Berlinale-Blogger*innen 2024 Die Entstehung von 'Exergue – On Documenta 14'
In einem Zufallstreffen in Thessaloniki wurde Regisseur Dimitris Athiridis von der Idee, die Documenta 14 zu begleiten, ergriffen. Ein Treffen, das nicht nur den Beginn eines Films markierte, sondern auch einen einzigartigen Einblick in die Welt der modernen Kunst bot.
Von Sofia Kleftaki
Griechenland befand sich 2015 mitten in einer Finanzkrise, das Museum für Moderne Kunst in Athen war geschlossen. Adam Szymczyk, der künstlerische Leiter der Documenta 14, hegte den Wunsch, von Athen zu lernen und eine doppelte Documenta in Athen und Kassel zu schaffen. Athen symbolisierte für ihn eine andere Achse Europas, abseits der traditionellen Hauptachse, die von Kassel diktiert wurde.
Die Inspiration zu "Exergue – On Documenta 14" entstand während der 5. Biennale Zeitgenössischer Kunst in Thessaloniki. Marina Fokidi, eine Freundin des Regisseurs und Mitwirkende an der Documenta, lud Dimitris Athiridis ein, sich der Gruppe in einer Taverne anzuschließen. Trotz der angespannten politischen Situation und drückender Hitze entschied sich Athiridis, der Einladung zu folgen und traf auf eine Gruppe von Documenta-Teilnehmern, darunter Adam Szymczyk. Für Athiridis, dessen Filme immer von Charakteren erzählen, war die charismatische Persönlichkeit von Szymczyk ausschlaggebend. Die Idee, nicht nur die Kunstausstellung, sondern auch den Kurator selbst zu porträtieren, nahm Form an. Ohne ein vordefiniertes Drehbuch begann die Dokumentation als Beobachtung und entwickelte im Laufe der Zeit die verschiedenen Erzählstränge.
Die Documenta 14 hatte einen unkonventionellen Ansatz, zwei gleichwertige Ausstellungen an verschiedenen Orten zu schaffen. Der Titel "Learning from Athens" spiegelte die Einladung wider, die Perspektive zu wechseln und voneinander zu lernen. Athiridis strebte ursprünglich einen 2- bis 3-stündigen Film an, doch die Fülle an Material und die Vertiefung in die Welt der Documenta führten zu einem eindrucksvollen 14-Stunden-Epos. Die Dreharbeiten wurden zu einer intensiven Erfahrung. Der Regisseur wurde selbst Mitglied der Documenta-Gruppe und erlebte die Herausforderungen und Diskussionen hautnah mit. Mit 800 Stunden Filmmaterial wollte er nicht nur zeigen, was passiert ist, sondern in den Apparat der Documenta eintauchen. Die Sichtung des Materials beanspruchte viel Zeit, aber das Ergebnis war ein eindringliches Portrait der Kunstausstellung und ihrer Macher. In einer Zeit, in der die menschliche Aufmerksamkeitsspanne oft sehr begrenzt ist, stellte sich die Frage, wie man einen 14-Stunden-Film präsentiert. Die Berlinale schätzte den Film und nahm ihn in die Sektion Berlinale Special auf.
Der Schnitt war ein Abenteuer für Athiridis und sein Team, der schnell feststellte, dass das Material wie ein Generator permanent Geschichten gebärt. Die Beziehung zwischen Athiridis und Szymczyk entwickelte sich über die Jahre zu einer Freundschaft. Die anfängliche Vereinbarung, Adam beim Beobachten zu begleiten, führte zu einem filmischen Porträt, das nicht nur die Documenta, sondern auch die Kunstschaffenden und ihre Geschichten beleuchtet. "Exergue – On Documenta 14" ist nicht nur ein Film über Kunst; es ist eine Reise durch die Gedankenwelt von Kuratoren, Künstlern und die Herausforderungen der Kunst in einer sich wandelnden Welt. Athiridis hat nicht nur eine Dokumentation geschaffen, sondern ein Stück Kunstgeschichte eingefangen, das sowohl Kenner als auch Neulinge in die Welt der Documenta eintauchen lässt.