Blog #3
Ereignisreiche Tage an der SSFLS
In der zweiten Woche an der SSFLS hatte ich die Möglichkeit, mich in das Schulleben einzubringen und den chinesischen Feiertag des Mondfestes kennenzulernen.
Teambuilding im Freizeitpark
Zwar war die Intention eigentlich eher darauf ausgerichtet, einen lustigen Tag im Freizeitpark zu verbringen, doch war der Besuch auch für die Stärkung unseres Deutsch-Teams sehr förderlich. Mit dem Auto fuhren wir zur Huayi Brothers Movie World, die am anderen Ende Suzhous am Ufer des Yangcheng Sees liegt. Selbiger Freizeitpark diente in der Vergangenheit auch als Kulisse für einige Filme. Die HB World ist sozusagen das chinesische Pendant zum amerikanischen Disney World. Die Parallelen zwischen beiden Parks zeigen sich nicht nur in dem Design der Bushaltestellen, sondern auch in der Gestaltung der Gebäude selbst. Neben diversen Fahrgeschäften inmitten atemberaubender Kulissen, können im Park auch Theateraufführungen besucht werden, bei welchen Kopien historischer Gewänder bewundert werden können.
Bereits am Eingang erwartete mich eine Überraschung, denn meine chinesischen Kolleginnen mussten kein Ticket kaufen, sondern erhielten mit ihrem Lehrerausweis kostenlosen Eintritt. Der Park war für mich auch insofern aufschlussreich, als dass es auch einen Teil gab, der im Stil südchinesischer Architektur gestaltet war.
Studienbrücke
Der neue Arbeitstag an der Schule begann mit einem Vortrag über die Studienbrücke. Eine ehemalige Schülerin, welche nun an eben jenem Programm teilnimmt, berichtete interessierten Schüler*innen der SSFLS von ihren Erfahrungen und Eindrücken. Im Allgemeinen richtet sich das Programm an junge Menschen mit herausragenden Leistungen im Bereich der MINT-Fächer, die gerne in Deutschland studieren möchten. Bisher mussten Schüler*innen mit einem Abschluss aus einem nicht-europäischen Land ein Studienkolleg besuchen oder ein bis zwei Jahre an einer einheimischen Hochschule studieren. Zusammen mit einigen deutschen Hochschulen bietet das Goethe-Institut nun auch die Möglichkeit der Studienbrücke, mit deren Hilfe Schüler*innen des außereuropäischen Raums sich auf die Studien- und Lernkultur Deutschlands vorbereiten und gleichzeitig ihre Sprachkenntnisse erweitern können. Neben der Sprachvermittlung gehören damit auch interkulturelle Trainings zum Gegenstand der Studienbrücke. Die Teilnehmer*innen absolvieren das Programm in ihrem Heimatland und können sich im Anschluss an eine erfolgreiche Teilnahme direkt um einen Studienplatz bei den deutschen Partneruniversitäten bewerben. Selbige unterstützen die Bewerber*innen in der ersten Phase des Studiums durch spezielle Betreuungsprogramme.
Da ich in den ersten Gesprächen bereits feststellen konnte, dass bei den Schüler*innen ein hohes Interesse an einem Studium in Deutschland besteht, fand ich den Vortrag sehr passend. Weiterhin konnte ich merken, dass die Klassen den Ausführungen sehr aufmerksam folgten. Ich war persönlich zudem erstaunt über die Anstrengungen, die einige Jugendliche hier in China und in anderen Ländern auf sich nehmen, um ihren Traum eines Studiums in Deutschland zu verwirklichen. Auch in die Planung meines Deutschunterrichts fügte sich die Aktion sehr gut ein, denn auch ich hatte einige Arbeitsblätter zum Thema Studieren in Deutschland vorbereitet.
Teachers Day in China
Die gesamte Woche stand ganz im Zeichen des Teachers Day, welcher am 10.09.2019 gefeiert wurde. Dieser Tag soll in Erinnerung rufen, wie wichtig Lehrkräfte für das Element der Bildung in der Gesellschaft sind. Gleichzeitig werden die Anstrengungen der Lehrerinnen und Lehrer gewürdigt und es wird ihnen Wertschätzung für ihre wichtige Aufgabe zuteil. Meist wird eben jener Tag an den Schulen durch eine offizielle Feier begangen, bei der sich auch die Schulleitung bei den Lehrkräften bedankt.
