Unterricht in Konferenztools ist als synchrones Online-Element in Blended Learning Kursen oder als reiner Online-Live-Unterricht mittlerweile fester Bestandteil des Portfolios von Sprachschulen und Goethe-Instituten und ermöglicht nachhaltiges gemeinsames Lernen – wenn er eine Reihe von Merkmalen aufweist. Welche das sein können, zeigen wir in unserem Praxistipp.
Sozial miteinander lernen
Erfolgreiches Online-Lernen braucht Verbindlichkeit. Damit Lernende Unterricht in Konferenztools nicht nur als flexibles Angebot wahrnehmen, aus dem man sich nach Zeit und Interesse flexibel bedienen kann, ist es wichtig, dass Lehrkräfte ein Lernsetting schaffen, das es ermöglicht, aktiv von- und miteinander zu lernen. Voraussetzung dafür ist, ein Wir-Gefühl zu initiieren und von Beginn an Aktivitäten mit der Kamera zu etablieren, die die Motivation und Aufmerksamkeit der Lernenden fördern und bei denen die Lernenden untereinander ins Gespräch kommen, Gemeinsamkeiten und Besonderheiten finden und sich als Gruppe wahrnehmen und verstehen lernen. Dies wird mit Kennenlernaktivitäten ermöglicht, bei denen die Lernenden über sich sprechen und einen Einblick in ihr Leben geben. Idealerweise bieten diese Aktivitäten Wahlfreiheit in Bezug auf Inhalt und Bearbeitungsform, so dass die Lernenden sie individuell als relevant und bedeutungsvoll erfahren. Meist können diese Aktivitäten in verschiedenen Arbeitsformen realisiert werden. Bei der Aktivität
„Zeigen Sie uns …“ lässt sich beispielsweise ein Wechsel der Sozialformen umsetzen, indem die Lernenden nach einer kurzen Plenumsrunde, in Konferenzräumen über ihre Gegenstände sprechen.
Kennenlernaktivität „Zeigen Sie uns …“
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Unterrichtseinstieg: Eine positive Lernatmosphäre schaffen
Die Aktivität
„Wo sind Sie im Moment?“, die Lernende über die Chatfunktion aktiviert, kann in einem Kurs wiederholt eingesetzt werden. Die im Beispiel abgebildeten Fragen dienen der Orientierung und helfen dabei, eine Idee davon zu erhalten, unter welchen Bedingungen die anderen Lernenden zu Unterrichtsbeginn zugeschaltet sind und wie ihre Stimmung ist. Es ist sinnvoll, ein bis zwei Reflexionsfragen daran anzuschließen.
Kennenlernaktivität „Wo sind Sie im Moment?“
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Auch die Aktivität „
Wo ist bei Ihnen…?“ ermöglicht ein bewusstes Wahrnehmen der Lernenden und ihrer Stimmungen. Die damit verbundene Bewegung schafft zudem zu Unterrichtsbeginn eine entspannte Atmosphäre. Die Lernenden sehen sich bewusst an, lesen die Namen der anderen und orientieren sich. Die Aktivität kann als Kettenaktivität durchgeführt werden, bei der die Lernenden nach einem einführenden Beispiel durch die Lehrkraft, das Fragen übernehmen.
Kennenlernaktivität „Wo ist bei Ihnen …?“
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Analoge und digitale Möglichkeiten kombinieren
Beim Unterricht in Konferenztools befinden sich Lehrkraft und Lernende physisch an verschiedenen Orten und sind dabei per Audio und Video miteinander verbunden. Dadurch ergeben sich neue Chancen für den Unterricht. Neben den digitalen Instrumenten, die das Konferenztool bietet und zusätzlichen Web 2.0-Tools, kann damit der individuelle persönliche Raum von Lehrkraft und Lernenden miteinbezogen werden, wodurch kreative Lernmöglichkeiten entstehen, die nicht nur alle Sinneskanäle ansprechen, sondern auch Fertigkeiten trainieren, bei denen analoges und digitales Lernen miteinander verschmelzen. Besonders gut gelingt das bei den klassischen Themen der A-Niveaustufe. Durch die Verbindung des digitalen mit dem jeweils individuellen persönlichen Raum lassen sich didaktisch-methodische Unterrichtsprinzipien wie Personalisierung und Lernendenaktivierung realisieren, die gerade auch für den Unterricht in Konferenztools essenziell sind.
