Der Niedergang traditioneller burmesischer Musik Gemälde von Win Pe (Acryl auf Leinwand, 36 x 36’’). | © Ma Khin Myanmar
Klangkulturen in Myanmar

Der Niedergang traditioneller burmesischer Musik

Von Lynn Nandar Htoo, 2022

Bevor ich in eine Beschreibung von Myanmars traditioneller Hofmusik, genannt Mahar Gita, eintauche, möchte ich auf das Common Tonalities-Projekt von Nusasonic hinweisen, das 2022 unter der Leitung von Khyam Allami stattfand. Bei diesem Projekt kamen 20 Künstler*innen zusammen, um südostasiatische Stimmsysteme und Skalen durch moderne Musiktechnologien für die Schaffung neuer Musik zu erforschen. Jede*r Teilnehmer*in, einschließlich mir, brachte ihre/seine eigenen spezifischen Interessen und Kenntnisse regionaler Stimmskalen in die Gruppe ein, und durch Diskussionen und Khyams Betreuung wurde ich mit vielen verschiedenen Klangwelten und Stimmsystemen außerhalb des vorherrschenden westlichen gleichstufigen Zwölftonsystems vertraut gemacht.
 

Innerhalb des Projekts untersuchte ich das in der traditionellen Hofmusik Myanmars verwendete Stimmsystem. Ich war überrascht davon, was ich über die traditionelle Hofmusik meines Heimatlandes und seiner komplexen Beziehungen zu vergangenen, gegenwärtigen und künftigen kulturellen Entwicklungen gelernt habe. Meine Forschung hat mich nicht nur mit der traditionellen Hofmusik Myanmars vertraut gemacht, sondern auch mit der Musik zahlreicher Völker und ethnischer Gruppen im ganzen Land, von den nördlichen Hügeln bis zu den südlichen Regionen nahe dem Ozean und überall dazwischen. Ich möchte mehr über die klanglichen Welten dieser verschiedenen, doch auch irgendwie verbundenen Kulturen erfahren. Später im Jahr 2022 lud mich Nusasonic erneut ein, am Abschlussfestival in Saigon, dem Nusasonic HCMC, teilzunehmen. Dort traf ich viele Musiker:innen aus Südostasien und ließ mich von ihrer Praxis inspirieren, ihre eigenen einzigartigen Klangkulturen weiterzuentwickeln und mit ihnen zu experimentieren.
 
In diesem Essay werde ich meine Auseinandersetzung mit der traditionellen Musik des königlichen Hofes Myanmars, der Mahar Gita, detailliert beschreiben. Mahar Gita, was wörtlich „große Musik“ bedeutet, sind Ensembles, die vor allem aus Hofmusiker*innen bestehen und hauptsächlich auf Poesie basieren. Im Folgenden werde ich auf die Geschichte und die Gegenwart des Mahar Gita eingehen und darüber nachdenken, wie Myanmars unterschiedliche regionale Musiktraditionen auf zeitgemäße Weise neu erblühen könnten. Die burmesische Hofmusik ist die traditionelle Musik, mit der ich mich hier befasse. Es gibt aber noch viele andere musikalische Traditionen, die ebenfalls existieren und als Forschungsgegenstand behandelt werden sollten.
 
Am 24. Mai 2020 wurde über “Burmese Community Broadcasting Group” (BCBG), einem burmesischen Radioprogramm auf FM 98.5 aus Sydney, diese Sendung über “Moe Day War”, einem traditionellen Hoflied, gesungen von Daw Saw Mya Aye Kyi, gesendet.