An der SSFLS bekamen die Lehrkräfte bereits einen Tag vor dem eigentlichen Teachers Day eine große Box mit frischem Obst als Geschenk der Schule. Geschenkte, die in Verbindung mit der Gesundheit der Lehrkräfte stehen, bzw. zu selbiger beitragen sollen, sind für den Teachers Day im Allgemeinen sehr beliebt. Diese Idee folgt ganz dem Motto: Nur in einem gesunden Körper steckt auch ein gesunder Geist. Doch es geschieht nicht selten, dass auch die Klassen oder einzelne Schüler*innen ihren Lehrkräften kleine Geschenke als Ausdruck des Dankes und der Anerkennung geben. Auch ich bekam während der Woche immer wieder kleine Aufmerksamkeiten und dachte dabei daran, dass derartiges in Deutschland nicht möglich sei.
Zusätzlich zu der Obstkiste bekamen alle Lehrer*innen auch ein Ticket für die offizielle Feier der Schule, welche am nächsten Tag stattfinden sollte. Diese Eintrittskarte diente jedoch gleichzeitig auch als Los für die Tombola, die von der Schulleitung organisiert wurde und bei der es tolle Preise zu gewinnen gab.
Schließlich war es soweit: Der Teachers Day stand vor der Tür und alle Lehrkräfte trugen zu diesem Anlass ihre Uniform. Der Unterricht an diesem Tag verlief nach dem üblichen Plan. Die offizielle Schulfeier fand erst nach der Mittagspause in der großen Halle der Schule statt. Die Schüler*innen hatten während dieses Zeitraums eine freie Arbeitsphase, in welcher sie eigenständig lernen konnten. Die Lehrkräfte hingegen versammelten sich alle in der großen Halle, welche zu diesem Anlass mit zahlreichen Luftballons und Blumen festlich geschmückt worden war. Am Eingang konnten die Eintrittskarten, auf welche der Name und das jeweilige Department geschrieben wurde, abgegeben werden. Durch die Veranstaltung führten zwei Moderatoren, welche die Programmpunkte immer auf Chinesisch und auch auf Englisch einführten. Das Programm war sehr unterhaltsam und bunt gestaltet und wurde von musikalischen Einlagen ergänzt. Eine davon war auch das gemeinsame Singen der chinesischen Nationalhymne.
Natürlich hielt auch der Rektor der Schule eine Rede, in welcher er sich für den Einsatz der Lehrkräfte bedankte und gleichzeitig zeigte, wie wichtig ein Zusammenhalt des Kollegiums ist. Während der Feier wurden aber auch bestimmte Lehrkräfte für ihre besonderen Verdienste um die Lehre an der SSFLS geehrt. Zunächst wurden alle Lehrkräfte geehrt, die sich durch besonderes Engagement auszeichnen. Im Anschluss bekamen auch Lehrkräfte, die an der Schule als Mentoren für neue Lehrer*innen arbeiten eine Urkunde und Blumen. Zuletzt wurden die neuen Lehrkräfte vorgestellt, wobei sie nach der Einführung eine Art Eid auf die chinesische Flagge leisten mussten.
Schließlich kam der Punkt des Schulliedes, welches ich mit den anderen Kolleg*innen in den letzten Tagen immer wieder geprobt hatte. Zunächst bekamen wir alle ein Mikrofon und wurden hinter die Bühne geführt, wobei ich feststellen konnte, dass ich bei Weitem nicht der Einzige war, der sichtlich nervös war. Nach ein paar Minuten wurden wir von den Moderatoren angekündigt und ich hörte, dass die Musik bereits einsetzte. Durch die gute Vorbereitung in den vergangenen Tagen war der Auftritt aber kein Problem und es war ein tolles Gefühl, ein Teil der Veranstaltung sein zu dürfen.
Im Anschluss an die Darbietung des Schulliedes gab es noch die angekündigte Tombola. Es gab sehr viele unterschiedliche Preise und einen Fotodrucker als Hauptpreis. Die Ziehung dauerte etwas, da insgesamt 60 Lehrkräfte etwas gewinnen konnten. Ich war unglaublich überrascht, als ich schließlich auch meinen eigenen Namen hörte und realisierte, dass ich soeben den Hauptpreis gewonnen hatte.
Zum Ende der Veranstaltung hatte ich zudem noch die Möglichkeit mit dem Rektor zu sprechen. Auch er war sehr freundlich und bedankte sich für meinen Einsatz im Deutschprogramm. Nach Ende der Feierlichkeiten lief der Unterricht wieder ganz normal weiter, wobei ich mich zusammen mit meinen Kolleginnen zunächst mit Kaffee und Kuchen stärkte, den die Schule den ganzen Tag über im schuleigenen Café kostenlos zur Verfügung stellte. Alles in allem war der Teachers Day in China für mich eine sehr tolle Erfahrung, die ich in dieser Weise bisher noch nicht kannte.
