Bicultural Urbanite Brianna
Licht aus für den Bicultural-Urbanite-Blog
Nach vier Jahren geht der Bicultural-Urbanite-Blog zu Ende. Ich begab mich auf eine kleine Reise in die Vergangenheit, um zu sehen, was ich unterwegs gelernt habe, und reflektiere über den Einfluss australischer Expats in Berlin.
Von Brianna Summers
Das Bicultural Urbanite Projekt war die Idee der ehemaligen Onlineredakteurin des Goethe-Instituts, Sabine Scholz-Hinton. Der Blog sollte aus der Perspektive australischer Expats Momentaufnahmen des Lebens in der deutschen Hauptstadt liefern. Dies gab mir und meinem ehemaligen Mitblogger Luke Troynar freie Hand, uns mit so gut wie jedem Thema zu beschäftigen, das unser Interesse weckte. Und so wurde der Blog zu einer eklektischen Wundertüte aus persönlichen Einsichten, Pseudojournalismus, Listicles und Geschichten – stets aus australischer Perspektive.
Ich bin eine von Hunderttausenden „Bicultural Urbanites“, die in Berlin leben. Alle sind sie hier. Menschen aus der Türkei, aus Polen, aus Italien, aus Finnland, aus Vietnam... Sogar fast 4000 Australier* innen leben heute an diesem kosmopolitischen Hotspot. Meine Erfahrungen sind nicht einzigartig und ich bin definitiv nicht die Einzige, die über das Leben in Berlin bloggt. In der Tat macht eine Fülle von Gemeinplätzen die Runde. Wie oft haben wir schon von den unschlagbaren Clubs der Stadt und der „Erlaubt ist, was gefällt“-Atmosphäre gelesen, dem günstigen Bier und den bezahlbaren Wohnungen, von denen Startups und kreative junge Ausländer*innen angezogen werden wie Motten vom Licht? Mein Ziel war es, diesen abgedroschenen Themen nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen.
Stattdessen schrieb ich über Großereignisse und bedeutende Ausstellungen ebenso wie über alltägliche Frustrationen wie das Kafkaeske Postwesen oder die amüsante Banalität einer Eigentümerversammlung. Daneben frönte ich meiner Faszination für die kulturellen und linguistischen Unterschiede zwischen Deutschland und Australien. Im Grunde genommen sind wir ja ziemlich ähnlich: zwei westliche Demokratien, die mit Begeisterung grillen. Dennoch gibt es zahlreiche feine Unterschiede, die zutage treten, wenn man hier unter den Einheimischen auf ihrem angestammten Terrain lebt.
Eine bikulturelle Existenz
Ich halte mich für gut integriert, aber ich weiß auch, dass ich nie voll als Deutsche durchgehen oder die Logik hinter so manchem, was die Deutschen sagen und tun, durchschauen werde. Warum ist deutscher Kundenservice inexistent? Warum bedeutet mit „Danke“ zu antworten, dass man keinen Kuchen möchte? Warum fällt es den Deutschen so schwer, in Bezug auf Regeln auch mal ein Auge zuzudrücken?
Ich habe hart daran gearbeitet, derlei Dinge zu verstehen. Ich habe Deutsch gelernt, mich mit der Saunakultur beschäftigt und sogar versucht, dem Fußball etwas abzugewinnen. Ich verstehe vollkommen, warum die Deutschen Weihnachten lieben, werde aber nie ihre irrationale Angst vor Zugluft begreifen. Ihr weitgehend vernünftiger Umgang mit Alkohol beeindruckt mich nach wie vor und ist ziemlich sicher gesünder als die Art, wie viele Australier*innen dem Fusel zusprechen. Außerhalb der Berliner Blase habe ich das Land erkundet, Biosphärenreservate wie den Spreewald besucht, Tagesausflüge nach Brandenburg unternommen und während der Pandemie Fahrradurlaub in Bayern gemacht. Die Kehrseite dieser bikulturellen Existenz ist der Einfluss, den Immigrant*innen auf ihre neue Heimat haben. Der australische (ok, Anglo-) Einfluss auf Berlin hat in meinen 15 Jahren hier definitiv zugenommen. Ich habe die Ankunft des Flat White und des Meat Pies erlebt, den Aufstieg der Stand-Up-Comedy-Szene, Berlins erstes (und einziges) Netball-Team und den Start des australischen und neuseeländischen Filmfestivals Down Under Berlin. Australier*innen zeigen Urlaubsgästen als Tourguides stolz ihre neue Wahlheimat und wir schmuggeln Vegemite ins Land. Ich glaube nicht, dass wir beim Karneval der Kulturen schon unseren eigenen Wagen haben, aber das ist sicher nur eine Frage der Zeit.
Thank You, Danke Schön und Auf Wiedersehen
Im Lauf der Jahre wurden Luke und ich von einer Reihe von Gastblogger*innen unterstützt, darunter in Berlin lebende australische Wissenschaftler*innen und Literatur-, Medien- und Kunstschaffende. Ich möchte allen danken, die zum Blog beigetragen haben, insbesondere Sabine für das ursprüngliche Konzept und dem jetzigen Onlineredakteur André Leslie für sein wertvolles Feedback und seine Unterstützung.
Die Zeit ist gekommen, Auf Wiedersehen zu sagen. Aber Sie können sicher sein, dass es noch viele weitere australische Geschichten aus Berlin geben wird – online und in der Musik, in der Kunst, im Kino und in der Literatur. Genau wie die unzähligen anderen Ausländer*innen, die hier ein Zuhause gefunden haben, denke ich, dass auch die Australier*innen Berlin erhalten bleiben werden.