Survival-Kit Studium  „Die Fächer enden nicht nach der Klausur”

Ein Portrait von Benedikte vor einem grün bewachsenem Bücherregal
Benediktes Rettung waren oft ihre Freund*innen, vor allem auch während der Pandemie. Foto (Detail): © privat

Bene studiert Politikwissenschaften an der Technischen Universität in München. Im Survival-Kit erzählt sie von schönen Momenten vor Corona, wie ihre ausgeglichene Art ihr meistens hilft – und warum sie bereits zwei Mal 24 schlaflose Stunden hatte.

Informationen

Name: Benedikte
Alter: 23
Studiengang: Politikwissenschaften
Universität: Technische Universität München

Das größte Klischee über Deinen Studiengang – und was davon gestimmt hat?

Ein Klischee lautet, dass Politikwissenschaften keine richtige Wissenschaft sei, was definitiv nicht stimmt. Außerdem seien alle Studierenden sehr idealistische und politisch aktive Menschen, die sich den ganzen Tag nur mit dem politischen Geschehen beschäftigen. Es trifft natürlich zu, dass wir uns alle sehr für Politik interessieren und viele sich auch politisch engagieren, aber wir haben auch andere Themen im Blick.

Wie sieht Dein Alltag aus?

Mir fällt es glücklicherweise sehr leicht, früh aufzustehen, meistens gegen 7 Uhr. Entweder arbeite ich dann direkt oder melde mich, momentan zumindest noch, online bei Uni-Veranstaltungen an. Ansonsten habe ich gar keine richtige Routine. Im Sommer habe ich mir vorgenommen, bis nachmittags für die Uni oder Arbeit aktiv zu sein. Mir ist wichtig, dass abends Zeit dafür bleibt, mit meinen Mitbewohner*innen zu kochen oder mich zu verabreden, einfach noch eine Runde spazieren zu gehen oder zu joggen – irgendetwas zu unternehmen, das nichts mit der Uni zu tun hat. Ich habe während des Corona-Lockdowns Yoga für mich entdeckt. Außerdem habe ich nebenbei noch angefangen, Russisch zu lernen und übe das für mich, ohne Leistungsdruck.

Auf was hättest Du verzichten können?

Es gab ein, zwei Module, mit denen ich meine Schwierigkeiten hatte, ein Jura-Modul zum Beispiel hat mich im ersten Semester sehr überfordert. Aber das einzige, auf das ich verzichten hätte können, sind Online-Klausuren. Vorlesungen und Seminare sind für mich online kein Thema, aber Klausuren sind echt stressig. Man fragt sich die ganze Zeit, ob das Internet stabil ist oder irgendwas abstürzt, ob alles funktioniert.

Welchen Tag an der Uni wirst Du nie vergessen?

Im ersten Semester habe ich mich nach der letzten Klausur mit Freund*innen bei einer Kommilitonin getroffen. Wir saßen die ganze Zeit zusammen, haben gekocht und Kuchen gegessen, etwas getrunken. Es war ein sehr schöner Abschluss, wir haben das Semester zusammen angefangen und gemeinsam beendet. Das war kurz bevor Corona so richtig in Deutschland angekommen ist. Wir haben uns gemeinsam auf das Sommersemester gefreut und hatten schon Bergtouren und einen Urlaub geplant. Es war eine sehr euphorische Stimmung. Die Freundschaften haben sich trotz all der Einschränkungen während der Pandemie gehalten, da bin ich sehr dankbar.

Wenn Du Dein Studium noch einmal anfangen könntest: Was würdest Du anders machen?

Ich würde auf jeden Fall noch einmal Politikwissenschaften an der TU studieren. Aber vermutlich wäre ich heute in einigen Situationen etwas entspannter. Ich würde schauen: Welche Fächer machen mir Spaß? Wie lerne ich für mich am besten? Und ich würde mich nicht vom Lernverhalten anderer unter Druck setzen lassen, sondern einfach mit mehr Ruhe an alles herangehen. Man lernt auch im Alltag so viel, durch das Engagement in sozialen Initiativen oder in Fachschaften oder einfach durch Bücherlesen. Die Uni ist nur ein Teil von einem langfristigen Lernprozess, diese Einsicht hätte ich gerne etwas früher gehabt. 

