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Technologietrends
Innovationen in der Bibliotheksszene

Technologietrends
Technologietrends | © New Media Consortium

Die Kommission Virtuelle Bibliothek im Bibliotheksverbund Bayern beobachtet die neuesten Trendreports. Dr. Steffen Wawra, Vorsitzender der Kommission und Direktor der Universitätsbibliothek Passau, erklärt, wie sich Bibliotheken auf die Zukunft vorbereiten.

Herr Wawra, der Weltverband der Bibliotheken, die IFLA, veröffentlicht jährlich einen Trendreport. Welche der aktuellen fünf Haupttrends betreffen die Arbeit in wissenschaftlichen Bibliotheken besonders?

Für uns haben vor allem zwei dieser Trends eine große Bedeutung: die Ambivalenz der neuen Technologien und der Primat der Technologie. Die IFLA beschreibt ja globale Trends und sieht, dass mit den neuen Technologien einerseits der Zugriff auf Informationen ansteigt, er andererseits aber für diejenigen eingeschränkt ist, die keinen Zugang zur entsprechenden Technologie haben.

Diese Ambivalenz scheint Europa auf den ersten Blick nicht zu betreffen …

Tatsächlich hat das Thema auch hier eine große Brisanz. Nehmen Sie etwa die Neuordnung der Sondersammelgebiete der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die sich gerade vollzieht. Sie sollen zu Fachinformationsdiensten werden, in denen dem digitalen Content eine zentrale Stellung zukommt. Da muss man sich fragen, ob dann wirklich jede deutsche Hochschulbibliothek Zugriff auf diese Inhalte hat – oder etwa nur die finanziell gut ausgestatteten, die sich dann die Lizenzgebühren für die elektronischen Inhalte leisten können.

Mobile Geräte fordern neue Organisation der Inhalte

Ist die Vorrangstellung der Technologie etwas grundsätzlich Neues?

Ja. Früher hatten wir Bibliotheken einen bestimmten Auftrag und bestimmte Medien – und dazu gab es Technologien, mit denen man auf diese Medien zugreifen konnte. Vor allem durch das Aufkommen der mobilen Geräte scheint sich dieses Gefüge zu drehen. Ein Tablet ist deutlich mehr als ein Instrument, mit dem wir auf unsere Medien zugreifen. Mobile Apps ermöglichen die Aneignung von Wissen in einer ganz anderen Weise als bisher. Denken Sie etwa an das Teilen von Inhalten in Sozialen Netzen. Wir müssen also sehr genau überlegen, wie wir unsere Inhalte in Zukunft rüberbringen.

Der Horizon Report sagt voraus, welche aufkommenden Technologien wann im akademischen Bildungsbereich ankommen. Im Report von 2013 gehört Tablet Computing zu den sechs Schlüsseltrends.

Ja, da heißt es, dass sich das Tablet Computing in einem Jahr oder weniger flächendeckend durchgesetzt haben wird. Das bedeutet für uns, dass wir mit unseren mobilen Anwendungen weiter vorankommen – und eventuell dort auch umdenken – müssen: Es geht nicht nur darum, unsere Websites und Kataloge auf das Smartphone zu bringen; wir müssen den Zugriff auf unsere Dienste in Bezug auf die Möglichkeiten der mobilen Geräte überdenken und den Nutzergewohnheiten entgegenkommen. Das darf dann nicht wie eine Datenbankoberfläche aussehen, sondern muss schon irgendwie Google-like sein. Wir müssen schauen, dass wir nicht zu den Dinosauriern werden, die ihre großen Systeme immer mehr vervollkommnen, während um uns herum ganz schlanke, benutzerfreundliche Elemente wachsen.

Nutzerspezifische Angebote durch Learning Analytics

Der zweite Trend, der laut Horizon Report sehr bald in allen Hochschulen ankommt, sind Massively Open Online Courses, kurz MOOCs.

Ja, mit diesen Online-Kursen, an denen Tausende von Studierenden teilnehmen können, bekommt das, was wir heute als digitalen Semesterapparat betreiben, einen ganz anderen Stellenwert. Und dann sind wir wieder bei der Frage, wie demokratisch wir hier den Zugriff regeln können.

Als weiteres Thema, das in zwei bis drei Jahren akut wird, nennt der Horizon Report „Learning Analytics. Was verbirgt sich dahinter?

Learning Analytics ist die Anwendung von Big Data im Bildungsbereich. Big Data sind alle Informationen, aus denen man etwa in der kommerziellen Welt das Konsumentenverhalten ableitet. Dazu werden Web-Tracking-Tools entwickelt, die dann Hinweise der Art „Das könnte Sie auch interessieren“ generieren. Learning Analytics ist für uns ein Weg, Informationen zum Umgang Studierender mit Online-Texten und Kursmaterialien zu erhalten. Und letztlich kann man solche spezifischen Daten nutzen, um Lehrmethoden zu verbessern.

Darüber hinaus lässt sich Learning Analytics auf das semantische Web für das Bibliothekswesen anwenden. An der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) ist deshalb das Projekt SLUBsemantics gestartet, eine multilinguale semantische Katalogsuche. Bislang betreiben wir großen Aufwand mit der Sacherschließung unserer Bestände. Die heutigen Studierenden suchen aber nicht mehr mit Hilfe dieser Klassifikationen; sie leben im Zeitalter des semantischen Webs. Und da müssen wir auch hin.

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