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Bicultural Urbanite Brianna
Sind Sie auch ein Sprachnerd?

"Eis & Slush"-Stand auf einem Marktplatz in Deutschland
© Brianna Summers

Das Erlernen einer fremden Sprache eröffnet einem andere Kulturen, ermöglicht bis dato nicht mögliche Beziehungen – und verdoppelt den Wortschatz. Für Sprachnerds wie mich ist die Gelegenheit, mit der Sprache zu spielen, das Faszinierendste an der Zweisprachigkeit. Im Folgenden habe ich einige meiner liebsten englischen/deutschen Lehnworte, Malapropismen und Sprachkonglomerate zusammengestellt.
 

Von Brianna Summers

Mit zwei Sprachen in der Tasche stehen einem doppelt so viele Wörter zur Verfügung, um seine Gefühle und Ideen auszudrücken. Die hinzugekommene Sprache eröffnet einem zudem wahrscheinlich Konzepte, an die man noch nie gedacht hat oder die man zwar immer gespürt hat, aber nie in Worte zu fassen vermochte.

Als in Deutschland lebende Australierin unterhalte ich mich am liebsten mit englischen Muttersprachler*innen, die Deutsch können, und Deutschen, die Englisch sprechen. Diese Begegnungen offenbaren die gesamte Bandbreite der Vorteile eines doppelläufigen Vokabulars, da ich unabhängig von ihrer Herkunft jeweils die Begriffe und Wendungen benutzen kann, die ich als am geeignetsten oder effizientesten empfinde.

Die sich daraus ergebenden Gespräche sind ein Mischmasch aus Mutantensätzen wie „Do you have Feierabend yet?“ (Hast du schon Feierabend?), „Nah, I can’t on Friday, I’m already verabredet“ (Nee, Freitag kann ich nicht, da bin ich schon verabredet) oder „Wir gehen zu einer Comedy-Show“. Das Konzept Feierabend im Sinne von freier Zeit nach der Arbeit gibt es im Englischen so nicht. Verabredet ist eine kurze und knackige Art, auszudrücken, dass man schon mit jemandem etwas ausgemacht hat, ohne dabei ins Detail gehen zu müssen. Und naja, es gibt keine wirklich zufriedenstellende deutsche Art, einen unterhaltsamen Abend zu beschreiben, bei dem Stand-Up-Komiker*innen auftreten.

Auch wenn beide Sprachen über zeitsparende Wörter verfügen, gibt es im Deutschen viele Begriffe für Dinge, für deren Beschreibung englischsprachige Menschen einen ganzen Satz brauchen würden. Es ist definitiv etwas dran an dem alten Witz, dass die Deutschen, egal wie unwahrscheinlich oder bizarr eine Handlung oder eine Idee sein mag, wahrscheinlich ein Wort dafür haben. Das liegt zum Teil daran, dass es einfach ist, neue Komposita zu bilden, die für die perfekte Punktlandung sorgen (auch wenn manche davon recht sperrig sein können – ja, ich meine Dich, liebe „Mietschuldenfreiheitsbescheinigung“). Bicultural Urbanite-Bloggerin Brianna Summers neben einem zugefrorenen See in Berlin Nach meinem Umzug nach Berlin wuchs mein deutsches Vokabular exponentiell an und ich entdeckte die Freuden des Herumspielens mit zwei Sprachen statt nur mit einer | © Brianna Summers

Komm erstmal an: Deutsche Wendungen in Englischen


Eine meiner Lieblingswendungen ist „Komm erstmal an“. Wenn man irgendwo ankommt, ist man von der Reise womöglich aufgewühlt oder müde, hat viele Taschen geschleppt oder mehrere Lagen Winterbekleidung an. Die Person, die dich in Empfang nimmt, sagt dann häufig so etwas wie „Komm erstmal an“. Damit ist gemeint, man solle sich ruhig Zeit lassen damit, erstmal zu sich zu kommen, die Taschen abzustellen, Mantel und Stiefel abzulegen und womöglich auf die Toilette zu gehen. Es würdigt, dass die ankommende Person vielleicht erst einmal einen Moment braucht, um durchzuatmen oder sich die Nase zu putzen, bevor sie Fragen beantworten muss oder in ein tiefes und bedeutsames Gespräch verwickelt wird.