Mahar Gita, ein Begriff aus dem Sanskrit, bezieht sich auf historische Ensembles, die sich hauptsächlich aus Hofmusiker:innen zusammensetzten und ihre Wurzeln vor allem in der Dichtkunst hatten. Die alten Strukturen eines Mäzenatentums, unter denen Mahar Gita gedieh, fielen mit der Exilierung von König Thibaw durch die britische Kolonisierung im Jahr 1885 in sich zusammen. Die königlichen Musiker:innen des königlichen Palasts von Mandalay wurden entlassen und konnten anderswo keine Arbeit als Musiker:innen mehr finden. Unter fremder Herrschaft gingen die mündlichen Traditionen des Mahar Gita immer weiter verloren, da folgende Generationen zunehmend weniger Interesse zeigten, sie zu erlernen. Die letzte Komponistin des Mahar Gita, Daw Sa Mya Aye Kyi (1892–1968), äußerte ihre Bedenken über die Zukunft der Traditionen des Mahar Gita aufgrund des mangelnden Engagements jüngerer Generationen.
 
Heute ist Mahar Gita außerhalb von Hochzeitsfeierlichkeiten nur noch selten zu hören. Es gibt große Hindernisse beim Erlernen dieser Musiktraditionen, so etwa der Mangel an zuverlässigen Partituren. Es gibt einige Veröffentlichungen, die die Standardpraktiken von Mahar Gita aus den 1950er Jahren dokumentieren, aber sie enthalten keine Partituren. Die Publikationen konzentrieren sich ausschließlich auf Texte und Silben, und es gibt Uneinigkeit über die umstrittenen Versionen und Variationen von Mahar Gita.

Eine Geschichte der traditionellen Hofmusik Myanmars

Myanmars traditionelle Hofmusik entstand vor ungefähr 1500 Jahren. Landwirtschaft, Buddhismus, die Kultur der Nat-Anbetung [der Glaube, dass Geister (Nat) alles auf der Welt kontrollieren] und königliche Zeremonien sind die wichtigsten Faktoren, die zur Entstehung und Entwicklung der traditionellen Musikstile im Laufe der Zeit beitrugen. Diese Musiktraditionen wurden in archäologischen Aufzeichnungen seit der Thaton-Periode (5. bis 11. Jahrhundert) dokumentiert. Die Mimiken und Bewegungen von Blasmusiker:innen, Trommelspieler:innen und Spieler:innen kleiner Messingbecken, die auf ausgegrabenen glasierten Platten aus den antiken Städten Thaton und Pegu in der Mon-Region gefunden wurden, zeigen Ähnlichkeiten mit heutigen Do:bat-Gruppen (eine Art Doppelkopftrommel). Indische Händler:innen standen durch Seehandel bereits mit den Hafenstädten Myanmars im Austausch und brachten ihre kulturellen Traditionen und Unterhaltung ins Land, einschließlich des Rama-yana Jartaka-Theaters. Zur gleichen Zeit, während der Thayay-Khittaya-Periode (5. bis 9. Jahrhundert), begleitete eine Kulturgruppe der Pyu eine diplomatische Mission in die Hauptstadt Chinas (Tang-Dynastie), die Musikinstrumente aus Messing, Blasinstrumente aus Muschelschalen, Horn und getrockneten Kürbissen sowie Instrumente aus Haut, Leder und Elfenbein mit sich führte. Tänzer:innen trugen außerdem Kostüme, die mit edelsteinbesetzten Armreifen, Ringen, Armreifen, Fußkettchen, Ohrringen und goldenem Kopfschmuck verziert waren.
 
Diese Traditionen entwickelten sich weiter und wurden in verschiedene Formen codifiziert, wie etwa Yein (Tanz), höfische Tänze namens Anyeint und Lieder namens Kyo und Bwe, die heute noch relativ oft aufgeführt werden. In der Bagan-Periode (9. bis 13. Jahrhundert) versuchte König Anawrahta, den Nat- und Naga-Kult auszumerzen und stattdessen den Theravada-Buddhismus zu fördern. Die Kulturen der Mon und Pyu aus Thaton beziehungsweise Thaya Khittaya beeinflussten Bagan und führten zu einer Verschmelzung, die zu einer einzigartigen Bagan-Kultur führte. Häufiger Kontakt mit Sri Lanka in dieser Zeit führte dazu, dass srilankischer Tanz einen Einfluss auf Bagan-Tänzer:innen hatte. Die Saiteninstrumente Saung und das Blasinstrument Hnyin sowie die krokodilförmige Harfe Mi Chaung wurden erstmals in dieser Periode erwähnt.
 
