15. August 2015
Eröffnung Young Euro Classic: Guangzhou Youth Orchestra
Eröffnungsrede von Klaus-Dieter Lehmann
Es ist jedes Jahr ein herausragendes Ereignis, den internationalen Orchesternachwuchs im Berliner Konzerthaus erleben zu dürfen. Junge Musiker auf höchstem Niveau, sorgfältig ausgewählt für Young Euro Classic. Eine beeindruckende Präsentation von Jugendorchestern aus der ganzen Welt, 17 Tage Weltmusikfestival und das mit einer Tradition, die seit dem Jahr 2000 besteht. Das ist grandios!
Und man kann den Organisatoren, Unterstützern, Freundeskreisen und natürlich den Musikern gar nicht genug dafür danken, eine solche Jugendkultur möglich zu machen und ein derart professionelles Niveau uns, dem Publikum, zu vermitteln. Dank gebührt heute Abend vor allem auch der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, die den heutigen Konzertabend als Partner von Young Euro Classic ermöglicht hat. Ihnen herzlichen Dank!
Für mich ist es eine besondere Freude, heute Abend die Patenschaft für das Guangzhou Youth Orchestra übernehmen zu dürfen. Als Präsident des Goethe-Instituts ist mir die Förderung von Jugendorchestern in der Welt selbst ein Anliegen und wir unterstützen den Aufbau und auch den Austausch. Begegnung, Dialog, Partnerschaften – das sind Prinzipien, die wir mit Young Euro Classic teilen.
Das Guangzhou Youth Orchestra ist das erste Mal dabei und gleich mit einem höchst ambitionierten Programm. Die Stadt Guangzhou mit 11 Millionen Einwohnern liegt im Delta des Pearl River im Süden Chinas, mit den benachbarten Städten Shenzhen und Hongkong. Diese Städte bilden im Delta des großen Stroms eine Metropolenregion mit rund 60 Millionen Einwohnern. Mit dem Xinghai-Konservatorium verfügt Guangzhou über eine exzellente Musikhochschule und mit der spektakulären Konzerthalle, die die Form eines fliegenden Schwans hat, über einen international hoch angesehenen Aufführungsort. Ich selbst konnte bei einem Besuch in Guangzhou ein Konzert des Guangzhou Sinfonie Orchesters erleben. Dieses Orchester gründete das Jugendorchester 2011. Und 2012 traten sie das erste Mal in der großen Xinghai-Konzerthalle auf. Seit 2014 ist die junge, international überaus erfahrene Huan Jing Chefdirigentin, die wir auch heute Abend hier im Konzerthaus erleben. Sie ist zugleich die Hausdirigentin des Sinfonieorchesters.
Überhaupt hat das Guangzhou Youth Orchestra, das an sich selbst einen hohen Anspruch stellt, bei den mitgebrachten jungen Solisten wiederum nach den Sternen gegriffen. Da ist Haochen Zhang, Klavier, der 2009 die Goldmedaille beim van Cliburn Wettbewerb gewonnen hat und der 2013 viel umjubelt eine China-Tournee mit den Münchnern Philharmonikern absolviert hat. Da ist Li-Wie Qin, Cello, in Berlin ein bekannter und aktiver Künstler, aktiv im Konzerthausorchester, im Deutschen Symphonieorchester und im Rundfunksinfonieorchester. Und da ist Jia Lei, Virtuose auf dem traditionellen chinesischen Sheng-Blasinstrument, mit zahlreichen Auszeichnungen und selbst Mitglied im nationalen chinesischen Jugendorchester.
Mit einer solchen Besetzung lässt sich auch ein derart anspruchsvolles Musikprogramm meistern, wie wir es heute Abend erleben werden. Es ist eine künstlerische Herausforderung! Im Mittelpunkt steht das musikalische China der Gegenwart mit zwei Kompositionen der führenden Komponisten: Qigang Chen mit dem Klavierkonzert „Er Huang“, das 2009 von Lang Lang in New York uraufgeführt wurde und Zhao Lin mit „Duo“, ein Zusammenspiel eines Solo-Cellos mit dem chinesischen Sheng-Instrument. Beide Komponisten sind übrigens auch berühmt durch erfolgreiche Filmmusiken. Qigang Chen ist auch noch in bester Erinnerung durch seine Eröffnungsmusik zu den Olympischen Spielen in Peking 2008. Auf die Interpretation der beiden europäischen Musikstücke dürfen wir sehr gespannt sein. Es handelt sich um Till Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauß und um den Feuervogel, Suite Nr. 2 von Igor Strawinsky.
Zu der Suite „Der Feuervogel“ habe ich ein besonders enges und eindringliches Erleben. Bei einer nächtlichen Autobahnfahrt bei starkem Regen ertönte aus dem Autoradio genau diese Musik. Sie gab so aufregend und unmittelbar meine Stimmung wieder, dass sie sich für immer in meinem Kopf festsetzte, auch ohne Nacht und ohne Regen. Deshalb fühle ich mich heute auch als besonders Beschenkter, wenn ich dieses Stück vom Guangzhou Youth Orchestra heute in diesem festlichen Rahmen höre.
Für mich ist der heutige Musikabend nicht nur ein großartiger musikalischer Genuss, er ist auch gleichzeitig der Auftakt für meine in Kürze stattfindende Chinareise. In Peking werde ich ein neues größeres Goethe-Institut eröffnen können, im Künstlerviertel 798, das sich mit seinen Galerien und Ausstellungshallen, mit seinen Läden und Restaurants als ehemaliges Fabrikgelände komplett verwandelt hat. Dort werden wir für den Kulturaustausch zwischen Deutschland und China noch mehr leisten können, in allen Künsten – in der Bildenden Kunst, in der Literatur, im Theater und natürlich in der Musik.
Kann man besser eingestimmt werden für den kulturellen Dialog als durch Ereignisse wie dieses heute Abend! Ich wünsche Ihnen einen anregenden, auch aufregenden Konzertabend mit großartigen Künstlern aus China und danke nochmals allen, die dieses musikalische Ereignis möglich gemacht haben.
Es gilt das gesprochene Wort.