren auch andererseits reichlich genug. Zwar schien es so als hätten sich alle Leute über mein „Moin“, „Dankeschön“ und „tschüss“ trotzdem gefreut, aber irgendwann ist ja auch mal Schluss.
Um noch einmal zurück zur Hilfsbereitschaft der Kairoer zu kommen. Ein anderer Uber Fahrer fragte mitten auf der Autobahn die Insassen eines anderes Autos nach dem Weg. Es staute sich zwar auf und wir fuhren daher nicht so schnell, aber der Beifahrer des anderen Wagens hatte gerade ein Telefonat mit seinem Handy. Nichtsdestotrotz kurbelte er das Fenster runter und lehnte sich aus dem Wagen und beantwortete die Frage des Fahrers. Jedenfalls gehe ich auch davon aus, dass er nach dem Weg fragte. Verstanden habe ich nichts, aber es war immer dieselbe Frage und als Antwort gab es immer richtungsweisende Handgesten der angesprochenen Personen. Letztlich sind wir sogar am Ziel angekommen, auch dank Google Maps.
Der Grund für meine heutige Reise mit dem Uber – und in Kairo macht man meiner Meinung nach Reisen, keine Ausflüge oder Fahrten in die Stadt, denn die Metropole Kairo ist so unglaublich groß – war das Ägyptische Museum in Kairo. Von eben diesem wohne ich rund 32 Kilometer weit weg. Wäre freie Fahrt, ist man in rund 45 Minuten vor Ort. Wenn ich nun großzügig bin, kann ich behaupten, ich wäre bei dieser Strecke, von El-Banafseg (meinem Wohnort) zum Museum, durch halb Kairo gefahren. HALB KAIRO. Es gibt also auf der anderen Seite des Nils noch mehr Kairo zu durchfahren, wenn man möchte.
Der Besuch im Ägyptischen Museum in Kairo lag mir besonders am Herzen, es war ein Kindheitstraum. Die Erfüllung des Traumes startete mit Sicherheitskontrollen beim Betreten der Einfahrt zum Museum, Busse wurden von außen durch Schäferhunde beschnüffelt und ich musste durch die erste Sicherheitstür gehen – ein Lichtsignal erschien und ich musste den Rucksack öffnen. Dann gab es beim Eingang am Museum einen weiteren Metalldetektor, durch den ich gehen musste und ein Infrarotband, auf dem mein Gepäck durchleuchtet wurde. Beim Zahlen des Eintrittspreises verzichtete ich auf die Fotokarte für das Museum. Das fand ich zu teuer, aber es gab ein erneutes Band zum Durchleuchten des Gepäcks und dort wurde mein Fotoapparat entdeckt. Ich dachte, wenn ich den Apparat immer im Rucksack ließe, brächte ich den Fotoeintritt nicht zahlen, aber Pustekuchen. Ich musste wieder raus und entweder den Rucksack abgeben (Wo? Ich frage mich noch immer wo? Ich hatte die Schließfächer nicht gefunden) oder ich sollte mir doch noch ein Fototicket kaufen. Letzteres habe ich dann doch gemacht und dann fotografiert was das Zeug hält.
Die meisten Ausstellungen, die man ansehen kann, haben gefühlt nur zu 1,5 % Skulpturen oder Plastiken zu bieten. Aber natürlich ist das bei einer Ausstellung von ägyptischen Werken anders. Es gibt im Ägyptischen Museum Kairo eigentlich nur Skulpturen, in jeder Form und Größe, Sarkophage, Reliefs (gefasste und ungefasste, also bemalte und unbemalte) und Schriften auf Papyrus und Steinen. Natürlich gibt es zudem noch Bekleidung, vor allem Sandalen, Reste von Bekleidungen und Pferdezaumzeug sowie Mumien. Warum nicht gleich ein ganzes Krokodil und ein Babykrokodil mumifizieren oder winzig kleine Skarabäen anfertigen, die so klein sind, dass sie auf meinem kleinsten Fingernagel ausreichend Platz hätten, eine Familie zu gründen.
Der späte Vormittag ist wirklich eine gute Zeit gewesen, um das Museum zu besuchen. Denn gegen Mittag starteten ungefähr eintausend Führungen gleichzeitig und im Saal der Ausstellung von Tutenchamun wurde es dann wirklich sehr eng. Glücklicherweise hatte ich davor bereits all die schönen Ausstellungsstücke des Museums in Ruhe ansehen können und ich konnte mich nun vom Besucherstrom mitreißen und mich somit gen Ausgang treiben lassen.
Morgen startet der erste, offizielle Tag an der Schule. Für die SchülerInnen sind die Ferien zu Ende und ich habe meinen ersten Tag in Kairo an der EBIS, der ‚Egypt British International School‘. Ein paar Schülerinnen und Schüler hatte ich bereits bei einer Chorprobe am Freitag kennengelernt und ich bin gespannt auf den morgigen Tag.