Aus der Inwa-Periode (14. bis 18. Jahrhundert) wurden bemerkenswerte Veränderungen und Innovationen in der traditionellen Hofmusik und im anz festgehalten. Die Literatur Myanmars blühte ebenfalls auf, und Minister Padethayaza, der sowohl Komponist als auch Dramatiker war, schrieb eine Reihe von Kyo-Songs. Lieder, Tänze und Theaterstücke wurden bei Hofzeremonien und im königlichen Theater aufgeführt. Der Pat Waing (Trommelkreis), Kyey Waing (Messinggong-Kreis) und Pattala (Xylophon) wurden breit im kulturellen Kontext eingesetzt. Die Nat-Kultur erblühte erneut, und Messinggongs und Oboen wurden bei Nat-Festivals gespielt, um die passende Atmosphäre für Nat-Geister zu schaffen.
 
Die anschließende Konbaung-Periode dauerte über ein Jahrhundert an, bevor Großbritannien das gesamte Land 1885 kolonisierte. Während dieser Periode entwickelte sich die traditionelle Hofmusik Myanmars stark und andere Kulturen fanden Eingang am Hof. Viele kreative, talentierte Künstler:innen gingen aus dieser Zeit der gegenseitigen Inspiration hervor. Minister Mya Waddy Mingyi U Sa, Prinz Pyin Si und Prinzessin Hlaing Hteik Khaung Tin waren frühe Vorbilder im Spielen von Instrumenten, in Liedkomposition und Gesang.

Hnaung Khit Ära (19. Jahrhundert bis heute)

Mahar Gita, Sanskrit für “große Musik”, bezeichnet historische Ensembles, die sich vor allem aus Hofmusiker:innen zusammensetzten. Die Wurzeln der Mahar Gita liegen in erster Linie in der Dichtung. Das althergebrachte Mäzenatentum, auf dessen Basis Mahar Gita entstanden war, verfiel mit König Thibaws Exilierung aufgrund der britischen Kolonisierung von 1885. Die königlichen Musiker:innen des Palastes von Mandalay wurden entlassen und konnten nirgendwo anders Anstellung als Musiker:innen finden. Unter Fremdherrschaft gingen die mündlichen Traditionen des Mahar Gita weiter verloren, da immer weniger Generationen Interesse daran zeigten, sie zu erlernen. Die letzte Komponistin des Mahar Gita, Daw Sa Mya Aye Kyi (1892–1968), äußerte sich besorgt  über die Zukunft der Tradition des Mahar Gita, da jüngere Generationen sich nicht für ihren Erhalt engagierten.
 
“Nagarni” von Gita Lu Lin U Ko Ko ist ein moderner Song, der burmesische Eigenschaften mit Einflüssen westlicher Instrumente miteinander vermischt.

Darstellende Gruppen aus dem Hnaung Khit-Zeitalter erlebten eine Phase der Innovation und Modernisierung, was zu neuen Kompositionsstilen führte. Später im 20. Jahrhundert förderte die Regierung Myanmars die Myanmar Hsaing Waing, ein typisches Musikensemble, das Lieder, Musik und Tanz aufführt. Alljährliche Wettbewerbe im Bereich darstellender Künste wurden veranstaltet, um Myanmars traditionelle Disziplinen wiederzubeleben und zu fördern. Allerdings waren sie bei der breiten Öffentlichkeit nicht so erfolgreich wie erhofft, da die Wettbewerbe sich auf die kleine Gruppe traditioneller Musiker:innen fokussierte und nur sehr wenige junge Schüler:innen teilnahmen. Zu dieser Zeit entstand auch die Nationaluniversität für Kunst und Kultur in Rangun/Yangon aus der Initiative des Kulturministeriums. Sie bietet Kurse in Musik, Tanz, Drama und bildender Kunst an. Kulturelle Einflüsse aus dem Westen führten zudem zur Entstehung moderner Lieder mit burmesischen Merkmalen, wie zum Beispiel die Kompositionen von Gita Lu Lin U Ko Ko und Sandayar Hla Htut. Die traditionelle Hofmusik Myanmars konnte jedoch im 21. Jahrhundert keine jüngeren Generationen mehr begeistern. Dies liegt an mehreren Faktoren, wie zum Beispiel der sehr begrenzten Verfügbarkeit wissenschaftlicher Forschung.
 