Das chinesische Mondfest bzw. Mitherbstfest
Ein weiteres persönliches Highlight der Woche war das Mondfest, welches in China eine große Bedeutung hat und zu welchem aus diesem Grund allen ein freier Tag gewährt wird. Das Fest ist auch als Mitherbstfest bekannt und wird jedes Jahr am fünfzehnten Tag des achten Mondmonats gefeiert. Die wichtigsten Elemente des Festes, sind der Mondkuchen, die Familie und natürlich das Wissen um die dramatische Liebesgeschichte, welche von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Die Geschichte, welche sich die Menschen in China zum Mondfest erzählen, ist an Dramatik kaum zu überbieten. Der hell leuchtende Mond ist der Legende nach die verwandelte Chang’e, die in ihrer Verzweiflung das Lebenselixier der Himmelskaiserin trank und daraufhin zum Mond wurde. Ihr Mann Hou Yi, der sie über alles liebte, versuchte den Mond zu erreichen, doch alle Versuche schlugen fehl und Chang’e leuchtet bis heute als Vollmond am Nachthimmel. Es wird erzählt, dass mit genauem Blick der Schatten Chang’es auf der Oberfläche des Mondes zu erkennen sei.
Mondkuchen kann in China das ganze Jahr über gekauft werden, aber eigentlich ist es üblich, am Tag des Mondfestes im Kreis der Familie diese Leckerei zu essen. Das Gebäck wird traditionell nicht zum Eigenverzehr gekauft, sondern man kauft es, um es Freunden, Kollegen oder Familienmitgliedern zu schenken.
Im Gespräch mit meinen Kolleginnen habe ich jedoch sehr schnell gelernt, dass Mondkuchen nicht gleich Mondkuchen ist, sondern dass es große regionale Unterschiede gibt. Meine Mentorin Vivian, die aus dem Süden Chinas kommt, versteht unter dem Gebäck eine Art Blätterteig, der mit einer herzhaften Fleischmasse gefüllt ist. Im Norden Chinas hingegen ist der Mondkuchen ein süßes Gebäck aus einer Art Mürbeteig, welches verschiedene süße Füllungen enthalten kann und außen immer kunstvoll verziert ist. Unter den Chinesen gehen die Meinungen darüber, was ein richtiger Mondkuchen ist und wie er gefüllt sein soll auseinander. Meine Kolleginnen Sophie und Beate, die aus dem Norden Chinas kommen, halten es für unmöglich Mondkuchen mit Fleisch zu füllen und schwören deshalb auf die süße Variante als die einzig wahre. Ein wenig erinnerte mich das an das „Bratwurst-Dilemma“ in Deutschland, denn auch hier sind die Meinungen darüber, was eine gute Bratwurst auszeichnet sehr divers.
Neben den eben beschriebenen klassischen Varianten des Mondkuchens gibt es auch modernere Interpretationen des Gebäcks, die beispielsweise in hippen Straßencafés erworben werden können. Grundsätzlich kann Mondkuchen heute immer und überall gekauft werden, da er sich in China als kleiner Snack größter Beliebtheit erfreut. Allerdings ist und bleibt er das traditionelle Gebäck, das zum Mondfest gegessen wird.
Am letzten Arbeitstag vor dem Fest bekamen alle Lehrkräfte der SSFLS eine Box mit herzhaften Mondkuchen als Geschenk der Schule. Auch von meinen Kolleginnen der Sprachenabteilung bekam ich Mondkuchen mit unterschiedlichen Füllungen und war damit bestens für das Fest gewappnet.
Das Mondfest ist ein Fest für die Familie. Es ist üblich, zu diesem Anlass nach Hause zu fahren und dort die Eltern und Geschwister zu besuchen. Doch wer auf Zug oder Flugzeug angewiesen ist, sollte schon sehr lange im Voraus buchen, denn nahezu alle Chinesinnen und Chinesen begeben sich anlässlich des Festes auf die Reise nach Hause. Dort angekommen wird gefeiert und sobald sich der Mond zeigt, wird selbiger betrachtet und Mondkuchen gegessen.
Ich feierte das Mondfest zusammen mit der anderen Praktikantin am See hinter dem Schulgebäude ganz so, wie es uns beschrieben wurde: Wir aßen Mondkuchen und betrachteten dabei den Mond.