Qualifizierung von Deutschlehrenden: Aus-, Fort- und Weiterbildung
Entwickeln und vernetzen

Qualifizierung von Deutschlehrenden Qualifizierung von Deutschlehrenden | Illustration: Melih Bilgil

Die Ausbildung zum Beruf der Deutschlehrerin und des Deutschlehrers ist die Basis für eine angemessene Vermittlung von Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache. Wie aber muss eine adäquate Qualifizierung aussehen, um den neuen globalen, aber auch regionalen Herausforderungen begegnen zu können?
 

Von Claudia Riemer

Abstract

Die Deutschlehrerqualifizierung ist ein Spiegelbild der Stellung der deutschen Sprache in den Regionen und Ländern. Dort, wo das fremdsprachliche Schulfach Deutsch an Bedeutung verliert oder gewinnt, hat dies auch Auswirkungen auf die Deutschlehrerausbildung und die Hochschulgermanistik. Die nationalen Bildungssysteme sehen für die Lehrerbildung höchst unterschiedliche Regelungen vor, die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik kann wertvolle Unterstützung bei der Qualifizierung von Deutschlehrenden leisten. Angesichts des rasanten globalen Wandels sind Schlüsselkompetenzen wie Flexibilität, Anpassungsbereitschaft sowie die Befähigung zu lebenslangem Lernen zentrale Qualifizierungsziele von Aus-, Fort- und Weiterbildung, gerade mit Blick auf den Erwerb von Grundlagen der Unterrichtsmethodik und -didaktik sowie deren praxisorientierte Reflexion.

Grundsätzlich ist der Beruf der Deutschlehrerin und des Deutschlehrers ein akademischer Ausbildungsberuf. Dies bedeutet allerdings nicht im Umkehrschluss, dass überall dort, wo Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache unterrichtet wird, nur akademisch qualifizierte Lehrkräfte eingesetzt werden. Dies hat unterschiedliche Ursachen, beispielsweise müssen nur diejenigen DaZ-Lehrkräfte einen Nachweis über eine akademische DaF- und/oder DaZ-Ausbildung erbringen, die in Deutschland in Integrationskursen unterrichten wollen. Liegt diese nicht vor, muss zumindest eine Zusatzqualifikation bei zertifizierten Trägern erworben werden. In anderen Bereichen der Sprachförderung von Migranten fehlen solche qualitätssichernden Verfahren bei der Rekrutierung von Lehrpersonal. Hinzu kommt, dass DaZ-Lehrtätigkeiten häufig im Rahmen prekärer und ungesicherter Arbeitsverhältnisse angesiedelt sind oder sogar ehrenamtlich erfolgen. Die Begriffe „DaZ-Lehrkraft“ oder „DaF-Lehrkraft“ sind in deutschsprachigen Ländern nicht geschützt. Hier und auch in der außerschulischen Bildung im Ausland legen die Träger beziehungsweise die privaten Sprachschulen selbst fest, welche Qualifikationen sie von Lehrkräften verlangen.

Anders ist die Situation bei den staatlichen Schulen und Hochschulen im In- und Ausland. Dort kann nur derjenige Deutsch unterrichten, der die nationalen beziehungsweise regionalen Bestimmungen erfüllt – was hinsichtlich des Umfangs und der Inhalte des Studiums sehr unterschiedlich ist. Dass eine nachgewiesene akademische Qualifikation den Deutschlehrkräften aber nicht notwendigerweise ein gutes Einkommen sichert, ist weltweit leider traurige Realität.

ANGEBOTE BESSER AUFEINANDER ABSTIMMEN

In vielen Ländern steigt die Nachfrage nach gut qualifizierten Deutschlehrenden. Teilweise gibt es bereits Hinweise auf eine dramatisch werdende Unterversorgung – zum Beispiel in Regionen, in denen kurzfristig die Nachfrage nach Deutschangeboten stark gestiegen ist. In anderen Ländern sinkt die Nachfrage; dann geht gleichzeitig die Zahl der Germanistikstudierenden zurück. Wo Deutsch in Schulen von Englisch als „Lingua franca“ oder von regionalen Verkehrssprachen aus dem Katalog der schulischen Fremdsprachen verdrängt wird, hat dies einschneidende Folgen für die DaF-Lehrerausbildung und damit für die Existenz der Hochschulgermanistik. Mitunter wächst in solchen Ländern aber gerade die Nachfrage nach außerschulischem Deutschunterricht, dem dann qualifizierte Lehrkräfte fehlen.

