Inspirierende Orte
Berlin
Wenn man mir vor ein paar Wochen erzählt hätte, dass ich mal in der Wartburg singen würde, jenem berühmten Schauplatz der Wagner-Oper „Tannhäuser”, hätte ich wohl nur ungläubig gelacht und das Ganze mit „yeah-nah“ oder einem ähnlichen bei uns in Neuseeland üblichen Ausdruck kommentiert. Aber dann kam der Anruf, der alles verändern sollte …
Ein Liederfestival
Mitte April durfte ich fünf spannende Tage beim Berlin Song Festival 2018 erleben, wo ich mit Caroline Dowdle vom Royal Opera House als Masterclass Artist am Repertoire mitarbeiten durfte.Die Masterclass Artists beim Berlin Song Festival 2018: Hier habe ich tolle neue Freunde gefunden | © Imogen Thirlwall Das Festival fand in den Knutson Studios statt, einem wunderschönen künstlerisch umgebauten Loft, wo auch das Klavier der verstorbenen Lieder-Legende Dietrich Fischer-Dieskau steht. Nicht zuletzt durch diese vielen inspirierenden neuen Eindrücke wurde aus meinem nächsten Auftritt wirklich etwas ganz Besonderes.
Ich hatte nämlich die Ehre, beim ANZAC Day 2018, einem nationalen Gedenktag, auf dem Britischen Friedhof an der Heerstraße in Berlin Grunewald teilnehmen zu dürfen.
Um dem Festakt eine besondere neuseeländische Note zu verleihen, haben wir das Lied „Poppy & Pohutuakwa” gesungen, das von Dave Fiu und Dwayne Bloomfield, Mitgliedern der neuseeländischen Militärband, komponiert wurde.
Ein besonderer Teil des Gedenkgottesdienstes: Die Kranzniederlegung | © Imogen Thirlwall Die Worte des Vietnamveteranen Chris Mullane sind in Bronze im Neuseeland-Denkmal eingraviert. Dieses liegt im Nga Pua Mahara („Die Blüten der Erinnerung“), einem mohnblumenförmigen Garten in der Nähe der belgischen Stadt Passendale, der im Oktober 2017 eröffnet wurde. Mein Gesangsauftritt beim Gottesdienst war eine Erfahrung, die ich wohl nie vergessen werde.
Noch am gleichen Abend erhielt ich einen Anruf vom Meininger Staatstheater, wo ich eine Woche später einen Vertrag unterschrieb.
Ein neues Abenteuer
Das Meininger Staatstheater kann auf eine lange Kulturgeschichte zurückblicken. Unter der Leitung von Herzog Georg dem II. von Sachsen-Meiningen (1826-1914) erlebte das Theater seine Blütezeit. Das Haus gilt als die Wiege moderner Schauspielinszenierungen und Bühnenbildkonzepte, und das hauseigene Orchester wurde schon von Legenden wie Johannes Brahms, Richard Strauss und Max Reger dirigiert.
Die „Theaterstadt”, wie Meiningen stolz genannt wird, liegt im Süden des Bundeslands Thüringen. Das Haus hat vier Spielstätten, beschäftigt über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auf dem Spielplan stehen neben Musiktheater (Oper, Operette, Musical) auch Schauspiel, Konzerte und Figurentheater.
Die Wartburg, Schauplatz der Wagner-Oper „Tannhäuser”, gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO | © Imogen Thirlwall Ich bin nun für den Rest der Spielzeit 2017/18 als Sopran im Chor sowie für einige Solo-Stücke engagiert und freue mich sehr, in den Produktionen „Cosi fan tutte”, „Tosca”, „Carmina Burana”, „Tannhäuser” in der Wartburg sowie in „Evita” und bei der Premiere von „Die Piraten von Penzance” mitwirken zu können.
Stationen einer Reise
Es war schon etwas Besonderes, andere in meinem Blog an meiner Reise teilhaben zu lassen. Vor acht Monaten kam ich in ein Land, dessen Sprache ich kaum beherrschte, und meine Freunde konnte ich hier an einer Hand abzählen. Ob ich es überhaupt schaffen würde, in Europa als Sängerin Fuß zu fassen, stand noch in den Sternen. Und dann kam das erste Engagement an einem Opernhaus, das viel mehr für mich bedeutete, als nur einen Fuß in die Tür zu bekommen: Es ist schließlich der Stoff, aus dem die Träume sind.Ein Stück Heimat: Die Grünflächen im Schlosspark Meiningen | © Imogen Thirlwall