Blog #7
Besuch aus Deutschland
In der vergangenen Woche war die SSFLS Gastgeber der Saxony International School aus Deutschland. Meine Aufgabe war es, den Austausch zu begleiten und als Ansprechperson zur Verfügung zu stehen. Darüber hinaus zeigte ich der Gruppe aus Deutschland den ein oder anderen sehenswerten Ort in Suzhou.
Direkt nach der Anreise startete der erste Arbeitstag mit einem Kennenlernen zwischen den deutschen und den chinesischen Schüler*innen. Die Schüler*innen waren in feste Tandems eingeteilt und sollten in diesen Konstellationen die nächsten zwei Wochen einen Eindruck von der Schule in China bekommen. Direkt nach einer kleinen Vorstellungsrunde, bei der alle zunächst allgemeine Informationen austauschten, war etwas Zeit, dass die Schüler*innen gegenseitig etwas näher ins Gespräch kommen konnten.
Ein erster Eindruck
Im Anschluss an dieses erste Kennenlernen starteten meine Kolleginnen und ich mit einem Rundgang durch die Schule. Die chinesischen Schüler*innen trugen über ihrer normalen Schuluniform zudem Schärpen auf denen „Herzlich Willkommen an der SSFLS“ zu lesen war. Sie erklärten die einzelnen Stationen während des Rundgangs immer auf Deutsch, damit auch die Gäste es verstehen konnten. Die Schüler*innen hatten ihre jeweilige Station im Gebäude gut vorbereitet und waren sehr stolz, den weit angereisten Gästen ihre Schule zeigen zu können. Letztere waren sichtlich beeindruckt von dem hohen sprachlichen Niveau, welches die Schüler*innen der SSFLS haben und zeigten sich sehr interessiert für die Schul- und Unterrichtsgestaltung in China.
Es war schön zu sehen, dass die chinesischen Deutschlerner*innen sichtlich Spaß dabei hatten, den Leuten aus dem Ausland etwas über ihre Schule zu erzählen und gleichzeitig die erlernte Fremdsprache zu nutzen. Gleichzeitig waren die Gäste aus Deutschland sichtlich an den Informationen interessiert und es zeigte sich, dass die gute Ausstattung der SSFLS durchaus beeindruckte. Neben den Zimmern für Kalligrafie, Tonkunst, Stickerei, Seidenmalerei und Musik besuchten wir auch die schuleigene Bibliothek, den Schulshop, das Theater und den an die Schule angeschlossenen Kindergarten.
Crashkurs in Kalligrafie für die Gäste aus Deutschland
Im Anschluss an diesen allgemeinen Überblick gab es für die deutschen Schüler*innen gleich den ersten Unterricht in Kalligrafie. Die Lehrerin führte mit Hilfe einer Präsentation sehr anschaulich in diese jahrhundertealte und traditionelle Kunstform ein und machte die deutschen Schüler*innen mit den Werkzeugen vertraut, die einsatzbereit auf den Arbeitstischen lagen. Meine Kolleginnen halfen natürlich die ein oder andere sprachliche Barriere zu überwinden. Auch die begleitenden Lehrkräfte und ich griffen zu Pinsel und Tinte und versuchten uns in der hohen Kunst der Kalligrafie. Die Gäste aus Deutschland mussten ihr vermeintliches Können gleich unter Beweis stellen, indem sie auf einem Übungsbogen das Schriftzeichen für Glück schreiben sollten. Es war sehr schön zu sehen, dass die chinesischen Schüler*innen den Deutschen dabei hilfreich zur Seite standen und sich erste Gespräche zwischen den Jugendlichen aus den zwei so unterschiedlichen Kulturkreisen ergaben.
