Blogeintrag 3
Peking, Tianjin - und zurück im Schulalltag
Erster Halt: Changsha
Bevor es am 02. April für eine Woche nach Peking ging (Anlass war das zweitägige Zwischenseminar am Goethe-Institut), legte ich noch einen Stopp bei Mao ein. Da ich zum Flughafen nach Changsha musste, nutze ich die Gelegenheit und machte dort noch einen Abstecher zur Flussinsel, auf der ein riesiger Kopf des jungen Mao zu sehen ist. Mao kommt aus der Provinz Hunan und hat in Changsha studiert, daher gibt es hier einige „Pilgerorte“.Ab in den Norden
Nach einem zweistündigen Flug inklusive warmen Essens (!) erreichte ich schließlich Peking. Da ich vor zwei Jahren bereits eine Woche Urlaub in der Stadt gemacht habe, hatte ich so ziemlich alle must-sees bereits gesehen und freute mich auf ein paar entspannte Entdeckungstouren durch die Hutong. Diese traditionellen Wohngebiete mitten im Zentrum der Stadt mit ihren kleinen grauen Häusern und engen Gassen haben für mich besonderen Charme.Zum Glück hatte ich keinen „Sightseeing-Stress“, denn die ersten zwei Tage in Peking waren kalt und nass: Dienstag schüttete es den ganzen Nachmittag, am Mittwoch gab es sogar kurz Schneeregen und Hagel. Nicht die besten Bedingungen für einen gemütlichen Stadtbummel. Trotz eisigen Windes stellte ich mich am Dienstag in die Schlange zum Tiananmen Platz, der bei meinem Besuch vor zwei Jahren gesperrt war. Den kleinen Abstecher zur Great Hall of the People, in der bis vor wenigen Wochen noch der Nationale Volkskongress tagte, nutze ich zum Aufwärmen, stellte aber auch fest, dass die vollbesetze Halle im Fernsehen noch deutlich imposanter aussieht. Den regnerischen Nachmittag verbrachte ich dann in Wangfujing (Shoppingstraße) und im Foreign Language Book Store, in dem ich mich um Büchernachschub kümmerte, da dies in Zhuzhou ein aussichtloses Unterfangen ist (online bekommt man natürlich alles, aber Online-Shopping auf chinesisch traue ich mir dann doch nicht zu). Am Mittwoch spazierte ich um den Houhai und Qianhai See, die außer den „Hey lady, rickshaw?“- Rufen sehr schön und idyllisch waren und beobachtete einige hartgesottene Chinesen beim Baden, Angeln und Tischtennisspielen. Anschließend schlenderte ich durch eine für mich neue Hutong-Gegend, während ich am Nachmittag vor dem Regen in ein Kaffee zum Postkartenschreiben flüchtete. Postkarten zu finden ist gar nicht so leicht und in China wohl auch eher unüblich, an touristischen Orten in der Hauptstadt aber durchaus möglich. Am Donnerstag ging es mit dem Schnellzug nach Tianjin, wo ich eine Freundin meiner Mitbewohnerin aus Hamburg besuchte. Im Vorhinein hatte mir so ziemlich jeder von Tianjin abgeraten – „not worth going“ war merkwürdigerweise die einhellige Meinung. Dem kann ich mich nicht anschließen, denn ich fand die Stadt, insbesondere das Italian und British Quarter, sowie die Flusspromenade durchaus sehenswert und vom Flair ganz anders als Peking. Vielleicht lag es aber auch an meiner netten Stadtführerin, die auch einen Stopp im Maan Café mit heißer Schokolade und Schokowaffeln (gibt es zum Glück auch in Zhuzhou) und weitere kulinarische Highlights wie Gong Bao Ji Ding ins Programm integrierte – es war auf jeden Fall ein sehr gelungener Tag in Tianjin!
Am Freitag ging das Zwischenseminar am Goethe-Institut los und es war sehr interessant, die anderen Stipendiaten kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen. Die Unterschiede in unseren Einsatzschulen sind teilweise recht groß, sodass ich viele neue Eindrücke mitnehmen konnte. Auch der didaktische Input hat mir noch einmal geholfen, neue Ideen einzubringen bzw. hat mich darin bestärkt, meine bisherigen Ideen noch konsequenter umzusetzen.
