„Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen“
Interkulturelle Kompetenzen im Unterricht

Interkulturelle und mehrsprachige Kompetenzen im Unterricht aufbauen Interkulturelle und mehrsprachige Kompetenzen im Unterricht aufbauen | © Goethe-Institut/Sonja Tobias

Der „Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen“ (REPA) ist ein Instrument zur Beschreibung interkultureller und mehrsprachiger Kompetenzen, die auch im DaF-Unterricht aufgebaut werden sollen.

Spätestens seit der Europarat einen Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GeR) veröffentlicht hat, gehört die Förderung interkultureller und mehrsprachiger Kompetenzen zu den Zielen der europäischen Bildungspolitik. Zwar liefert der GeR eine grundlegende Definition für sprachen-und kulturenübergreifende Kompetenzen. Doch er beschreibt nur vage, wie sich diese Kompetenzen zusammensetzen und wie sie im Unterricht aufgebaut werden können.

Im GeR werden Kompetenzen und Erfahrungen der Lernenden rein additiv und getrennt voneinander behandelt. Die Förderung von Reflexions- und Sprachlernkompetenz kommt dabei aber meistens zu kurz. Diese Lücke will der 2007 erstmals vom Europäischen Fremdsprachenzentrum des Europarats in Graz herausgegebene Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (REPA) füllen, der von „pluralen Ansätzen“ ausgeht.

SPRACHLICHE UND KULTURELLE VIELFALT MIT EINBZIEHEN

„Plurale Ansätze“ sind Lehr- und Lernverfahren, die zugleich mehrere Sprachen oder mehrere sprachliche Varietäten und Kulturen mit einbeziehen (vgl. Candelier et al. 2007, 2012) und an einem übergreifenden Kompetenzbegriff orientiert sind, wie er im GeR verstanden wird. Hier wird mehrsprachige und plurikulturelle Kompetenz als Kompetenz definiert, „die das ganze Spektrum der einem Menschen zur Verfügung stehenden Sprachen umfasst“ (Europarat 2001: 163). Dazu zählen stärker an der Sprache ausgerichteten Ansätze, aber auch das „interkulturelle Lernen“.

Beim interkulturellen Lernen werden unterschiedliche, dem Lernenden mehr oder weniger vertraute kulturelle Phänomene in einer Unterrichtseinheit thematisiert, reflektiert sowie verglichen. Dadurch wird nicht nur kulturelles Wissen vermittelt oder Handlungskompetenz entwickelt: Der Unterreicht thematisiert auch Einstellungen, Überzeugungen und Wertvorstellungen. Diese können Dimensionen wie z.B. Akzeptanz, Aufgeschlossenheit, Bereitschaft zum kulturellen Perspektivenwechsel, kritische Hinterfragung, Neugier, Reflexion, Sensibilisierung usw. umfassen.

KOMPETENZEN UND RESSOURCEN

Der REPA definiert Kompetenz als Ergebnis eines Zusammenspiels von Elementen aus den Bereichen „Wissen“, „Einstellungen und Haltungen“ sowie „Fertigkeiten“ (vgl. auch Weinert 2001). Diese Elemente werden als „Ressourcen“ bezeichnet, die im REPA in Form von Deskriptoren beschrieben werden. So bietet der REPA eine systematische Darstellung von Ressourcen, die zur Konkretisierung interkultureller und mehrsprachiger Kompetenzen beitragen. Kompetenzen hingegen sind mit komplexen Aufgaben und konkreten Situationen verknüpft.

Um diese komplexen Aufgaben meistern zu können, sollte der Lernende über ein Repertoire an individuellen (internen) Ressourcen verfügen und gleichzeitig über die Fähigkeit, diese sowie gegebenenfalls auch externe Ressourcen entsprechend der jeweiligen Aufgabe zu aktivieren. Kompetenz ist das Ergebnis der Mobilisierung verschiedener Ressourcen, die im Unterricht durch den Einsatz angemessener Materialien und Aufgaben aufgebaut und gefördert werden können.
Die Abbildung zeigt das Verhältnis zwischen Kompetenzen und Ressourcen Die Abbildung zeigt das Verhältnis zwischen Kompetenzen und Ressourcen | © Michel Candelier / Europäisches Fremdsprachenzentrum des Europarats

INTERKULTURELLE KOMPETENZEN IM REPA

Alle im REPA auf kulturelle Aspekte bezogenen Ressourcen sind mehrheitlich inter- bzw. plurikulturell ausgerichtet und in den Bereichen „Wissen“, „Einstellungen und Haltungen“ sowie „Fertigkeiten“ verortet. Dabei decken sie mehrere Dimensionen des interkulturellen Lernens ab. Sie nehmen entweder auf allgemeine kulturelle Erscheinungen Bezug, auf vergleichende Aspekte von Kulturen oder auch auf das interkulturelle Handeln.

