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Eltern und Leseförderung
Komm, mein Kind, ich les’ mit dir!

Kinder und Vorleser
Kinder und Vorleser | Foto (Ausschnitt): © Colourbox

Es ist gut für Kinder, wenn sie viel und gerne lesen. Aber wie bringt man sie dazu, dass sie das tun? Und: Können Eltern da etwas bewirken? Eine Bestandsaufnahme.

Lesen ist gut für Kinder, da sind sich die Pädagogen weitgehend einig. Kinder, die schon im Grundschulalter voller Begeisterung einen Roman nach dem anderen verschlingen, vielleicht sogar von den Geschichten erzählen, diese weiterspinnen, Fortsetzungen und eigene Werke schreiben, beschäftigen sich mit Themen, die in ihrem Alltag vielleicht nicht vorkommen. Sie entwickeln dabei stetig ihre sprachlichen Kompetenzen weiter.

Lesende Kinder nutzen ihre Vorstellungskraft, setzen sich in die Protagonisten der Geschichten hinein und lernen im Idealfall, wie Menschen miteinander umgehen und Konflikte lösen können. Das Interesse und die Fähigkeiten dazu sind den Kindern aber nicht in die Wiege gelegt: Sie müssen geweckt und gefördert werden. Und dabei spielen nicht nur Erzieher und Lehrer, sondern vor allem die eigenen Eltern eine wichtige Rolle.

Lesende Begleiter

Eltern gelten als erster und wichtigster Berührungspunkt zum Lesen überhaupt, denn sie stehen vom ersten Lebenstag an in Kontakt mit ihren Kindern und sind bis zum Jugendalter hinein ihre wichtigsten Vorbilder.

„Das Modellverhalten der Eltern gilt in der Psychologie als der größte Einflussfaktor auf das eigene Verhalten“, meint Peter May vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hamburg. „Wenn Eltern also selbst Bücher oder Zeitschriften in die Hand nehmen und den Kindern zeigen, dass das Lesen eine Bedeutung für sie hat, dann werden die Kinder neugierig darauf.“

Und weil Bildung nicht erst mit dem Eintritt in die Schule oder Kindergarten, sondern mit der Geburt beginnt, können Eltern von Anfang an die Grundlagen für die spätere Leselust legen. Ideal ist, wenn sie voller Begeisterung mit ihnen sprechen und lachen, Fingerspiele machen und Kinderlieder singen, die ersten Bücher erkunden und Bibliotheken besuchen. Das gemeinsame Betrachten von Bilderbüchern und das Vorlesen sind für May „lustvolle Formen der Interaktion, die den Kindern zeigen: Bücher sind wichtig für mich, denn sie bereiten mir gemeinsam mit meinen Eltern, vielleicht auch meinen Großeltern und Geschwistern Freude.“

Besser Vorbild sein

Doch die Realität zeigt, dass ein solches Verhältnis zum Lesen in deutschen Familien keinesfalls selbstverständlich ist. Erzieher und Lehrer klagen stattdessen über Kinder, die sich überhaupt nicht für Bücher interessieren und sich bestenfalls widerwillig und mit großen Mühen die Pflichtlektüre für den Deutschunterricht zu Gemüte führen, danach aber lieber den Fernseher einschalten oder sich an den Computer setzen, um Spiele zu zocken.

Die erste Vorlesestudie der Stiftung Lesen kam 2007 zu dem Ergebnis, dass 42 Prozent aller Eltern ihren Kindern im Vorschulalter nicht oder nur gelegentlich vorlesen. Und auch die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) aus dem Jahr 2006 hat gezeigt, dass das elterliche Unterstützungspotenzial für die Leseleistungen der Kinder in Deutschland noch entwicklungsfähig ist.

Was Eltern brauchen, um Kindern zu helfen

„Es gibt viele Gründe, warum Eltern ihren Kindern nicht vorlesen: Sie lesen selbst nicht, haben keine Freude am Vorlesen oder sehen keinen Sinn darin. Manche haben keine Muße dafür, weil sie sich im Alltag gestresst fühlen“, meint Karin Kotsch, die schon in vielen Ländern der Welt Fortbildungen und Workshops zum Thema Vorlesen und Leseförderung durchführt hat. Andere haben einfach in ihrer Kindheit nicht erfahren, wie schön es sein kann, eine Geschichte zu hören. Und wieder andere trauen es sich nicht zu, weil sie vielleicht die Erfahrung gemacht haben, dass ihr Kind ihnen sowieso nie zuhört.“

Hinzu kommt, dass viele Eltern in der eigenen Schulzeit beim Lesen frustrierende Niederlagen erlebt haben und dass einige bis heute selbst nicht richtig lesen können. Denn immerhin jeder siebte Erwachsene in Deutschland gilt als funktionaler Analphabet, kann also keine längeren Texte verstehen oder schreiben.

Vielfache Angebote

Kindertagesstätten, Schulen, Bibliotheken und andere Institutionen haben diese Probleme erkannt und koppeln inzwischen die Leseförderung und die Elternarbeit auf unterschiedlichste Art und Weise. Für Mütter und Väter, die selbst Schwierigkeiten mit dem Lesen haben, wurden spezielle Alphabetisierungskurse eingerichtet und Möglichkeiten gesucht, wie sie ihre Kinder auch trotz Leseschwäche begleiten und unterstützen können.

„Wenn Kinder zum Beispiel Theaterstücke oder Hörspiele zu einem Buch entwickeln, können sie das den Eltern in der Schule vorführen“, meint etwa der Sprach- und Literaturdidaktiker Sven Nickel von der Universität Bremen. „Auch Eltern, die selbst negative Schulerfahrungen haben und die Schulen ihrer Kinder in vielen Fällen meiden, kommen zu solchen Gelegenheiten gerne.“

In Lesungen haben Eltern die Möglichkeit, ihre eigene Begeisterung für Geschichten neu- oder wiederzuentdecken. Und auf Fortbildungen und Informationsveranstaltungen können sie sich darüber informieren, warum Vorlesen überhaupt sinnvoll ist, welche Bücher sich für welches Alter eignen und wie man die Kinder fürs Zuhören begeistert.

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