Blogeintrag 1
Die erste Woche in Kairo
Von Moritz Philipp
Hey ihr Lieben :)
Nun bin ich schon fast eine Woche in Kairo und da wollte ich mal von mir hören lassen.
Der Flug verlief problemlos, in Athen habe ich im Flugzeug Franziska getroffen (sie studiert auch in Jena und macht ihr Praxissemester an derselben Schule wie ich, Geschichte / Geographie). Als wir in Kairo ankamen, hatte es geregnet, was hier schon eher eine Seltenheit ist. Nachdem wir uns an einer Art Bankschalter ein Visum für 25 Euro gekauft hatten, durften wir kurz darauf warten, dass ein sehr gelangweilter Sicherheitsbeamter dieses in unseren Pass klebt und einmal abstempelt.
Das Gepäck kam nach kurzer Wartezeit am Karussell an und wir konnten aus dem Flughafen raus. Den Mitarbeiter des Goethe-Instituts fanden wir erst nach zehn Minuten suchen, bei sehr vielen fragend guckenden Menschen am Ausgang des Flughafens hatten wir sein Schild nicht direkt entdeckt. Er war Ägypter, konnte ein bisschen Deutsch und nahm uns mit zum Auto: einem großen alten Benz.
KAIROS VERKEHR
In Ägypten fährt eigentlich jeder so, wie es gerade passt. Überholt wird links, rechts, dazwischen, Hupen ist das normalste der Welt, alle 500 Meter muss man abbremsen, um das Auto an den Bremsschwellen nicht zu demolieren. Ganz davon abgesehen sind die Straßen oft löchrig. Wenn man links abbiegen will, muss man auf den sehr breiten Straßen an bestimmten Stellen links in den Gegenverkehr einbiegen und dann an der nächstmöglichen Ausfahrt rechts raus. Bis jetzt habe ich noch keinen Unfall miterlebt, aber die scheinen hier auch nicht oft vorzukommen inshallah. ;)ANKUNFT IM HOTEL
Die erste Nacht durften wir in einem Fünf-Sterne-Hotel verbringen, das nach Aussagen der Goethe-Institut-Mitarbeiterin "ganz okay" sei. Es gab einen beheizten Pool, in dem ich auch mittags kurz schwimmen war, eine riesige Lobby mit Flügel, den man aber leider nicht spielen durfte, ein großes Frühstücksbuffet, Sauna, kleine Apotheke etc. Am Freitagnachmittag sind wir dann 100 Meter über die Straße zu einer der beiden Zentralen des Goethe-Instituts gelaufen und wurden dort von besagter Mitarbeiterin empfangen.DAS GOETHE-INSTITUT
Das Goethe-Institut im Stadtteil Doqqi (sprich Do()i) ist sehr modern. Am Eingang durften wir trotz Verbot unser großes Gepäck mit reinnehmen, da wir ja eine Bombe darin haben könnten. Die Mitarbeiterin hat uns einmal das ganze Gebäude gezeigt, obwohl Freitag eigentlich Wochenende und das Institut geschlossen ist, aber sie meinte, sie arbeite auch oft am Wochenende. Unter der Woche sei das Institut fast schon überfüllt, da immer mehr Ägypter Deutsch lernen wollen.UBER-TAXIS
Nach der Besichtigung haben wir ein Taxi über Uber bestellt, da uns von den normalen Taxen abgeraten wurde. Die seien zu alt, zu kaputt und würden vor allem von Ausländern zu hohe Preise verlangen. Über Uber bestellt man sein Taxi per Standortermittlung über die gleichnamige App und meistens ist ein Fahrzeug in der Nähe, das einen dann abholen kommt.Am Ende der Fahrt wird der Preis durch die App des Fahrers ermittelt und auf seinem Smartphone angezeigt. Die Fahrt in unseren Stadtteil Al Rehab (55 Minuten von Downtown Kairo entfernt) führte über den Nil, an Arm und Reich vorbei. Kairo ist sehr kontrastreich und das werde ich dieses Wochenende nochmal genauer erleben, wenn Sara aus Alexandria nach Kairo kommt und wir zu den Pyramiden etc. gehen.
