Street Artist Mandy Schöne-Salter
„Es gibt kein Richtig oder Falsch in der Kunst“
Fotografie, Paste-Ups, Graffiti. Die Straßenkünstlerin Mandy Schöne-Salter bringt seit nun etwa fünf Jahren Farbe auf deutsche und australische Wände. Mandy ist der Liebe wegen nach Australien gekommen und jetzt, 15 Jahre später, lebt sie mit ihrer Familie in den Blue Mountains. Sowohl in der deutschen als auch in der australischen Street Art Szene aktiv, gestaltete sie unter anderem eine Litfaßsäule in Nürnberg und ein Wandbild für den Avalon Art Carnival. Neben der Straßenkunst führt sie in beiden Ländern Street Art Workshops durch. Für ihr nächstes Projekt ist sie in West New South Wales (NSW) unterwegs, wo sie eine Wand für den Broken Hill Arts Exchange gestaltet.
„Ich habe ab und zu große Sehnsucht nach Deutschland und daher bedeutet es mir sehr viel auch dort an Projekten zu arbeiten, eben um die Verbindung aufrecht zu erhalten“, erzählt Mandy. Ihr Pseudonym MAN.DE, unter dem sie seit 2013 arbeitet, greift diesen Wunsch nach einer andauernden Verbindung zu Deutschland auf. „Ich wollte einen Namen haben, der Mandy ergibt, aber auch eine visuelle Verbindung zu Deutschland herstellt“, stellt sie schmunzelnd fest.
Der Weg zur Kunst
Die deutsch-australische Street Art Künstlerin Mandy Schöne-Salter (2015) | © Sabine Scholz-Hinton Mandy geht in jeder ihrer Kunstformen auf. „Fotografie war mein erstes Medium mit dem ich gearbeitet habe und es wird daher immer in meine Arbeiten mit einfließen. Ich liebe die Paste-Ups, weil sie vergänglich sind. Außerdem passen sie sehr gut in den urbanen Kontext und den schnellen Umschwung, der in Städten herrscht. Die Wandbilder sind eine größere Herausforderung für mich, weil mehrere Elemente mit einfließen“, so Mandy. So versteht sie also nicht nur den Umgang mit der Spraydose, sondern nutzt auch ihr Talent in der Fotografie, um den urbanen Raum zu gestalten.Es begann alles mit einer Jugendliebe zu einem Straßenkünstler. Mandy interessierte sich schon in den frühen 1990er Jahren für Graffiti und Straßenkunst. Damals war ihr erster Freund in der Graffitiszene aktiv, und von da an wuchs die Faszination für urbane Kunst: „Mittlerweile kann ich mir nicht mehr vorstellen etwas anderes machen.“ Das war aber nicht immer selbstverständlich. Gerade im Berlin der 90er war die oft auf illegale Weise praktizierte Straßenkunst eine Männerdomäne. Und auch heute hat sich in dieser Hinsicht nicht wahnsinnig viel getan: „Ich denke, dass es zu wenige weibliche Vorbilder für junge Frauen gibt, die den Einstieg in diese Kunstszene schaffen möchten. Gerade am Anfang wird man oft zurückgewiesen und da darf man die Motivation nicht verlieren.“
Auch für Mandy war der Weg in die Street Art Szene harte Arbeit. Es ist schwierig für Frauen ernst genommen zu werden. Auch der Street Art Experte und Kunsthistoriker Sebastian Hartmann, der sich seit Jahren mit viel Leidenschaft mit urbaner Kunst beschäftigt, ist ähnlicher Ansicht: „Meine Vermutung ist, dass es sich wie in der Kunst verhält: Das Thema ist von Männern dominiert, aber immer mehr Frauen schaffen sich ihre Position.“ Eine unterstützenswerte Entwicklung, die mehr Vielfalt in den urbanen Raum bringen soll.