Zunächst beschrieben alle nur einfache Papierbögen, um mit den Handwerksinstrumenten sowie den Techniken zumindest etwas vertraut zu werden. Alles erfolgte natürlich unter den stets kontrollierenden Blicken der Lehrerin. Der Rest der Stunde sollte folgend dazu genutzt werden, einen Anhänger für das Neujahrsfest zu gestalten. Dazu bekam jeder der Schüler*innen einen roten Karton, der mit roten Quasten und goldenen Fledermäusen verziert war. Auf diesen sollten die Teilnehmer*innen nun das Zeichen für Glück schreiben. Diese Art der Dekoration findet sich sehr oft in chinesischen Haushalten und ist vor allem zum Neujahrsfest sehr beliebt. Die Fledermaus gilt in China als ein Symbol des Glückes, da das chinesische Wort für Glück sich beinahe genauso anhört wie eben das Wort für Fledermaus. Diese homonymische Beziehung führt dazu, dass Abbildungen eben jenes Tieres sehr oft an ganz unterschiedlichen Orten anzutreffen sind wie beispielsweise auf den roten Kartons, Laternen oder auch als Mosaik in Gärten.
Einführung in traditionelle Kunstformen Chinas
Nachdem der Pinsel beiseite gelegt wurde, gab es eine Unterrichtsstunde zu einer nicht weniger traditionellen Kunstform in China: dem Scherenschnitt. Abermals konnten die Gäste aus Deutschland zunächst der Anleitung der Lehrerin folgen, um im Anschluss ihren eigenen Scherenschnitt anzufertigen. Auch hier standen die chinesischen Schüler*innen den deutschen Gästen mit Rat und Tat zur Seite und am Ende hatten alle Tandems tolle Ergebnisse vorzuweisen.
Nach dem Mittagessen ging es für den Besuch aus Deutschland im schuleigenen Keramikstudio weiter. Einige Schüler*innen der SSFLS lernen hier das Handwerk der Herstellung von Keramik. Auch hier war man bestens auf die Gäste aus dem Ausland vorbereitet und es gab zunächst eine Einführung in die Geschichte und die Tradition dieses Handwerks, die unterschiedlichen Arbeitsmethoden und die Bedeutung der Keramikerzeugnisse im Kontext der chinesischen Kultur.
Im Anschluss an die Erläuterungen waren die deutschen Schüler*innen wieder selbst gefragt: Sie sollten aus dem Ton ein Windlicht in Form eines Halloween-Kürbisses herstellen. Überraschend war auch, das Thema Halloween, da einigen Jugendlichen und auch mir nicht bewusst war, dass eben jenes Fest auch hier in China bekannt ist. Auch in den Folgetagen sah ich in Geschäften und Malls immer wieder Dekorationen und andere Dinge die mit Halloween in Verbindung standen. Die Situation ist dabei jedoch vergleichbar mit Deutschland: Die Chines*innen mögen es, wenn sie einen Grund haben, sich zu verkleiden oder Gebäude zu dekorieren. Es lässt sich auch feststellen, dass Halloween bei älteren Generationen keineswegs verbreitet ist.
Besuch der Partnerschule
Die Gruppe aus Deutschland besuchte während ihres Aufenthalts auch die Changshu International School, welche als Teil der Lunhua Education Group in gewisser Weise unsere Partnerschule ist. Die Deutschlehrkräfte warteten bereits am Eingangstor des Campusgeländes auf die Gäste aus Deutschland, die nach einstündiger Fahrt dort ankamen. Gleich zu Beginn wurde ein erstes Gruppenbild vor dem Springbrunnen im Innenhof der Schule geschossen, damit auf der schuleigenen Homepage geworben werden kann.
Des Öfteren habe ich hier in China den Eindruck, dass gerne Fotos mit Leuten aus dem Westen geschossen und verbreitet werden, um damit Prestigegewinne für die eigene Schule oder Institution zu erzielen. Den ganzen Tag über begleitete uns ein Fotograf, der nahezu alle Momente festhielt. Im Gespräch mit einem amerikanischen Kollegen an der Schule erfuhr ich, dass dies auch als Zeichen der Wertschätzung verstanden werden muss. Es wäre schlichtweg unhöflich, die Gäste nicht auf Schritt und Tritt zu begleiten und die Momente mit dem Fotoapparat festzuhalten.
Auch die Kolleg*innen der Partnerschule hatten ein buntes Programm für die Gäste vorbereitet. Neben einer Führung über das Schulgelände standen Kalligrafie und eine Einführung in die weltbekannte Peking Oper auf dem Stundenplan. Bei dieser Gelegenheit lernten die deutschen Austauschschüler*innen auch etwas über die Bedeutungen der Farben und Muster, mit denen die Masken verziert sind. Zu guter Letzt hatte jeder die Möglichkeit, selbst eine Maske anzufertigen. Das Mittagessen wurde in einem Saal serviert, der mit seinen Kronleuchtern nichts mit einer herkömmlichen Schulmensa gemein hat.