AL REHAB / DIE WOHNUNG
Die Wohnung hatte Franziska über eine Facebook-Gruppe organisiert. Mit 7000 EGP pro Monat für ägyptische Verhältnisse recht teuer, aber mit unserem Stipendium machbar. Das Viertel ist außer bei Muezzin-Rufen und Katzenkämpfen sehr ruhig. Ein paar Probleme gab es jedoch am Anfang: Die Maklerin hatte nicht mehr auf dem Schirm, dass Franziska und ich nicht verheiratet sind und dass Männlein und Weiblein nicht einfach zusammen wohnen können, es sei denn, sie sind verwandt oder eben verheiratet. Deswegen durfte ich erstmal 1 1/2 Stunden an einer Pepsi im Café schlürfen, bevor sie wiederkamen, wir uns eine ägyptische Handynummer holten (Vodafone +201023122976) und dann alle Sachen in der Wohnung abluden. Die Besitzerin der Wohnung kam ein paar Tage später vorbei und sagte aber glücklicherweise nichts ;)Die Wohnung besteht aus einem großen Wohnzimmer mit Esstisch und Fernsehen, zwei Schlafzimmern (rosa Decke...), einem Badezimmer, einer kleinen Küche mit Gasherd und Kühlschrank und einem kleinen Balkon, auf dem man nach der Schule die Sonne genießen kann, die aber leider schon um sechs untergeht.
DIE SCHULE
Die Schule, die Modern Education School, liegt etwa 20-25 Minuten mit dem Taxi / Bus von unserer Wohnung weg. Am ersten Tag haben wir noch ein Uber Taxi genommen, ab dem zweiten Tag konnten wir den Schulbus mit ägyptischen Dreikäsehochs nehmen, die einen immer wie ein Alien anschauen. „Guten Tag“ sagen können sie alle ;) Die Lieblingsbeschäftigung des Busfahrers ist... Hupen ;)Am ersten Tag durften wir direkt einem lustigen Spektakel beiwohnen: den sogenannten Morninglines der 1.-3. Klassen, überwacht von Sportlehrern, wie man sie aus dem Buche kennt: Jogger und Trillerpfeife. Die Morninglines beginnen um 7:45 Uhr und dauern ein bisschen mehr als 10 Minuten. Zuerst dürfen alle Kinder auf Englisch bis acht zählen, dazu im Takt mit den Füßen stampfen, dies in jede Himmelsrichtung einmal, und zum Abschluss die rechte Faust in den Himmel strecken und MES schreien. Danach wird jeden Morgen die Nationalhymne gesungen, drei bis vier Kinder tanzen oder hüpfen vorne etwas vor, alle machen es nach und schließlich gehen alle geordnet in ihre Klassen.
Empfangen wurden wir davor von Mishi, einer Deutschlehrerin, deren Mutter aus Dortmund kommt, weswegen sie auch fast akzentfrei spricht. Sie stellte uns der Direktorin vor, den anderen Deutschlehrerinnen (nur Frauen) und dann noch allen möglichen anderen Personen, deren Namen alle gleich klingen (Hassan, Mahmud, Muhammad etc.).
DER UNTERRICHT (ERSTE EINDRÜCKE)
Direkt um neun bin ich in eine Französischstunde mit Mme Mona gegangen, die einer 6. Klasse die Richtungen erklärt hat. Ich wurde gefragt, wie alt ich sei, ob ich verheiratet sei, die übliche, kindliche Neugier. Den Sozialkundelehrer habe ich auch schon kennen gelernt, ein junger Amerikaner, der so viele Sachen weiß, dass ich mich selbst wieder wie als Schüler fühlte :D Er ist sehr engagiert, hat uns direkt alle Curricula geschickt, nimmt uns in all seine Klassen mit und nimmt dort auch kein Blatt vor den Mund. Er meinte, außerhalb der Schule müsse man damit vorsichtig sein, aber innerhalb des Klassenzimmers könne man seinen Meinung frei äußern. Er hat die erste Stunde ständig über Donald Trump abgelästert und vermehrt auf Netflix-Serien hingewiesen, die zum Großthema Demokratisierungsprozesse in Südamerika passen (siehe Narcos). Bevor ich aber eine Stunde alleine auf Englisch halte, muss ich mir nochmal viele Vokabeln anschauen.Der Französischunterricht läuft bis jetzt meiner Meinung nach sehr frontal ab. Ebenso nehmen sich die Schüler sehr viele Freiheiten raus, die oft von den Lehrern gar nicht unterbunden werden. Pro Stunde gehen mindestens drei Schüler aufs Klo, viele haben die Kapuze ihres Pullis auf, manche stehen die ganze Zeit rum oder verbringen viel Zeit am Mülleimer. Sprachlich sind sie gut dabei, nur an den Akzent muss ich mich noch gewöhnen (Paris= Barii, déjeuner=déjni...). Heute, 21. Februar, habe ich schon vier Stunden in Französisch, drei in Sozialkunde und eine Stunde in DaF (Deutsch als Fremdsprache) hospitiert. Deutsch mache ich freiwillig, in den anderen beiden Fächern müssen jeweils 40 Stunden hospitiert werden.
Das war’s fürs Erste, Bilder versuche ich noch hochzuladen :)
Liebe Grüße aus Ägypten,
Euer Moritz
P.S.: Arabisch wird langsam ;) yalla yalla