Dramapädagogische Methoden sind auch in der Fremdsprachendidaktik seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. Warum funktionieren sie und wie lassen sie sich in den Unterricht integrieren? Das können Sie mit den Spielimpulsen auch selbst ausprobieren.
Für die Befürworter von dramapädagogischen Methoden im Fremdsprachenunterricht liegen die Vorteile dieser Arbeitsweise auf der Hand: Handlungsorientiertes und kooperatives Lernen werden gefördert (Birnbaum 2013), die Lernenden entwickeln eigene Strategien, um mit Fehlern umzugehen (Johnstone 2010), ihre Vorstellungskraft wird angeregt, das Gelernte mit Emotionen verknüpft und die kommunikative Kompetenz gesteigert (Haftner & Kuhfuß 2014).
Es gibt verschiedene Ansätze, um mit Theatermethoden im Unterricht zu arbeiten. So können Lernende bereits existierende Bühnenwerke im Sprachunterricht aufarbeiten und eventuell in einer adaptierten Variante aufführen (Birnbaum 2013). Auch können Fremdsprachenlehrkräfte vereinzelte Impulse aus der Theaterpädagogik heranziehen und damit bestimmte Lerninhalte vermitteln, wie zum Beispiel grammatikalische Strukturen oder sprachliche Regeln in Szenen üben (vgl. Kirsch 2013). Außerdem können Lehrende auch auf das Improvisationstheater, bei dem die Lernenden im Moment und ganz spontan eine Szene improvisieren, zurückgreifen (Haftner & Kuhfuß 2014). Allen Ansätzen gemein sind die körperliche Beteiligung und das Spiel mit der Vorstellungskraft. Auf diese Weise werden die fiktiven Situationen zu fast real wirkenden Ereignissen. Gelernt wird in Bewegung, mit dem ganzen Körper und durch die Vorstellung von anderen Sinneseindrücken.
Kleine Szenen können das Sprachenlernen unterstützen. | Foto: © Martin Welker
Einmal nicht ich sein
Theater spielen erlaubt uns, nicht wir selbst sein zu müssen. Die Lernenden nehmen die Fehler, die ein fiktiver Charakter beim Spiel macht, nicht mehr so persönlich. Außerdem ist die Szene selbst viel wichtiger als die kleinen sprachlichen Ungereimtheiten. Die dramapädagogischen Übungen fördern sowohl die Spontaneität als auch die Kreativität der Teilnehmenden. Das Spiel mit einem fiktiven Charakter löst Blockaden beim freien Sprechen und stärkt die Performanz. Im Alltag improvisieren und reagieren wir ständig sprachlich spontan auf unser Umfeld. In vielen der dramapädagogischen Übungen können solche Situationen durch eine fiktive Realität simuliert werden. Das kurze Eintauchen in diese andere Welt ermöglicht den Lernenden genau das Vokabular und die sprachlichen Strukturen zu benutzen, die sie bereits beherrschen. Fehlt ihnen ein Wort, werden sie es aus eigenem Interesse erfragen oder auch selbst suchen. Somit sind die Voraussetzungen für das Lernen aus eigenem Antrieb und die Beteiligung von positiven Emotionen am Lernprozess geschaffen.
Die Vorbereitung ist entscheidend
Besonders wichtig ist es, für die Lernenden einen sicheren Rahmen zu schaffen. Nur wenn sich die Gruppe wohlfühlt, wird die Lehrerin oder der Lehrer die Lernenden zu anfangs manchmal noch ungewohnten Situationen bringen können. Als Lernende mit teils eingeschränkten Sprachkenntnissen wagen sie sich auf unsicheres Terrain. Zusätzlich wird von ihnen verlangt, dass sie mit intimen Dingen wie Emotionen und freier Assoziation spielen sollen. Das Gefühl einer Grundsicherheit schafft die Lehrkraft, indem sie sich auf die gleiche Ebene wie die Lernenden begibt. Sie sollte es selbst nicht scheuen ihrer Gruppe Dinge vorzumachen, die in einem nicht theatralen Rahmen auch „peinlich“ wirken könnten. Dann werden die Lernenden auch den Mut haben dies zu tun und das gemeinsame Spiel kann beginnen. Außerdem müssen sie verstehen, dass Fehler ein ganz wichtiger und unvermeidlicher Schritt im Lernprozess sind, den sie in diesem Rahmen getrost tun können.
Cvičenia, na uvoľnenie tela, sú dôležité. | Foto: © Martin Welker
Aufbau einer Theater-Einheit im DaF-Unterricht
Wie vor einem Wettkampf im Sport ist auch vor komplexeren szenischen Spielen ein Aufwärmen von Körper und Geist in der Gruppe wichtig. Dafür gibt es Übungen und Spiele, die die Gruppe in eine passende Dynamik bringen. Ebenfalls kann eine Vorentlastung oder die Sammlung einiger Wörter für ein unbeschwertes Spiel hilfreich sein. Manchmal kann es auch gut funktionieren, die Stunde bei der Planung von hinten nach vorne zu denken. Wenn der Schluss der Stunde das Spiel „Parkbank“ sein soll, bei dem sich zwei Personen als fiktive Charaktere auf einer Bühne treffen und einen kurzen improvisierten Dialog führen, ist es wichtig, dass die Lernenden vorher Charaktere entwickelt und schon einmal eine Dialogstruktur geübt haben. Generell sollten Theatereinheiten vorher gut geplant, aber später im Unterricht mit der nötigen Flexibilität seitens der Lehrperson durchgeführt werden. Die Lehrkraft kann die sprachlichen Regeln vorher oder nachher vermitteln. Tauchen bestimmte Fehler immer wieder auf, kann sie sich auch Notizen während der Einheit machen und am Schluss genauer darauf eingehen. Bestimmte neue Vokabeln, die spontan aus dem Arbeitsfluss entstehen, können für alle sichtbar notiert werden. Wichtig ist, das Spiel nie länger als nötig aufzuhalten.
Downloads
Hier finden Sie dramapädagogische Spielimpulse für Ihren Unterricht:
Literatur
Birnbaum, Theresa (2013): Die Rolle von kooperativem Lernen und Dramapädagogik in Bezug auf das fremdsprachliche Handeln – Aktionsforschung zum DaF-Theaterprojekt Entre bastidores mit den Physikern an der Universidad de Salamanca. In: Scenario Journal 7. Jg., H. 1, S. 40-59.
Haftner, Magdalena /Kuhfuß, Anne-Marie (2014): Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich Deutsch spreche – Wie die theatrale Erfahrung des Improvisationstheaters freies und authentisches Sprechen erlebbar macht und die kommunikative Kompetenz fördert. In: Bernstein, Nils/ Lerchner, Charlotte (Hg.): Ästhetisches Lernen im DaF-/DaZ-Unterricht. Literatur – Theater – Bildende Kunst – Musik – Film. Göttingen: Universitätsverlag Göttingen, S. 217-233.
Johnstone, Keith (2010): Improvisation und Theater. Berlin: Alexander Verlag.
Kirsch, Dieter (2013): Szenisches Lernen. Theaterarbeit im DaF-Unterricht. Ismaning: Hueber Verlag.