Das Highlight des Tages war jedoch das Basketballspiel, auf das sich die chinesischen Schüler*innen schon seit Wochen freuten. Zunächst gab es Teams, die nach Ländern geteilt waren und ein wenig später wurden die Teams gemischt. Es war sehr schön zu sehen, dass die Jugendlichen beider Nationen zusammen spielten und sichtlich Spaß hatten. Zudem war auf beiden Seiten zu spüren, dass ein großes Interesse bestand, die Schüler*innen der jeweils anderen Schule näher kennenzulernen.
Besuch einer öffentlichen Schule in Suzhou
Am Ende der Woche besuchten wir auch die Jiangsu Wuxian Middle School, um einen Einblick in das öffentliche Schulwesen zu erhalten. natürlich war man auch hier bestens auf den Besuch aus Deutschland vorbereitet. Nach der obligatorischen Führung über das Campusgelände besuchten die Schüler*innen einen Unterricht in Kalligraphie sowie einen Unterricht im Werken. Im Anschluss an diesen Einblick in die Unterrichtspraxis gab es ein Treffen mit Schüler*innen der Jiangsu Middle School. Dieses stand ganz unter dem Zeichen des Austauschs. Die Schüler beider Länder waren sichtlich daran interessiert, mehr über ihr jeweiliges Gegenüber zu erfahren und hatten die Möglichkeit sich über eine Stunde lang zu unterhalten. Die gastgebenden chinesischen Schüler*innen hatten sogar kleine Geschenke vorbereitet, die sie den deutschen Gästen überreichten. Letztere waren sichtlich überwältigt von so viel Gastfreundschaft, dass es am Ende sehr schwer war, sich wieder zu verabschieden. Bevor es zurück zur SSFLS ging, wurden allerdings noch Kontaktdaten ausgetauscht und – wie sollte es auch anders sein – unzählige Fotos geknipst.
Es hat Spaß gemacht, das Wenige, was ich bisher über Suzhou und meine Schule weiß, mit anderen zu teilen und zu sehen, dass sie an meinen Eindrücken interessiert sind. Für mich war es jedoch auch eine sehr lehrreiche Erfahrung, da ich zukünftig auch gerne derartige Schüleraustauschprojekte betreuen möchte.
Das Wochenende verbrachten die Schüler*innen aus Deutschland bei chinesischen Gastfamilien, die sich bereits im Voraus um ein buntes Programm an Freizeitaktivitäten bemühten. Die chinesischen Schüler*innen, welche einen deutschen Gast bei sich aufnahmen waren im Voraus sichtlich aufgeregt und so war ich im Unterricht des Öfteren damit konfrontiert, Unsicherheiten zu klären. Die Nervosität und Aufgeregtheit begründete sich darin, dass die chinesischen Gastgeber möglichst alles richtig machen wollten. Gerne beantwortete ich Fragen hinsichtlich der Freizeitgestaltung und Essensplanung.
Es war ein tolles Gefühl zu sehen, mit welchem Elan und Engagement sowohl von deutscher als auch chinesischer Seite das Austauschprogramm durchgeführt wurde. Ganz toll war vor allem auch, dass die Schüler*innen in Tandems aufgeteilt wurden, denn so konnten sie die jeweils andere Person näher und intensiver kennenlernen. Zudem war das Austauschprogramm auch ein schönes Beispiel dafür, wie wichtig interkultureller Austausch ist, denn oftmals stellten sich sowohl bei den chinesischen als auch den deutschen Schüler*innen Aha-Momente ein, die ihrerseits wiederum zum Abbau von vorschnellen Urteilen dienten.
Leider konnte ich nur die erste Woche des Schüleraustausches begleiten, da ich mich am Wochenende nach Peking aufmachte, um dort am Zwischenseminar des Goethe Instituts teilzunehmen. Müde von den Anstrengungen der letzten Tage aber unglaublich glücklich über die tollen Erfahrungen und Gespräche der vergangenen Woche, stieg ich in den Schnellzug in Richtung Hauptstadt.