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Anmerkungen zur Ausstellung
„Wir alle sind Luftbewohner und Luftmacher.“

Dynamics of Air
© RMIT

Luft ist unsichtbar, und so nehmen wir sie als selbstverständlich hin, bis irgendetwas schief geht. Erst wenn Verschmutzung die Atmosphäre verstopft, Smog den Horizont verdeckt und die Menschen sich bei Kälteeinbrüchen und Hitzewellen mit körperlichen Symptomen herumschlagen, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf das, was wir nicht sehen können.

Von Evelyn Tsitas

Dr. Malte Wagenfeld, Dozent für Industrial Design an der RMIT University, und Prof. Jane Burry, Dekanin für Design an der Swinburne University, haben Luft – jenes unsichtbare Element, das grundlegend für alles Leben ist – zum Ausgangspunkt einer großen Ausstellung gemacht, die in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut von 14. September bis 17. November 2018 in der Melbourner RMIT Gallery gezeigt wird.

„Wie richten wir als Designer unsere Entwürfe auf die Untersuchung des Klimawandels und den Einsatz von weniger Energie und Ressourcen aus, während wir gleichzeitig angenehmere und gesündere Innenräume gestalten? Wie können wir dies dem Publikum kommunizieren und es zum Nachdenken darüber ermutigen, wie wir in einem sich verändernden Klima leben werden?“ fragt Wagenfeld.

Luft als strukturelles Material

Als Architektin mit Schwerpunkt Mathematik hat Jane Burry kein Problem damit, hochkonzeptionelle Arbeiten zu einer unsichtbaren Substanz zu kuratieren. „Luft ist ein strukturelles Material“, erklärt sie. „Bei der Gestaltung von Gebäuden, die Umweltaspekte außer Acht lassen, laufen wir Gefahr, Kenntnisse über den Bau von Strukturen zu vergessen, die für Temperatur- und Klimaveränderungen empfänglich sind. Wir bauen nach dem Entwurf eines Gebäudes Heizungen und Klimaanlagen ein, die Unmengen an Energie verbrauchen, statt seine Lage und die Realitäten des jeweiligen Klimas zu berücksichtigen.“
Dynamics of Air© RMIT
Malte Wagenfeld, Enkel des deutschen Bauhausdesigners Wilhelm Wagenfeld, kam als Kind aus Deutschland nach Australien und hebt die passiven Kühlsysteme der traditionellen ‚Queenslander‘ – auf Stelzen konstruierte und gut belüftete Häuser – als herausragende Beispiele dafür hervor, wie man im Hinblick auf Ventilation und die Realitäten der jeweiligen Umgebung baut. „Wenn wir den Designtraditionen von passivem Kühlen und Heizen den Rücken zukehren und uns vom Außenklima abschotten, kehren wir auch einer Reduzierung unseres Energie- und Ressourcenbedarfs ganz allgemein den Rücken zu, und das wiederum hat Folgen für die Umwelt“, erklärt er. Wagenfeld hat kürzlich seine Doktorarbeit fertig gestellt, in der er das Erleben atmosphärischer Phänomene wie Geräusche, Licht, Brisen, Luft, Gerüche, Feuchtigkeit und Temperatur studierte und untersuchte, wie eine Rekontextualisierung dieser Faktoren zu neuen Entwürfen für Innenräume führen kann.

„Während sich ein Designer womöglich mehr auf das Objekt selbst konzentriert, das Licht produziert oder Luft bewegt, bin ich eher daran interessiert, die Qualitäten von Luft und Licht an sich zu gestalten. Statt also zum Beispiel einen Ventilator zu entwerfen, interessieren mich eher die Luft und wie sich Veränderungen in Ventilation und Temperatur auf unsere Interaktion mit Räumen auswirken.“

Räume haben ein Eigenleben

Burry erläutert, dass Räume – unsere Umgebung, wenn wir am Schreibtisch sitzen, auf der Couch fläzen oder im Bett liegen – ein Eigenleben haben. Wir nehmen es vielleicht nicht wahr, aber diese Räume sind komplexe Ökosysteme. Man denke nur an das feuchtwarme, dampfige Badezimmer nach einer heißen Dusche, in dem man die Kondensation vom Spiegel wischen muss, oder wie unser warmer Atem an einem Wintermorgen sichtbar als Dampf entweicht. „Wir alle sind Luftbewohner und Luftmacher“, erklärt Burry. „Jeder von uns hat eine Auswirkung auf die Umwelt, einfach nur dadurch, dass er atmet.“

Wie nun wollen die Kuratoren eine Ausstellung über Luft präsentieren, ein Element, das uns zwar umgibt, das wir aber nicht sehen können? Wagenfeld zufolge werden die Besucher in der Lage sein, verschiedene Umgebungen zu ‚spüren‘ und zu erleben, wie sich Städte durch den Klimawandel aufheizen. Sie können sich zudem selbst einem momentanen ‚Thermoschock‘ aussetzen, indem sie sich von klimatisierten in heiße Umgebungen begeben.
Dynamics of Air© RMIT
„Die Ausstellung wird es Besuchern ermöglichen, sich mit der Schnittstelle von Luft, gelebtem Raum und Architektur zu beschäftigen. Sie können sich durch erlebbare Umgebungen und Atmosphären bewegen und mit aufblasbaren Strukturen und Mikroturbulenzen interagieren“, erläutert er.
Das Unsichtbare für das Publikum anschaulich zu machen, soll durch Arbeiten erreicht werden, die die Besucher mithilfe von Augmented Reality ihre Umgebung spüren und wahrnehmen lassen. „Das Ziel der Ausstellung ist es, daraus ein kleines Abenteuer zu machen, eine interaktive Erfahrung, die hoffentlich auch mit ein paar Überraschungen für das Publikum aufwarten wird“, erklärt Burry.

„Die Ausstellungsumgebung bietet die Chance, Menschen durch eigene Erfahrungswerte ein Aha-Erlebnis zu verschaffen. Wir möchten, dass das Publikum am Ende anders über die Luft und unseren Einfluss auf die Umwelt nachdenkt, in der wir leben.“

PROF. JANE BURRY ist Dekanin der Prof. Jane Burry School of Design an der Fakultät für Gesundheit, Kunst und Design der Swinburne University of Technology, und war davor Professorin und Direktorin des Spatial Information Architecture Laboratory (SIAL) an der RMIT University. Burrys Forschung konzentriert sich auf Mathematik und Informatik im zeitgenössischen Design. Sie hat international praktiziert, unterrichtet, betreut und geforscht, darunter auch im Rahmen zahlreicher Architekturprojekte.

DR. MALTE WAGENFELD ist Dozent für Industrial Design Dr Malte Wagenfeld an der RMIT University sowie Forscher und praktizierender Industriedesigner, dessen explorative Entwürfe und Texte international ausgestellt, in Umlauf gebracht und publiziert wurden. Neben dem Design von Möbeln, Produkten und Haushaltsgeräten untersucht er auch die Gestaltung des ‚Immateriellen‘, wie zum Beispiel dem Raumklima. Sein Ziel ist es, gesündere räumliche Umgebungen für ein entspanntes, produktives und umweltgerechtes Umfeld zu schaffen.

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