“Tain Ta Man” von Sandayar Hla Htut ist ein weiteres Beispiel für einen modernen Song, der burmesische und westliche Einflüsse miteinander vermischt.

Tonarten in den traditionellen höfischen Musiktraditionen Myanmars

Myanmars traditionelle Hofmusik verwendet eine siebenstufige Tonleiter, die von hohen zu tiefen Tönen geordnet ist und in fünf Haupttöne und zwei Sekundärtöne, die zur Ausschmückung verwendet werden, unterteilt ist. Historisch gesehen sind die Noten mit bestimmten Tiergeräuschen verknüpft. Die Stimmung oder Frequenzen dieser siebenstufigen Tonleiter unterscheiden sich von der westlichen diatonischen Tonleiter. Darüber hinaus haben Myanmars traditionelle Instrumente in der Regel keine standardisierte Stimmung.

Myanmar Tonalities Wheel © Lynn Nandar Htoo Illustration von Tonleitern der traditionellen Musik Myanmars

So haben beispielsweise das Pattala (Xylophon) und das Kyay Pattala (Bronze-Xylophon) oft leicht unterschiedliche Frequenzen für dieselben Töne. Musiker:innen aus Myanmar verwenden P1, P4, P5 und P7 (C, G, F und D) als Tonika und stimmen P6, P5 und P4 (E, F und G) zu einem verschmolzenen Klang, um Vorzeichen bei Transpositionen oder Modulationen zu vermeiden. P1, P7, P4 und P3 ähneln der diatonischen Tonleiter von C, D, G, A. P6 ist etwas tiefer als E, P5 etwas höher als F und P2 etwas tiefer als B. Diese engen Abstände zwischen den Noten ermöglichen sanftere Übergänge. Es wird davon ausgegangen, dass antike Komponist:innen alle sieben Töne für ihre Kompositionen verwendeten. Mahar-Gita-Musiker:innen wählen oft P1 (Pale), P5 (Myin Zine), P4 (Oauk Pyan) und P7 (Hnyin Lone) als Tonika für Lieder des Mahar Gita. Die Pale-Skala ist P1, P7, P6, P4, P3; die Myin Zine-Skala ist P5, P4, P3, P1, P7; Than Yoe ist P1, P6, P5, P4, P2, P1; Ngar Bauk Ouk Pyan ist P5, P3, P2, P1, P6, P5; und Lay Bauk ist P4, P2, P1, P7, P5, P4. Die Skalen verwenden fünf Töne als Haupttöne und die anderen beiden als Nebentöne. Bei Saung-Saiteninstrumenten werden die Nebentöne durch Biegen der Saiten erzeugt. In einigen Stimmvariationen für die Saung sind die Oktaven in den verschiedenen Skalen unterschiedlich gestimmt, um Übergänge und Modulationen zu erleichtern.