Was hat Dich am meisten geärgert?

Richtig geärgert hat mich eigentlich nichts. Es sind eher Kleinigkeiten, zum Beispiel, dass ich im ersten Semester nicht mehr von der Umgebung in München gesehen hab, in die Berge gefahren bin, weil das wegen Corona dann nicht mehr ging. 

Ich würde mich heute nicht mehr vom Lernverhalten anderer unter Druck setzen lassen.



Was war oft Deine Rettung?

Zunächst waren das meine Freund*innen an der Uni. Zu sehen, dass alle mal Probleme oder Unsicherheiten haben, fand ich sehr beruhigend. Ansonsten habe ich die Einstellung, dass man sich nicht in Ärger, Druck oder Stress verlieren darf. Man sollte schauen, woran das liegt, aber dann auch weitermachen und die Situation meistern. Ich versuche, alles nicht so ernst zu nehmen. 

Was hast Du am letzten Tag des Monats gegessen, wann war Sparen angesagt?

Ich hab das ganz große Privileg, dass ich bisher noch nie wirklich Geldsorgen hatte. Ansonsten ist mein günstiges Standardessen Nudeln mit Pesto, außerdem ist auch ein gutes Müsli nahrhaft und nicht teuer. 

Welche Frage hörst Du auf Familienfeiern jedes Mal?

Ich werde oft gefragt, was ich denn mit dem Studium später mal machen kann, oder ob ich in die Politik gehen möchte. Das machen allerdings häufig eher die Jura-Leute. Viele denken, dass die Politikwissenschaften sehr philosophisch geprägt sind. Teilweise trifft das zwar zu, aber wir beschäftigen uns auch häufig mit aktuellen und realen Problemen. Ich sehe diverse Berufsfelder, für die Politikwissenschaften eine gute Grundlage sind: Journalismus oder die Arbeit in politischen Institutionen oder Nichtregierungsorganisationen zum Beispiel. 

Auf was bist du stolz?

Ich habe im dritten Semester einen Kurs gewählt, der hieß Big Data-Politics. Bis dahin hatte ich mich mit dem Thema noch gar nicht beschäftigt, aber habe sehr viel dafür gelernt und mich da reingearbeitet. Letztlich hat mir das sehr viel gebracht und auch Freude bereitet, obwohl ich anfangs keine Berührungspunkte mit Big Data hatte.

Was war der teuerste Preis für eine gute Note?

Wir hatten zwei 24-Stunden Klausuren, im ersten und im zweiten Semester: Es gab eine Fragestellung, und wir sollten dann dazu einen Aufsatz schreiben. Das waren auf jeden Fall schlaflose 24 Stunden. Im zweiten Semester fand die Klausur auch noch Mitte August statt, als alle schon frei hatten und den Sommer genießen konnten. Ich kann das nicht empfehlen. Das waren 24 Stunden purer Stress und Anspannung.

Uni heißt auch: Lernen fürs Leben. Was hat dir dein Studienfach für deinen weiteren Weg mitgegeben?

Politikwissenschaft ist ein Studium, das sehr viele Freiheiten bietet, man kann sich spezialisieren oder in den Nebenfächern vertiefen. Da sollte man sich gut überlegen, was man will: Was bringt mich weiter? Was möchte ich wirklich und was ist gerade einfach populär? Es ist eine gute Sache, diese Reflexion auch über das Studium hinaus beizubehalten.

Außerdem habe ich gelernt, dass die Fächer nach der Klausur nicht enden. In den Vorlesungen lernt man sowieso viel mehr, und dann kommt es einfach darauf an, was man mit dem Wissen macht und wie man das für andere Problemstellungen nutzt –  auch abseits der Uni. Es ist ein langfristiger Prozess und man bekommt immer wieder neuen Input, in und außerhalb der Uni. 
 

Suvival-Kit Studium

Wo in Deutschland kann man gut studieren? Wie lässt es sich als Student*in gut leben? Und wie übersteht man die erste Fachschaftsparty und die Fragen auf Familienfeiern?

Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen erzählen von ihren Erlebnissen an den Unis in Deutschland, ihrem Alltag – und was sie manchmal zur Verzweiflung bringt.