Peking-Highlight Parkbesuch
Am Sonntag habe ich mit Isabel, einer Kommilitonin aus Hamburg und selbst SCHULWÄRTS-Praktikantin in Yueyang (mit 200km praktisch um die Ecke von Zhuzhou) noch ein paar Peking-Highlights genossen – bei diesmal sehr angenehmen 22 Grad. Angefangen beim Bell und Drum Tower, ging es noch einmal kurz zum Houhai Lake und zum Jingshang Park, von dem man auf die Verbotene Stadt gucken kann. Wie bereits vor zwei Jahren konnte ich hier nochmal eines meiner absoluten China-Highlights von damals genießen: chinesische Senioren im Park. Ob verrückte Verkleidungen, Bändertanz, Brettspiele, Musizieren oder gemeinsames Singen – hier wird alles voll ausgelebt und mit viel Lebensfreude dargeboten. Selbst am höchsten Punkt des Parks konnte man die Chöre von Balladen-schmetternden Rentnern hören. Großartig! Einen schönen Abschluss fand der Tag erst beim Peking-Ente essen und dann bei einem Cocktail in der Mai-Bar. Bevor es am folgenden Nachmittag zurück ging, konnte ich noch einen kleinen Abstecher in die Hutong nördlich der Gulou Street einbauen. Die Cafés dort könnten durchaus auch in der Hamburger Schanze liegen. Es gibt auf jeden Fall nette Ecken zu entdecken, sodass ich wieder einmal feststellte, dass Peking eine wirklich tolle Stadt ist! Die auch einen weiteren Vorteil hat, der mir erst wieder hier in Zhuzohu richtig bewusst wurde: ich falle dort kaum auf. Weder der Fakt, dass ich Ausländerin bin noch meine Größe schien irgendwen groß zu interessieren. Besonders in der U-Bahn fielen mir einige Chinesen auf, die entweder genauso groß waren wie ich oder sogar größer. Zurück in Zhuzhou dauerte es keine zwei Tage bis mich die Menschen wieder staunend auf meine Größe aufmerksam machten.Der Schulalltag – Immer schön flexibel bleiben
Wie im letzten Artikel bereits erwähnt, war meine lange Pekingreise das Resultat von glücklichen Umständen, denn eigentlich sollte ich erst am Mittwochabend fliegen. Da aber der Jahrgang 7 am Montag und Dienstag Zwischenprüfungen hatte (das wurde eine Woche vorher auf einer Konferenz beschlossen), hatte ich plötzlich die ganze Woche frei, da am Mittwoch eh keine Deutschstunden liegen. So konnte es schon am Montag losgehen. Im Nachhinein hätte ich sogar noch zwei Tage dran hängen können. Wie sich am Donnerstag herausstellte, fuhr Jahrgang 7 am darauffolgenden Dienstag und Mittwoch auf einen Kurztrip nach Guangzhou, somit hatte ich nochmal zwei Tage frei. Auch diesen Freitag teilte mir Hui im Vorbeigehen mit, dass kommenden Montag kein Unterricht sei, da sie eine wichtige Konferenz hat und die Stunde auf Mittwoch verlegen konnte. So schnell kommt man an ein langes Wochenende – allerdings kommt meine Wochenendplanung noch nicht so ganz hinterher. Hätte ich gewusst, dass ich drei Tage am Stück frei habe, hätte ich mir evtl. noch einen kleinen Wochenendtrip überlegt, denn bei den Distanzen hier schränken zwei Tage den Radius schon etwas ein. Wahrscheinlich sollte ich freitags immer einen gepackten Rucksack zu Hause haben, für den Fall, dass sich noch was ergibt. Denn die Liste mit den Orten, die ich hier noch sehen will, ist lang.Auch sonst bleibt der Schulalltag „dynamisch“. Feiertage, die in die Woche fallen, werden gern am Wochenende nachgeholt oder ganze Schultage „getauscht“. Während ich in Peking war, las ich in der WeChat-Gruppe der Englischlehrer, dass am Dienstag der Unterricht von Freitag stattfindet und Sonntag der vom Mittwoch. Wenn man da nicht up-to-date bleibt, steht man evtl. in der falschen Klasse – oder auch in keiner, wenn man eigentlich frei gehabt hätte. So passierte es Sara, einer anderen ausländischen Lehrerin an meiner Schule. Da für die meisten Lehrer eh Anwesenheitspflicht in der Schule herrscht (mit Fingerabdruck zum „Einchecken“), sind so spontane Umplanungen – mal abgesehen von der Unterrichtsvorbereitung – nicht so problematisch. Trotzdem bin ich dank Hui aber immer gut informiert, wenn auch kurzfristig, was schlicht auch daran liegt, dass alles kurzfristig entschieden wird. Die anderen ausländischen Lehrer haben da leider nicht so eine gute Quelle und bekommen die Infos häufig noch kurzfristiger.
© Paula Keller