Die Harmonie von Mahar Gita basiert auf einem zweistimmigen Harmoniesystem namens Twe lone, bei dem die Stimmen von nur zwei Fingern (Daumen und Zeigefinger) auf der Saung gespielt werden. Harmoniepaare werden erstellt, indem zu der aktiven höheren Melodielinie eine tiefere Linie hinzugefügt wird, wodurch eine heterophone Beziehung zur begleitenden Stimme entsteht. Nayi (Quadrupel), walatt (Doppel) und walatt amyan (8/16) sind übliche Taktarten im Mahar Gita. Nayi kann als 4/2, 4/4, 4/1 gespielt werden und jede Quadrupel kann Nayi genannt werden. Dreifache Taktarten wie 3/4 und 6/8 werden selten verwendet. Das Tempo in Mahar Gita ist nicht stabil, sondern ändert sich oft und schwankt. See (ein kleines Becken oder Glöckchen) und Wa (ein Holzblock oder Holzklöppel) spielen eine sehr wichtige Rolle bei der Definition des Taktes und der Kontrolle des Tempos eines Stücks.

Der ästhetische Wert der traditionellen Hofmusik Myanmars liegt in ihrer Flexibilität bei der Darbietung und den Rubato- oder Swing-ähnlichen Nuancen. Im Mahar Gita wiederholen Komponist:innen in der Regel ein Thema zweimal auf unterschiedliche Weisen. Das Thema wird frei und ohne bestimmtes Metrum gespielt, gefolgt von derselben Melodie in einem rhythmischen Nayi. Da Mahar Gita aus Rezitationen von Dichtung entstand, improvisierte die musikalische Begleitung entsprechend den Vorgaben und dem Tonfall der rezitierenden Stimme. Der Buddhismus hatte einen tiefen Einfluss auf die Kultur Myanmars. Ruhe und ein reiner Geisteszustand finden sich im Musikstil von Mahar Gita wieder. Die Tempi sind langsam und Laufnoten werden sanft und ohne starke Akzente gespielt, um wie eine lange, geschwungene Linie zu klingen. Mahar Gita hat einen subtilen Aspekt der Sanftheit.

Instrumente

Myanmars Musikinstrumente können in kyey (Bronze- oder Messinginstrumente), kyo (Streichinstrumente), thayey (Instrumente aus Leder oder Tierhaut), lei (Blasinstrumente) und let khut (Klapper bzw. Schlaginstrumente) unterschieden werden. Unter den verschiedenen Arten von Instrumenten werden vor allem saung (Harfe), pattala (Xylophon) und saing (Trommelkreis) genutzt. Instrumente wie die saung (Harfe) und saing waing (Trommelensemble) basieren auf den fünf pentatonischen Tönen.

Die saung von Myanmar wurde schon vor Phu-Periode genutzt. Sie war ein beliebtes Musikinstrument am Hof, und viele Mitglieder der königlichen Familie, Minister und Hofbeamt:innen konnten sie mit Geschick und Talent spielen. In früheren Zeiten hatte die saung nur sieben Saiten, heute jedoch hat sie sechzehn Saiten und zwei Basssaiten. Die saung ist eines der ältesten Musikinstrumente, und die Begriffe der musikalischen Skalen leiten sich von ihr ab.
 
Darbietungen eines Hsaing Ensemble aus Myanmar.

Es wird vermutet, dass das pattala (burmesisches Xylophon) im 15. Jahrhundert aus dem Einsatz von Bambus für Musikinstrumente entstanden ist. Es verfügte einst über 17 Platten, die Zahl hat sich aber über die Jahre auf 21 erhöht. Früher wurde der Than Hman (Grundton) frei gestimmt, aber heute wird die internationale diatonische Skala verwendet, um das pattala zu stimmen. Die Platten für pattala werden nicht mehr ausschließlich aus Bambus, sondern auch aus Metallen wie Eisen und Messing hergestellt. Leider sind heute nur noch ein eisernes pattala und ein pattala aus Messing mit traditionellen Stimmungen bekannt, die beide in Mandalay aufbewahrt werden.

