Blog #2
Essen, essen ohne Ende
Die ersten Wochen liegen nun bereits hinter mir und meine Zeit hier in Georgien vergeht wie im Flug, da jeder Tag vollgepackt mit neuen Eindrücken und Erfahrungen zu Ende geht.
Da ich an dieser Stelle nur einen kleinen Teil dieser Eindrücke in Worte fassen kann, möchte ich in diesem Beitrag zwei Aspekte meines Lebens hier herausstellen, die mir ziemlich essentiell für die georgische Gesellschaft erscheinen: Essen und Mütter.
Ich habe nun mittlerweile gelernt Khinkali, die georgischen Maultaschen, die mich immer ein bisschen an meine schwäbische Heimat erinnern, ordnungsgemäß zu essen. Leider kann ich dabei nach wie vor nicht beim Nicht-Kleckern-Wettbewerb mit Georgiern mithalten. Ich habe das Gefühl das Verspeisen von Khinkali auf die richtige Art und Weise ist eine Art der Feuertaufe, um in der georgischen Kultur aufgenommen zu werden.
Neben dem Schulalltag erlebe ich die obligatorischen Schulausflüge zum Schuljahresbeginn mit und entdeckte somit jedes Wochenende einen neuen Teil des Landes, so beispielsweise das herbstlich bunte Kachetien und den traumhaften Dashbashi Canyon. Jeder dieser Ausflüge endet mit einem großen Picknick mit Khatchapuri (Käsebrot), Fleischspießen, Salaten, Käse und Wurst in rauen Mengen.
Zubereitet wird dieses Essen auf Ausflügen in der Regel von fleißigen Müttern, die sich auch darum kümmern, dass das Essen würdig verzehrt wird. Das heißt, dass auf jedem noch so schäbigen Tisch im Wald eine weiße Tischdecke ausgebreitet und das Essen in optisch ansprechender Form drapiert wird.
Diese Mütter erscheinen mir immer wie kleine Wichtel, die aus dem Nichts heimlich still und leise ein kleines Festmahl zaubern und für das Wohlergehen sorgen. Ja, die georgischen Mütter sind in meinen Augen eine ganz spezielle Gattung. Fast jede georgische Frau über 20 gehört zu dieser Gattung und meistens gibt es auch den dazugehörigen Ehemann, denn die Ehe ist in Georgien noch ein sehr hohes Gut.
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Frauen Hausfrauen sind und sich zuhause um die Kinder kümmern. An den Schulen arbeiten zu ca. 90 % Frauen, die häufig 2-3 Kinder haben, die es zu versorgen gilt. Da man als Lehrerin hier so gut wie nichts verdient, ist der Job an der Schule zumeist nur einer von vielen. So geben die meisten Lehrerinnen zusätzlich Privatunterricht und arbeiten in Verlagen, Büros oder als Verkaufshilfen. Wie das zu bewältigen ist, ist mir ein absolutes Rätsel. Eines weiß ich aber sicher: wenn ich nach Deutschland zurückkehre und mit meinem Referendariat beginne, werde ich mich niemals über das Arbeitspensum beschweren. Das hat mich die Erfahrung hier jetzt schon gelehrt: ich kann mich so glücklich schätzen in einem Land arbeiten zu dürfen, in dem es Krankenversicherungen, Mutterschutz, Arbeitslosengeld, Rente und Krankheitsgeld gibt.