Blog #4
Die Lahore Grammar School For Boys

Mittlerweile bin ich schon seit zwei Wochen an der Lahore Grammar School For Boys, um die Deutschlehrkräfte an dieser Schule zu unterstützen. Die Lahore Grammar School in Gulberg ist in drei Zweige unterteilt: der Junior School (Klasse 1-5), der Middle School (6-7) und der Senior School (8-10). Ihre erste Fremdsprache, Englisch, lernen die Schüler schon ab der ersten Jahrgangsstufe. Ab der vierten Klasse lernen sie ihre zweite Fremdsprache: Deutsch. Während meiner Praktikumszeit bin ich hauptsächlich an der Junior School tätig, wobei ich auch schon die Middle und Senior School besucht habe.
 
An der Junior School unterrichten zwei Deutschlehrer die Klassen 4 und 5, wobei jeder Lehrer für eine Jahrgangsstufe zuständig ist, die aus insgesamt neun Klassen besteht. Dies hat zur Folge, dass die Lehrkräfte wöchentlich mehr oder weniger den gleichen Unterricht neunmal durchführen. Jede Klasse besteht aus ungefähr 20 bis 25 Schülern. Die Schüler sitzen meistens an Einzeltischen, die in den Klassen unterschiedlich angeordnet sind. Jede Lehrkraft an der Schule unterrichtet nur ein einziges Schulfach. Anders als in Deutschland sind die Schulstunden hier entweder 30 oder 40 Minuten lang, je nachdem um welche Schulstunde es sich handelt. Die erste Schulstunde beginnt pünktlich um 8 Uhr und die letzte Schulstunde endet für die fünfte Klasse um 13:50 Uhr. Niedrigere Stufen haben schon früher Schulschluss. Da es sich bei der LGS um eine Privatschule handelt, die sich durch Schulgebühren finanziert, ist jedes Klassenzimmer mit einer Klimaanlage und mehreren Ventilatoren ausgestattet, um die Hitze von über 40 Grad im Sommer überstehen zu können. Ein Luxus, der an staatlichen Schulen nicht üblich ist. Hitzefrei gibt es in Pakistan nicht.

Zudem verfügt die Schule über ein Mac-Lab und eine Bibliothek, die für kurze Unterrichtssequenzen genutzt werden können.

  • Bibliothek der Lahore Grammar School for Boys © Rasba Chaudhry

  • Das Mac-Lab © Rasba Chaudhry

Täglich entsteht zu Schulbeginn und zum Schulschluss eine lange Autoschlange vor dem Eingangstor der Schule. Jedes Kind wird von den Eltern oder von den Fahrern der Familie morgens zur Schule gefahren und mittags abgeholt. Am Eingangsbereich stehen meist zwei Sicherheitsbeauftragte und zwei Hausmeister, die den Schulausweis jedes Schülers überprüfen, bevor dieser in die Schule eintreten darf. Selbst Lehrkräfte, die den Sicherheitsbeauftragten nicht bekannt sind, müssen sich erstmal ausweisen, bevor sie in das Schulgebäude dürfen. Auch ich wurde in meiner ersten Schulwoche mehrmals aufgehalten und musste mich ausweisen.   
 
Von der Schülerschaft wurde ich in den ersten Tagen überwiegend mit verwunderten Gesichtern in der Klasse empfangen. Diese Verwunderung wurde größer als ich mich auf Deutsch und anschließend auf Englisch und Urdu vorstellte. Im Schulalltag wird strikt die englische Sprache gesprochen und scheint generell einen besonderen Status in Pakistan zu genießen. Selbst die Lehrkräfte und die Schulleitung unterhalten sich auf Englisch. Leider ist dies auch im Deutschunterricht der Fall. Lediglich die Begrüßung und Verabschiedung können auf Deutsch stattfinden, denn das Sprachniveau der Schüler ist noch sehr niedrig. Sie sind es zudem gewohnt mit der Lehrkraft auf Englisch zu kommunizieren.
 
Die Schüler sind neugierig, oftmals laut und albern gerne herum. In der ersten Woche wurden mir viele Fragen zu Deutschland und meiner Person gestellt, wie beispielsweise „Miss, wie viele Sprachen sprechen Sie?“, „Sind die Menschen in Deutschland nett?“, „Wie ist das Leben in Deutschland?“ und meine Lieblingsfrage: „Gibt es Rikschas in Deutschland?“
 
Meine erste eigene Deutschstunde fand in einer fünften Klasse statt mit dem Thema Konjugation von Verben. Zunächst wurden die Verben schauspielerisch dargestellt und die Konjugation wurde mithilfe von Würfeln in Kleingruppen für die verschiedenen Personalpronomen trainiert.
 
  • Rasba Chaudhry © Rasba Chaudhry

  • Konjugationswürfel © Rasba Chaudhry

Nach meiner ersten Schulwoche wurde ich von der Schulleitung gebeten, Workshops für die Deutschlehrkräfte anzubieten, in denen ich verschiedene Lehrmethoden und Tipps vorstelle und mein didaktisches Wissen teile. Außerdem soll ich während meines Aufenthalts bei den Deutschschulstunden hospitieren und anschließend jeweils ein Reflexionsgespräch mit den Lehrkräften führen. Dies ist eine große Herausforderung und Verantwortung für mich, die ich gerne annehme.
 
In meinen bisherigen Hospitationen in dieser Woche habe ich eine sehr traditionelle und lehrerfokussierte Lehrweise beobachten können. Die Schulleitungen sind allerdings daran interessiert einen effektiveren und handlungsorientierteren Unterricht anzubieten. Mein erster Workshop für die Lehrkräfte soll mit dem Thema Lesson Planning auf Englisch stattfinden.
 

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