Karikaturen eines Bauhäuslers zur Weimarer Republik
Ausstellung „Jecheskiel David Kirszenbaum“ eröffnet in Weimar
Jecheskiel David Kirszenbaum (1900-1954) war ein Maler und Karikaturist von hoher künstlerischer Qualität, die ihm Anerkennung am Bauhaus in Weimar ebenso wie in der Berliner Kunstszene der Zwanzigerjahre und später auch in Paris verschaffte. Am 26. August 2021 wird die Ausstellung „Jecheskiel David Kirszenbaum – Karikaturen eines Bauhäuslers zur Weimarer Republik“ mit Unterstützung des Goethe-Instituts in der Volkshochschule Weimar eröffnet. Anschließend wird sie von rund 30 weiteren Volkshochschulen in Deutschland übernommen und auch in Berlin, Paris und Jerusalem präsentiert.
Gleichermaßen beeindruckend wie zutiefst bedrückend ist allerdings Kirszenbaums Lebensweg vom polnischen Schtetl Staszów über Duisburg, Weimar und Berlin zum Montmartre in Paris, mehrfach verbunden mit erheblichen kulturellen Brüchen und Neuanfängen und nicht zuletzt mit der Verfolgung durch die Nationalsozialisten und der Ermordung seiner Ehefrau in Auschwitz. Einem ganz besonderen Aspekt seines Schaffens widmet sich nun die Volkshochschule Weimar. Die Ausstellung „Jecheskiel David Kirszenbaum - Karikaturen eines Bauhäuslers zur Weimarer Republik“ zeigt die Themen und Probleme der ersten Demokratie in Deutschland, von denen uns viele bis heute beschäftigen. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit zahlreichen Partnern und Förderern, so dem Goethe-Institut wie auch der Staatskanzlei Thüringen.
Ulrich Dillmann, Leiter der vhs Weimar, sieht in dieser außergewöhnlichen Ausstellung den bildungspolitischen Auftrag der Volkshochschulen exemplarisch umgesetzt: „Zum besonderen Profil der Volkshochschule gehört die enge Zusammenarbeit mit Kulturschaffenden, Kulturinstituten, Bibliotheken und soziokulturellen Zentren. Auch darüber ermöglichen wir Interessierten die Teilhabe an Bildung, Kultur, öffentlichem Leben und an einer reflektierten Auseinandersetzung. Geradezu typisch hierfür erscheint mir diese Ausstellung, mit der wir einen weiteren Beitrag zu den Jubiläen ‚900 Jahre Jüdisches Leben in Thüringen/1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland‘ leisten.“
„Verfolgt – verfemt – vergessen“, fast könnte diese Alliteration über dem Leben des polnisch-französischen Künstlers und Bauhausschüler Kirszenbaum stehen, wäre da nicht sein Großneffe Nathan Diament. Der mittlerweile über achtzigjährige Holocaustüberlebende hat sich dem Bewahren der Werke seines Großonkels vor dem Vergessen gewidmet – das mit stetem Erfolg und immer wieder auch in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut.
Dr. Wolf Iro, Leiter der Kulturabteilung des Goethe-Instituts, sagt: „ Ich freue mich sehr, dass die langjährige Zusammenarbeit des Goethe-Instituts mit Nathan Diament in diese wunderbare Ausstellung mündet und danke der VHS Weimar sehr für beeindruckende und akribische Arbeit. Es freut mich zusätzlich, dass dank des großen VHS-Netzwerks Menschen an vielen anderen Orten die Möglichkeit haben werden, sich mit diesem fast vergessenen Künstler auseinanderzusetzen."
Kirszenbaums Karikaturen trafen den Zeitgeist der Weimarer Republik: Windige Kaufleute, die skrupellos Gewinne mit dubiosen Geschäften machen, Korruption in der Politik, die Gleichstellung der Frau oder aber auch der erstarkende Antisemitismus – Themen, die in der politischen Auseinandersetzung an Relevanz nicht verloren haben:
Anlässlich der immer wieder stattfindenden antisemitischen Übergriffe in Deutschland - vor kurzem erst wieder in Köln - hebt der Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten, Chef der Staatskanzlei und Beauftragter der Landesregierung für jüdisches Leben in Thüringen und die Bekämpfung des Antisemitismus, Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, hervor, dass die Bekämpfung des Antisemitismus in Deutschland eine fortwährende Aufgabe darstelle. „Gleichzeitig müssen wir allerdings auch die Förderung jüdischen Lebens stärker entwickeln und in den Mittelpunkt stellen. Dabei muss deutlich werden, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland und in Thüringen über viele Jahrhunderte bis heute wichtige Beiträge zu Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur geleistet haben. Ich freue mich daher, dass die genannte Ausstellung auch im Rahmen der für den 15.12.2021 geplanten Veranstaltung zum Abschluss des Themenjahres ,900 Jahre Jüdisches Leben in Thüringen‘ in der Thüringer Landesvertretung in Berlin noch einmal zu sehen sein wird.“
In dieser erstmals einzig den Karikaturen Kirszenbaums gewidmeten Ausstellung, die von rund 30 Volkshochschulen in Deutschland übernommen und auch in Berlin, Paris und Jerusalem präsentiert wird, werden diese außergewöhnlichen Arbeiten Kirszenbaums, erläutert durch Zeitungsberichte, Fotos, historische Dokumente und Texte und somit in ihren gesellschafts- und kulturpolitischen Zusammenhängen dargestellt. „Kirszenbaum, ein junger Mann von 25 Jahren mit Wurzeln im orthodoxen Judentum Polens, taucht in das brodelnde Leben der Roaring Twenties in Berlin ein und wird mit seinen Karikaturen zu einem kritischen Zeitzeugen der Fragestellungen wie dann auch des Niedergangs der Weimarer Republik“, resümiert Dr. Bernhard Post, der Kurator der Ausstellung, die Berliner Zeit Kirszenbaums.
Zu der Präsenzausstellung ist ein 90-seitiger Katalog erschienen, der über die Volkshochschule Weimar zu beziehen ist. Außerdem wurde ein eigener Internetauftritt unter www.kirszenbaum.vhs-weimar.de erstellt, der neben den Ausstellungstafeln, verschiedenen Podcasts und einem Video zu Kirszenbaums Lebensstationen auch einen Audiofile für Sehbehinderte anbietet. Zu sehen ist die Ausstellung unter Beachtung der Pandemiebedingungen von Montag bis Freitag von 9 Uhr bis 18 Uhr und nach Vereinbarung. Der Eintritt ist kostenlos, der Zugang barrierefrei.
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