Nusasonic at CTM Festival © CTM Festival/ Udo Siegfriedt

Über Nusasonic am CTM Festival

Nusasonic präsentierte im Rahmen des 20-jährigen Jubiläums des CTM Festival for Adventurous Music and Art 2019 eine große Anzahl von Musiker*innen und Projekten aus Südostasien.

Rully Shabara ist wahrscheinlich am besten bekannt als ausdrucksstarke Stimme des Duos Senyawa. Am CTM 2019 trat er mit seinem neusten Projekt Setabuhan auf. Eine klanglich radikale Kombination aus der frenetischen Perkussion der zwei Schlagzeuger Ramberto Agozalie und Caesarking sowie Shabaras experimentellen Stimmtechniken, verstehen Setabuhan ihre Musik als moderne Neuinterpretation von Balia, einem animistischen Ritual aus Zentral-Sulawesi.
 
Rully Shabara ist außerdem Teil von Kombo, einer Do-It-With-Others-Initiative, deren Ziel es ist, Austausch zwischen indonesischen und auch mit internationalen Improv-Musiker*innen zu fördern. Kombo wurde 2014 auf Initiative von Shabara und Satya Prapanca gegründet. Zu Kombo-Sessions kommen Musiker*innen zusammen, um in verschiedenen Kombinationen Spielmethoden und spontane Kompositionsformen zu erkunden. Kombo am CTM-Festival 2019 brachte die elektronischen Musiker Bhakti Prastyo und Yuen Chee Wai, die Perkussionistin Cheryl Ong, die experimentellen Vokalistin Kok Siew-Wai sowie den Schlagzeuger Ramberto Agozalie für einen Abend improvisierter Musik mit Berliner Kolleg*innen zusammen.
 
Ein weiteres Projekt mit Shabara ist die 2005 gegründete experimentelle Punkband Zoo. Ursprünglich vor allem für schnelle und lärmende Musik bekannt, haben die Mitglieder der Band mittlerweile ihren Sound in Richtung einer neuen Art von Rock verschoben, der Elemente traditioneller ritueller Musik aufgreift.
 
Kasimyn und Ican Harem bilden zusammen Gabber Modus Operandi. Mit schnellen Beats, punkigem Humor und Handyvideos feiern sie alte und neue Straßen-, Sub- und Volkskulturen, an denen sie vor allem das anarchische Moment der Selbstermächtigung interessiert. Die gemeinsame Obsession für Jathilan, Gabber, Dangdut Koplo, Chicago Footwork, Grindcore und Noise bildet die Basis für ihren digitalen Sarkasmus und ihren ganz eigenen Zugang zu harten, energiegeladenen Sounds.
 
Caliph8 vereint rastlose polyrhythmische Beats und scharfkantige Breaks zu einem extrem abstrahierten Hybrid aus Hiphop, Dub und Noise. Caliph8 ist seit mittlerweile 20 Jahren eine zentrale Figur des musikalischen Undergrounds in Manila. Er veröffentlicht u.a. auf Dub Temple Records (Brisbane) und SVBKVLT (Shanghai) und arbeitet mit Künstler*innen wie Keiji Haino, Otomo Yoshihide, und Yuen Chee Wai zusammen. Für den Auftritt am CTM spielte Caliph8 der ebenfalls in Manila beheimateten Musikerin und Künstlerin Nonplus zusammen, die anderntags ihrer Vorliebe für hybride und schräge Sounds auch in einem DJ-Set Ausdruck verlieh.
 
Das Projekt von Nguyễn + Transitory (Nguyễn Baly und Tara Transitory) “Bird Bird, Touch Touch, Sing Sing (work-in-progress)” ist die Weiterentwicklung einer Produktion, die im Rahmen von “Residenzen Berlin – Detroit – Berlin” während des HAU-Festivals “Detroit – Berlin: One Circle” entstanden ist. In ihrer Performance befassten sie sich mit Narrativen und Erfahrungen von Queerness in Südostasien und in der Diaspora mit Möglichkeiten (de-)kolonialer Ansätze in Klang, Noise und Rhythmus.
 
In den Arbeiten des thailändischen Künstlers und Musikers Pisitakun geht es um gesellschaftliche Frustrationen und politische Spekulation. Im Unterschied zum kulturellen Mainstream seines Heimatlandes, gibt er sich keineswegs damit zufrieden, Kunst und Kultur als Mittel der Linderung zu betrachten. Inmitten der aufgewühlten Gegenwart hinterfragt Pisitakun die dem gegenwärtigen Zustand zugrundeliegenden Wertvorstellungen. Mit seinem Album Black Country und dem gleichnamigen Ausstellungsprojekt findet der Wege, harten Techno und wütenden Noise zu nutzen, um „Ideen und Gefühle zum Ausdruck zu bringen, die anderenfalls zu gefährlich wären, um ausgesprochen zu werden.“ (The Quietus)
 
Tarawangsawelas trat gemeinsam mit Rabih Beaini im Rahmen des Eröffnungskonzerts auf. Das Duo aus dem indonesischen Bandung interpretiert auf zeitgenössische Weise Tarawangsa, eine minimalistische sakrale Musik aus Sunda, Westjava. In ihrer Zusammenarbeit, die auch auf dem 2017 auf Morphine veröffentlichten Album Wanci zu hören ist, finden die Musiker zu einer behutsamen Annäherung und kontemporären Neubestimmung eines der mystischsten und spirituellsten Musiktraditionen Indonesiens.
 
Sarana aus dem indonesischen Samarinda erkunden Noise als Mittel der Selbstheilung: Mittels elektronischer und akustischer Instrumente erzeugen sie evokativ-düstere Ambient Texturen. 

Noise in verschiedenen stilistischen Ausprägungen liefert nicht nur in Indonesien den Grundstein für kulturell wirkungsvolle Subkulturen, sondern spielt andernorts in Südostasien eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund richtete das Festival in der Berghain Säule eine Noise-Nacht aus, die Künstler*innen aus Südostasien und Europa zusammenbrachte. Mit dabei waren u.a Nguyen Hong Giang aus Hanoi, der Instrumentenbauer und Noise-Performer Rambo aus Manila sowie der Indonesische Brutal-Noise-Pionier Sodadosa, einer der treibenden Kräfte hinter Jogja Noise Bombing. Die offene Community bildet den Kondensationskern der Noise-Szene Yogyakartas. Neben dem jährlichen Jogja Noise Festival organisieren sie legendäre Guerilla-Konzerte in den Straßen der Stadt.
 
Auch aus Yogyakarta kommen die Synthesizer-Bauer und Künstler Lintang Radittya und Andreas Siagian. Ihre Noise-Performance bestritten sie gemeinsam mit dem Berliner Peter Kirn, mit dem sie auch das MusicMakers Hacklab 2019 am Festival ausrichteten.