Das Hsaing Waing ist ein harmonisches Ensemble aus vielen verschiedenen Instrumenten. Es wurde während der Inwa-Periode um das 14. Jahrhundert herum entwickelt. Im 19. Jahrhundert entstand die aktuelle Formation eines Hsaing Waing. Holzstämme von etwa drei Fuß Höhe und zwei Fuß Länge werden zu einem Kreis zusammengesetzt, an dem 21 Trommeln in einer absteigenden musikalischen Skala aufgehängt sind. Um den Saing Waing herum werden die Instrumente Hne (Oboe), Maung Saing (Gong-Rahmen), See und Wa, sowie ein:e Vokalist:in und die Chauk Lon Pat (sechs kleine Trommeln), eine Pat Ma Gyi (große Trommel) und Zimbeln angeordnet, wobei der Saing Waing das Ensemble anführt.

Mahar Gita Heute

Mahar Gita, eine einst hochentwickelte Musikform, hat im 21. Jahrhundert an Beliebtheit eingebüßt. Heutzutage ist Mahar Gita selten zu hören, nur auf Hochzeiten wird sie noch praktiziert. Wer diese Musik erlernen möchte, stößt auf erhebliche Hindernisse, darunter ein Mangel an zuverlässigen Noten und Aufzeichnungen. Es gibt einige Veröffentlichungen, die die Standardpraktiken von Mahar Gita aus den 1950er Jahren dokumentieren, aber Noten sind darunter nicht enthalten. Stattdessen konzentrieren sich solche Veröffentlichungen ausschließlich auf Texte und Silben, und es gibt unterschiedliche Meinungen über umstrittene Versionen und Variationen von Mahar Gita. Darüber hinaus stellen sich ältere Generationen traditioneller Hofmusike:innen in Myanmar gegen neue Kombinationen und Kreationen innerhalb dieses Genres und haben eine starke Abneigung gegenüber Eingriffen in etablierte Lieder. Als zum Beispiel der Sänger Thar Soe elektronische Tanzmusik und traditionelle Lieder aus Myanmar kombinierte, wurde er sowohl von der Regierung als auch von traditionellen Hofmusiker:innen stark kritisiert.
 
Thar Soe lässt traditionelle und gegenwärtige Musikgenres aufeinandertreffen.

Seit der britischen Kolonisierung ist Myanmars Klangkultur mit westlicher Instrumentierung verschmolzen. Myanmars traditionelle Instrumente sind auf westliche Tonleitern gestimmt, insbesondere das pattala, dessen Lamellen bestimmten Tonarten entsprechen müssen, was zu einer sinkenden Nutzung traditioneller Tonleitern beiträgt. Insbesondere im Zeitalter des Radios hat die westliche Musikkultur traditionelle Musiker:innen stark beeinflusst. Traditionelle Tonleitern und Skalen werden selten gehört, selbst in Hsaing Waing-Ensembles. Unter Bezugnahme auf die oben genannten klassischen Tonleitern möchte ich neue Generationen von Musiker:innen dazu ermutigen, die Welt der Tonleitern Myanmars innovativ und mit moderner Technologie zu erkunden. Wir sollten nicht vergessen, dass Myanmar reich an Klangkulturen verschiedener ethnischer Gemeinschaften ist, von denen jede ihre eigenen traditionellen Lieder und Musikstile geprägt hat. Neue Klangkreationen, Kompositionen und wissenschaftliche Forschung sind dringend nötig, wenn wir weitere tief verwurzelte und geschmackvolle Klangkulturen Myanmars entdecken möchten.


Quellen:
  • Htut, Sandayar Hla, Myanmar Gita Yaysichaung, SKCC Myanmar Book, Third Edition, 2018.
  • Ko, Wai Hin Ko, »A Cross-Cultural Composition with Myanmar and Western Musical Languages,« Thesis Dissertation for Master of Fine and Applied Art in Music and Performing Arts, Faculty of Music and Performing Arts Burapha University, 2021.
  • Peters, Joe, Sonic Orders in ASEAN Music: A Field and Laboratory Study of Musical Cultures and Systems in Southeast Asia, ARMOUR Publishing Pte Ltd, ASEAN Committee on Culture and Information, 2003.