Gleichzeitig gibt es angesichts der neueren Entwicklungen hinsichtlich der Zielgruppen der Deutschlernenden sowie der wissenschaftlichen und didaktisch-medialen Entwicklungen für die Deutschlehrerbildung viel zu tun. Die Erwartungen an das Kompetenzprofil im Berufsfeld Deutsch als Fremd- und Zweitsprache sind gewachsen: Neben Sprach-, Fach-, Didaktik-, Medien- und Landeskundekompetenzen (immer die entsprechenden praktischen Vermittlungskompetenzen mitgedacht) sowie allgemeinpädagogischen Kompetenzen wird von qualifizierten Lehrkräften immer mehr erwartet, dass sie ihre professionsbezogene Reflexions- und Handlungskompetenz stetig weiterentwickeln.

Solche Entwicklungen fordern neue bildungspolitische Konzepte, wie Strukturen der Deutschlehrerausbildung verbessert und gestärkt, aber auch ergänzend zur klassischen Lehrerausbildung Deutschlehrkräfte rekrutiert und qualifiziert werden können. Solche Konzepte müssen überregional flexibel einsetzbar sein und gleichzeitig besonderen regionalen Bedarfslagen gerecht werden können. Sie müssen wissenschaftlichen wie praktischen Anforderungen genügen und (niederschwellig) dort genutzt werden können, wo sie dringend benötigt werden. Deutschlehrerqualifizierung muss angesichts der Schnelllebigkeit von Medien, Lernmöglichkeiten, Bedarfslagen und wissenschaftlichen Entwicklungen stärker laufbahnbegleitend als kontinuierliche Weiterqualifizierung gedacht werden: Aus-, Fort- und Weiterbildung besser aufeinander abzustimmen, ist eine wichtige Entwicklungsaufgabe sowohl für die Hochschulen, als auch für die beteiligten Mittlerorganisationen und weitere Träger von Fort- und Weiterbildung.

AKADEMISCHE DEUTSCHLEHRERAUSBILDUNG VERBESSERN

Seit vielen Jahren ist die akademische Lehrerausbildung in der Diskussion, auch die Deutschlehrerausbildung. Die häufig gestellte Forderung nach einem deutlicheren Berufs- und Praxisbezug mit unterrichtsbezogenen Fragestellungen wurde in den Studiengängen unterschiedlich aufgegriffen: In den Bachelor- und Masterstudiengängen für DaF und DaZ in den deutschsprachigen Ländern wurde der Berufsbezug – auch durch die Bologna-Reform unterstützt – noch einmal deutlich sichtbarer. Fremd- bzw. Zweitsprachendidaktik sind selbstverständlicher Bestandteil der Curricula, ebenso Unterrichtspraktika.

In den Germanistikstudiengängen in nicht deutschsprachigen Ländern hängt der Berufsbezug des Studiums vom Stand der Studienreform sowie von lokalen, regionalen und nationalen Regelungen ab, und auch vom jeweiligen Selbstverständnis der Hochschulgermanistik, die sich nicht immer für praxisorientierte Aufgaben zuständig sieht. Abhängig vom nationalen Bildungssystem ist die Deutschlehrerausbildung in die Hochschulgermanistik integriert oder an eigenen staatlich-akademischen Einrichtungen mit Fremdsprachenabteilungen angesiedelt. Entsprechend heterogen sind die Curricula. Sie haben in der Regel einen Kern, der in der Literatur-, Kultur- und Sprachwissenschaft sowie (je nach gefordertem sprachlichen Eingangsniveau) beim Erwerb und Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse liegt. Hinsichtlich der fachlichen Profilierung, Praxisorientierung und Berufsfeldqualifizierung unterscheiden sich die Curricula erheblich voneinander, auch wenn die potenziellen Berufsfelder überregional die gleichen sind: „Deutschlehrerberuf“, „Übersetzen/Dolmetschen“, „Interkulturelle (Wirtschafts-)Kommunikation“ und „Wissenschaftliche Tätigkeiten“.

Nationale und internationale Deutschlehrer- und Germanistikverbände wie der Internationale Deutschlehrerverband (IDV) oder die Internationale Vereinigung für Germanistik (IVG) diskutieren seit einigen Jahren verstärkt, wie die germanistischen Curricula weiterzuentwickeln sind, um den gewachsenen wissenschaftlichen und vor allem auch berufsfeldorientierten Ansprüchen besser zu genügen.