Über Kleidung sprechen
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Bei der Aktivität
So viele Sachen in unserem Kleiderschrank zum Beispiel zeigen die Lernenden einander ausgewählte Kleidungsstücke aus ihrem Kleiderschrank und sprechen darüber in Gruppen.
Übung und Aufgabe: personalisiert und handlungsorientiert umsetzen
Wie sich im Unterricht in Konferenztools Übungen und Aufgaben personalisiert und gerade so auch handlungsorientiert gestalten lassen, zeigt folgendes Beispiel zum Thema „Essen und Getränke“:
Lebensmittel benennen
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Die Lernenden notieren zunächst in Einzelarbeit fünf bis sieben Lebensmittel aus ihrer Küche, die bald gegessen werden müssten. Dann gehen sie in ihre Küche und kontrollieren, ob sie die Lebensmittel tatsächlich zu Hause haben. Als Beispiel bringen sie ein Lebensmittel mit, das sie in die Kamera halten und das sie kurz benennen. Anschließend teilt die Lehrkraft die Lerngruppe in Konferenzräume ein und die Gruppen überlegen sich zu ihren Lebensmitteln ein Menü, das aus Vor- und Hauptspeise und Nachtisch besteht. Im Plenum präsentieren sie es kurz. In einer abschließenden Abstimmung, die die Lehrkraft zuvor im Konferenztool oder mit einem Umfragetool angelegt hat, wählen die Lernenden aus, welches Menü ihnen persönlich am meisten zusagt und zu dem sie eingeladen werden möchten.
Ein Menü planen
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Übungen und Aufgabe: erfolgsorientiert gestalten
Gerade im Unterricht in Konferenztools, in dem gegenüber dem Präsenzunterricht die Möglichkeiten der unmittelbaren Unterstützung durch die Lehrkraft eingeschränkter sind, ist das Prinzip der Erfolgsorientierung besonders wichtig. Dieses Prinzip lässt sich bei obigem Beispiel realisieren, indem die Lehrkraft den Lernenden kurze Musterdialoge zum Aushandeln, Wortschatz und Chunks vorgibt, aus denen sich sowohl die schwächeren Lernenden als auch stärkere Lernende nach Bedarf bedienen können.
Interaktionsorientiert üben und handeln
Viele der klassischen Methoden aus dem Unterricht in einem analogen Raum sind auf den Unterricht in einem Konferenztool übertragbar. So können sich die Lernenden in Gruppen in Konferenzräumen Texte diktieren, die sie zu Hause einige Meter vom Computer entfernt auslegen oder in Partnerarbeit Informationen zu unterschiedlichen Arbeitsblättern ergänzen. Dabei setzen sie sich „Rücken an Rücken“.
Partnerdiktat
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In Form eines Speed-Datings sprechen die Lernenden mit wechselnden Partner*innen über Fragen zu einem Thema. Sie werden dazu beispielsweise alle zwei Minuten in einem anderen Raum zu einem/einer anderen Partner*in verschoben. Hierdurch wird ein hoher Grad an Interaktion erreicht.
Speed-Dating
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Nicht zuletzt: analog schreiben
Viele Lernende lernen erfolgreicher, wenn sie Wörter, Sätze und Texte auch analog schreiben und aufschreiben. Auch dies ist in Unterricht in einem Konferenztool möglich. So lassen sich zum Beispiel analoge Hilfsmittel wie Post-its, Stifte, Papier und Hefte einsetzen, um unterschiedliche Lernkanäle und Sinne anzusprechen. Bei der Aktivität
„Ich habe gestern mit meinen Freunden gechattet“ bildet die Lehrkraft Gruppen, die in Konferenzräumen unter sich die Satzelemente eines vorgegebenen Satzes verteilen und pro Lernendem*r ein Element auf eine Karte schreiben. Sie tauschen sich dann zu der richtigen Reihenfolge aus. Zur Ergebnissicherung präsentieren sie ihren Satz im Plenum und halten nacheinander die Satzelemente in die Kamera.
Satzelemente sortieren
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