Diese Dimensionen werden im Bereich „Wissen“ (K) unter anderem durch folgende Deskriptoren erfasst:
Wissen, dass Kulturen zumindest teilweise die Wahrnehmung, Weltsicht oder Gedanken ihrer Teilhaber bestimmen oder ordnen (vgl. K8.6), Kenntnis einiger eigenkultureller Besonderheiten in Bezug auf bestimmte soziale Praxen oder Bräuche anderer Kulturen (vgl. K 8.7.2) oder auch Wissen, dass die Interpretation, die andere über unsere Verhaltensweisen anstellen, sich von unserer eigenen unterscheiden kann (K 10.5).

In den Bereichen von „Einstellungen und Haltungen“ (A) und auch von „Fertigkeiten“ (S) beziehen sich die Deskriptoren etwa auf die Sensibilität für die Komplexität oder die Vielfalt der Beziehungen, die jeder einzelne zu Sprache(n) oder Kultur(en) hat (A16.1). Sie umfassen unter anderem auch die Fertigkeit, kulturelle Phänomene vergleichen zu können (vgl. S3).

An anderen Deskriptoren in den Bereichen „Wissen“ und „Fertigkeiten“ wird die besondere Bedeutung der Vernetzung von Sprachen und Kulturen sichtbar. Dort geht es beispielsweise darum, Missverständnisse aufzudecken und über sie sprechen zu können (S4.2) oder die Bedeutung der Gesellschaft für das Funktionieren von Sprachen sowie – umgekehrt – die Bedeutung von Sprachen für das Funktionieren der Gesellschaft zu kennen (K2).

WER KANN DEN REPA NUTZEN?

Der REPA richtet sich an mehrere Zielgruppen, denen er je nach Bedarf auch den Zugriff auf unterschiedliche Instrumente ermöglicht. In erster Linie sind dies Lehrwerkautoren, Bildungsverantwortliche und Curriculumsentwickler sowie Lehrende.

Bei der Entwicklung von Curricula können allgemeine Prinzipien, die auf dem Kompetenzbegriff des REPA basieren, richtungsweisend sein. Hierzu gehört
  • ein integrativer Umgang mit Sprachen und Kulturen unter Berücksichtigung der gesamten sprachlichen und kulturellen Ressourcen der Lernenden
  • die Entwicklung von Strategien zum reflexiven Umgang mit Sprachen und Kulturen und von Lernkompetenz
  • eine sprachliche und kulturelle Bewusstheit
Bei der konkreten Unterrichtsgestaltung können Lehrende für den DaF-Unterricht aller Altersstufen aus den Deskriptoren zunächst Unterrichtsziele ableiten. Passende Unterrichtsmaterialien finden sich in der REPA-Datenbank, wo sie ausgewählt und gegebenenfalls an den eigenen Kontext angepasst werden können. Darüber hinaus können die Deskriptoren helfen, vorhandene Unterrichtsmaterialien zu analysieren oder weiterzuentwickeln sowie neue Aufgaben zu gestalten. In den Bereichen Interkulturalität sowie auch Mehrsprachigkeit sind also durchaus mehrere Formen der Arbeit mit dem REPA denkbar.
 
Video: Praktischer Umgang mit dem REPA sowie Erklärung des Verhältnisses zwischen Kompetenzen und Ressourcen | © Anja Stapel & Anna Schröder-Sura / Justus-Liebig-Universität Gießen
 

Literatur

Candelier, Michel (Coord.), Camilleri Grima, Antoinette, Castellotti, Véronique, de Pietro, Jean-François, Lőrincz, Ildikó, Meißner, Franz-Joseph, Schröder-Sura, Anna, Noguerol Artur & Muriel Molinié): FREPA - A Framework of Reference for Pluralistic Approaches to Languages and Cultures – Competences and Resources. Council of Europe 2012. (Revised version)

Candelier, Michel (Koord.), Camilleri Grima, Antoinette, Castellotti, Véronique, de Pietro, Jean-François, Lőrincz, Ildikó, Meißner, Franz-Joseph, Schröder-Sura, Anna, Noguerol Artur (Unter Mitarbeit von Muriel Molinié): REPA – Ein Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen. Kompetenzen und Ressourcen. 2007. (Die überarbeitete Fassung erscheint).

Europarat: Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Langenscheidt 2001.

Weinert, Franz E.: „Vergleichende Leistungsmessung in Schulen - eine umstrittene Selbstverständlichkeit.“ In: Weinert, F. E. (Hrsg.): Leistungsmessungen in Schulen. Beltz 2001.

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