Die Germanistikabteilungen an den Hochschulen sind allerdings weltweit oft (sehr) kleine Einheiten. Entwicklungen der Curricula sind von den jeweiligen Kapazitäten, Ausstattungen und von den Freiräumen abhängig, die die nationalen, regionalen und örtlichen Bedingungen erlauben. Nicht durchgängig steht für die anspruchsvollen Aufgaben in Lehre und Forschung ausreichend Hochschulpersonal zur Verfügung. Gerade in den Bereichen „Didaktik/Methodik“ oder „Lehr-/Lernwissenschaft“ klaffen häufig Lücken, auch im Bereich der Nachwuchsförderung. Hierzu gibt es erfolgsversprechende Ansätze der Kooperation zwischen örtlichen Germanistik- und DaF-Abteilungen deutscher Universitäten, die mittels Förderung durch die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik germanistische Curricula weiterentwickeln und den wissenschaftlichen Nachwuchs sowie Dozentinnen und Dozenten für die Deutschlehrerausbildung schulen.

FORT- UND WEITERBILDUNG STÄRKEN

Systematische Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich Deutsch als Fremdsprache werden in vielen Regionen der Welt zunehmend dringlicher. Dort, wo kurzfristig der Bedarf nach Deutschkursen steigt, fehlt sehr schnell hinreichend qualifiziertes Lehrpersonal, und vielerorts ist eine akademische Ausbildung zur DaF-Lehrkraft nicht oder nur eingeschränkt möglich. Fort- und Weiterbildungsangebote können auch dort Lücken schließen, wo Absolventinnen und Absolventen germanistischer Studiengänge erst noch eine stärkere unterrichtspraktische Orientierung entwickeln müssen. Aber auch in Regionen, in denen die Nachfrage nach Deutsch sinkt, wird Fort- und Weiterbildung benötigt. Gerade dort gilt es, attraktive Deutschlernangebote mit gut qualifizierten Lehrkräften vorzuhalten, um den Rückgang nicht weiter zu beschleunigen.

Umfangreiche Fort- und Weiterbildungsangebote bietet das Goethe-Institut etwa durch das modularisierte Grundlagenprogramm Deutsch Lehren Lernen (DLL) an. Daneben gibt es dort auch Seminarangebote und Workshops, die beispielsweise durch sogenannte „Experten für den Unterricht“ an den örtlichen Goethe-Instituten konzipiert werden. Fortbildungsangebote durch Tagungen bieten unter anderem regionale Deutschlehrerverbände und der Internationale Deutschlehrerverband an.

Dort, wo sich das Interesse an berufsorientierten Deutschkursen in der Phase des Übergangs zwischen Schule und Beruf – oder auch berufsbegleitend – erhöht, werden DaF-Lehrkräfte benötigt, die für die Erwachsenenbildung qualifiziert sind und über entsprechende berufsprachliche und didaktische Kompetenzen verfügen. Auch im Bereich der akademischen Deutschlernangebote wächst der Bedarf nach fachsprachlich geschulten Deutschlehrenden: so zum Beispiel in Zusammenhang mit den deutschen Hochschulprojekten im Ausland, wo Fächer wie Mechatronik oder Rechtswissenschaft auf Deutsch studiert werden. Auch hier können spezifische Fort- und Weiterbildungsangebote vorhandene Lücken in Qualifizierungsangeboten schließen – allerdings stellt dieser Bereich insbesondere in internationaler Perspektive noch ein Entwicklungsziel dar.

Und es ist mittel- und langfristig dringend notwendig, dass fachsprachliche und fachsprachendidaktische Qualifikationserfordernisse bereits innerhalb der grundständigen akademischen Deutschlehrerausbildung berücksichtigt werden.
 

Literatur

Krumm, Hans-Jürgen; Riemer, Claudia: „Ausbildung von Lehrkräften für Deutsch als Fremdsprache und Deutsch als Zweitsprache.“ In: Krumm, Hans-Jürgen; Fandrych, Christian; Hufeisen, Britta; Riemer, Claudia (Hrsg.): Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Ein internationales Handbuch (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft/HSK, Bd. 2). Berlin/New York: de Gruyter 2010, 1340-1351.
 
Middeke, Annegret (Hrsg.): Entwicklungstendenzen germanistischer Studiengänge im Ausland. Sprache – Philologie – Berufsbezug (Materialien
Deutsch als Fremdsprache, Bd. 84) Göttingen: Universitätsverlag 2010.
 
Verschiedene Autoren: „Deutsch an Schulen und Hochschulen in nichtdeutschsprachigen Ländern: Bestandsaufnahme und Tendenzen“ In: Krumm, Hans-Jürgen; Fandrych, Christian; Hufeisen, Britta; Riemer, Claudia (Hrsg.): Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Ein internationales Handbuch (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft/HSK, Bd. 2). Berlin/New York: de Gruyter 2010, 1602-1842.

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