Noch gibt es Entwicklungspotential was das Bewusstsein eines männlichen Publikums betrifft. Mandy sieht hier zwei Seiten: „Ich habe schon oft den Gedanken gehabt nie wieder auf der Straße zu arbeiten, aber dann trifft man auch wieder ganz liebe und nette Menschen, die so froh sind, dass etwas Farbe in ihre Nachbarschaft kommt.“
Der deutsche Kunsthistoriker und Street Art Experte Sebastian Hartmann | © Sebastian Hartmann Mandys Kunst steht in gewissem Sinne stellvertretend für ihren eigenen Lebensweg. Als erfolgreiche weibliche Straßenkünstlerin musste sie sich oftmals mit unbequemen Situationen auseinandersetzen, ohne dabei den Glauben an ihre eigenen Fähigkeiten einzubüßen.
So überrascht es wenig, dass ein großes Thema in Mandys Kunst ist, denjenigen eine Stimme zu geben, die diese am meisten brauchen. Viele von Mandys Werke zeigen Kinder in verschiedenen spielerischen Situationen. Laut Hartmann ist es typisch für Künstlerinnen, dass sie Kinder als Motive nutzen, um Geschichten und Botschaften zu transportieren. „Ich habe den Eindruck, dass Street Art von weiblichen Artists oft mit sehr viel Liebe zum Detail entsteht - technisch wie inhaltlich.“, so Hartmann. So sagt auch Mandy, dass jedes ihrer Wandbilder eine Botschaft hat.
Das Wandbild Alice in Dream Land von Mandy Schöne-Salter am Bondi Beach in Sydney zeigt beispielsweise die Fantasiewelt, in die Kinder beim Spielen eintauchen. Sie vergessen die reale Welt um sich herum und erkunden ihre Umwelt mit ganz anderen Augen: „Es ist wichtig für junge Menschen in eine Welt eintauchen zu können, wo Erwachsene keine Regeln aufstellen und wo sie freie Entscheidungen treffen können.“, so Mandy.
‘Alice in Dream Land' (2017) von Mandy Schöne-Salter an den Bondi Walls in Sydney | © Mandy Schöne-Salter
Regel Nummer 1: Folge deiner Intuition
Neben ihrer Straßenkunst gibt Mandy auch Street Art Workshops und partizipiert bei Community Art Projekten. Dabei ermöglicht sie es Kindern und Jugendlichen einen Einblick in die urbane Kunst und die verschiedenen Bereiche der Straßenkunst, wie zum Beispiel Paste-Ups oder Schablonenkunst, zu gewinnen. Für Mandy ist es wichtig, dass die jungen Leute etwas anderes kennenlernen als tagging. Viele Jugendlichen verstehen unter Street Art nur große bunte Schriftzüge. Dabei gibt es laut Mandy so viele kunstvollere Möglichkeiten sich auszudrücken. Diese Möglichkeiten bringt sie den Teenagern in ihren Workshops näher und weckt gleichzeitig deren Kreativität: „Für mich gibt es kein Richtig oder Falsch in der Kunst, jeder kann seiner eigenen Stimme folgen, um einen persönlichen Stil zu entwickeln.“ Auch das vermittelt Mandy mit ihrer Arbeit. Somit steht sie nicht nur für eine Macherin und Künstlerin, sondern auch für einen außergewöhnlichen Charakter, der seiner eigenen Stimme folgt und anderen eine Stimme gibt.Wer Mandys Straßenkunst mit eigenen Augen sehen möchte, findet derzeit auch, neben zahlreichen Werken in Melbourne und Sydney, ein vorübergehendes Wandbild neben den Katoomba Kiosk Artist Studios.
Mandy Schöne-Salter designed and installed a street art mural for a round advertising pole in Nürnberg (Germany) called 'Litfaßsäule'. The mural consists of a two layered stencil as a background pattern and a couple of paste-up photographs on top. | © Mandy Schöne-Salter