Ebenfalls mit Vergnügen benutze ich „von mir aus“, was effizienter ist als das sperrige englische „from my perspective“ oder „as far as I’m concerned“ – zudem lässt es sich auch im Sinne von „ist mir recht“ oder „wenn du möchtest“ verwenden. Oder wenn jemand einen Flachwitz ablässt, nenne ich die Person gerne Scherzkeks statt „silly sausage“ (wörtlich: „alberne Wurst“). Während diese speziellen Beispiele in der Anglosphäre noch keinen Anklang gefunden haben, gibt es eine ganze Reihe deutscher Wörter, die sich im englischen Wörterbuch dauerhaft häuslich niedergelassen haben. Wer je seine Kinder im kindergarten abgeliefert hat, in den delikatessen gewaltzt ist, um bratwurst zu holen, oder seinen eher kitschigen rucksack mit carabiners und anderer abseiling-Ausrüstung gepackt hat, der ist im Prinzip des Deutschen schon zu etwa 5% mächtig. Nahaufnahme einer deutschen Bratwurst Die gute alte Bratwurst | © Brianna Summers

Too much: EnglisChe Wendungen im Deutschen


Diese Kombimethode funktioniert natürlich in beide Richtungen, sodass ich bei Unterhaltungen auf Deutsch gelegentlich ein englisches Wort hineinknalle, wenn mir das deutsche nicht gleich einfällt. Die Deutschen knallen ebenfalls mit Begeisterung englische Wörter in ihre Sätze, selbst wenn es ein deutsches Äquivalent dafür gibt. Entlehnungen zwischen den beiden Sprachen sind definitiv nichts Neues, ich vermute aber, dass das Internet den jüngsten Anstieg bei den Anglizismen zu verantworten hat. Einige Beispiele, die ich aufgeschnappt habe, sind: „Er ist schon strange“, „Die Hochzeitsdeko war ein bisschen too much“, „Die Story war wirklich far out“ oder „Das Essen hat mir richtig Power gegeben!“

Unter deutschen Sprachpurist*innen wird dieses Phänomen abwertend als Denglisch bezeichnet. Besonders deutlich tritt es in deutschen Büros zutage, wo englische Technikbegriffe und Businessjargon einfach übernommen und Verben in die deutsche Grammatikstruktur hineingezwungen werden. Dateien werden gedownloadet, Leute werden interviewt und nehmen an Meetings teil, bei denen sie multitasken und im Worst-Case-Szenario ihren Computer crashen und es keine Gelegenheit für Learnings gibt. Später, nach der Arbeit, können sie mit ihren Freund*innen relaxen oder ein bisschen shoppen, was sie sehr happy macht.

Ich nehme an, dass es damals, als die französische Sprache de rigueur war, aus der andere Kulturen entlehnten, ebenfalls jede Menge puristischen Gegenwind gab. Deutsch hat im Laufe der Jahrhunderte definitiv seinen Anteil an französischen Wörtern aufgesogen, darunter etwa Chance, Etage, Abonnement, Dusche, amüsant, Jalousie und Portemonnaie. Zwei verschiedene Typen von Beamern Beamer/Projektor (links) und Beamer/BMW (rechts) | Foto: George Rex / Wikimedia Commons

Falsche Freunde und Malapropism


Das Denglisch-Phänomen hat einer ganzen Reihe Falscher Freunde Auftrieb verliehen: Wörtern, die in beiden Sprachen verwendet werden, aber unterschiedliche Dinge bedeuten. Zu den Klassikern in diesem Genre gehören Handy (englisch: „praktisch, handlich“), Bodybag (englisch: „Leichensack“), Beamer (englisch: umgangssprachlich für einen BMW) und Slip (englisch: „ausrutschen“). Auch brauchte ich eine Weile, um zu kapieren, wie die Deutschen das anglisierte Verb checken verwenden. Verwirrenderweise kann es zwar manchmal „to check“, also „überprüfen“ heißen, wird aber häufiger im Sinne von „bemerken“ oder „verstehen“ benutzt. Wenn jemand also beispielsweise sagt „Ich habe ihre neue Frisur nicht gecheckt“ (wörtlich: Ich habe ihre neue Frisur nicht überprüft), dann hat das nichts mit einer Untersuchung auf Läuse zu tun.
 
Ein anderes, echt schräges Beispiel ist der Sonnyboy, der nichts mit Sonny und Cher zu tun hat und auch zum Sunnyboy-Eis am Stiel in keiner Beziehung steht, das früher in australischen Milchbars und Schulkiosken verkauft wurde. Mir begegnete der Begriff zum ersten Mal, als ich in einer WG im Prenzlauer Berg wohnte. Wir machten ein Casting (ein weiteres großartiges Beispiel), um eine*n neue*n Mitbewohner*in zu finden, und interviewten einen charmanten blonden jungen Mann mit strahlendem Lächeln, der vor Selbstbewusstsein nur so strotzte. Nachdem er gegangen war, erklärte einer meiner Mitbewohner abschätzig: „Puh, also ich weiß nicht, das war so’n bisschen ’n Sonnyboy.“

Auch wenn mir denglische Ausdrücke manchmal aufstoßen, finde ich diesen Austausch generell großartig – egal, wie lächerlich einige der Sprachkonglomerate sein mögen. Sprachen wachsen und verändern sich ständig, ob sie nun gesprochen, gedruckt oder auf Twitter getippt werden.

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