Erforschung von Mikrofonabnahmemustern bei der Aufnahme von Geräuschkulissen. Foto von Hasnizam Abdul Wahid.
Reflektion und Zuhören aus dem lokalen kulturellen Kontext

Sound als Subjekt und Objekt musikalischen Schaffens

Von Hasnizam Abdul Wahid, 2022

Nusasonic hat versucht, Forschung zur Geschichte des Hörens und Klangkulturen auf Orte außerhalb großer Städte zu erweitern, um Fragen zu Nation, Region und Repräsentation in Südostasien noch nuancierter und komplexer zu gestalten. Als Kontrapunkt zu der von Kok Siew Wai und KLEX produzierten Nusasonic-Radioepisode, in der Künstler aus der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur und Umgebung zu Wort kamen, haben wir den in Kuching lebenden Akademiker, Komponisten und Klangkünstler Hasnizam Abdul Wahid eingeladen, einen Text aus seinem Blickwinkel im malaysischen Borneo beizutragen. Hasnizams Text knüpft an einen früheren Aufsatz dieses sehr produktiven Soundforschers an, der unter dem Titel „Sound Art in Malaysia from a Malaysian Sound Artist Perspective“ veröffentlicht wurde. Dieser persönliche und historische Bericht über die Klangkunst- und experimentelle Musikszene in Malaysia und ihre Verbindungen zu anderen Bereichen von musikalischer und künstlerischer Praxis, insbesondere der digitalen und neuen Medienkunst, bildete den Ausgangspunkt dieses Essays. Von seinem Hintergrund in der „Computer Music“ und der westlichen Avantgarde ausgehend, beginnt Hasnizam mit technologischen Überlegungen zu Klangkunst, bevor er von seiner aktuellen, mit Ökopolitik verflochtenen künstlerischen Praxis berichtet, die sich den üppigen Dschungel Borneas direkt an der Grenze zu Kuching zunutze macht.

Hasnizams Text knüpft an einen früheren Aufsatz dieses sehr produktiven Soundforschers an, der unter dem Titel „Sound Art in Malaysia from a Malaysian Sound Artist Perspective“ veröffentlicht wurde. Dieser persönliche und historische Bericht über die Klangkunst- und experimentelle Musikszene in Malaysia und ihre Verbindungen zu anderen Bereichen von musikalischer und künstlerischer Praxis, insbesondere der digitalen und neuen Medienkunst, bildete den Ausgangspunkt dieses Essays. Von seinem Hintergrund in der „Computer Music“ und der westlichen Avantgarde ausgehend, beginnt Hasnizam mit technologischen Überlegungen zu Klangkunst, bevor er von seiner aktuellen, mit Ökopolitik verflochtenen künstlerischen Praxis berichtet, die sich den üppigen Dschungel Borneas direkt an der Grenze zu Kuching zunutze macht.

Als ich meine Arbeiten in den frühen 2000ern in Europa performte, wurde ich gefragt, wie ich zur elektroakustischen Musik gefunden habe und wie es dazu kam, dass ich mich aktiv in diesem Genre einbrachte. Tatsächlich wurde mein Interesse an diesem Genre dadurch geweckt, dass ich während meines Studiums in Großbritannien mit experimenteller Musik in Berührung kam. Eine Erfahrung und Gelegenheit, die sich zu der Zeit in Malaysia selten fand, und es eröffnete mir eine völlig neue Perspektive. Mein Interesse an experimenteller Musik wurde auch stark von visuellen Arbeiten beeinflusst, insbesondere elektronische Kunst und neue Medien. Ich hatte insofern Glück, als dass ich die Möglichkeit hatte mitzuerleben, wie schnell multimediale Technologien zur Basis der Erkundung meiner kreativen Ideen wurden, teilweise durch meine Arbeit an der Fakultät für angewandte und kreative Künste an der XX Universität, die damals den Fokus auf Kunst und Technologie legte. Aktuell lege ich den Schwerpunkt meiner Arbeit auf den Bereich des Sounds, und mein Leben auf der Insel Borneo gibt mir viele Möglichkeiten, kollaborativ mit Biolog*innen an Klangflächen-Kompositionen zu arbeiten.

Während meiner gesamten Existenz als Musiker haben mich die verzerrten Klänge elektrischer Gitarren immer schon angezogen, vor allem bei Rockmusik. Der Gebrauch von Gitarreneffekten wie Distortion, Chorus, Hall und Flanging haben mich immer begeistert. Ich bin der Überzeugung, dass hinter jedem wahrnehmbaren Geräusch etwas bedeutungsvolles steckt.

1992 experimentierte ich mit einem Gamelan-Orchester und elektrischer Gitarre, was damals selten ausprobiert wurde. Der tiefe Drone und die Vibration der Blechbläser sind faszinierend und manchmal auch beruhigend, was durch den Gebrauch der slendro- und pélog-Tonskala gesteigert wird.

Meine Reise in die Welt des Klangs vertiefte sich, nachdem ich mich der Band Tanpa Elektrik, oder kurz „BTL“, anschloss, einem Ensemble, das aus verschiedenen Percussion-Instrumenten mit veränderbaren und gleichbleibenden Tonhöhen in verschiedenen Größen bestand, mit einem Repertoire aus größtenteils populären malaysischen Songs.

Da ich in der Nähe des Regenwaldes aufgewachsen bin, war ich schon immer davon fasziniert, was ich um mich herum gehört habe. Die Geräusche der Vögel, Zikaden und Wildtiere ließen mich in eine Umgebung eintauchen, die ganz selbstverständlich aus verschiedenen Musiken der Natur komponiert war. Der Regenwald ist tatsächlich ein Soundlabor in seiner besten Form, ein Luxus, den du in urbanen Gegenden vielleicht nicht genießen kannst.

Das Phänomen „Sound“ zu verstehen, kann sehr herausfordernd für jemanden sein, der*die sich nicht umfänglich mit der Klangwissenschaft auseinandergesetzt hat. Es ist einigermaßen technisch und gleichzeitig aufregend. So ist es beispielsweise nicht zwingend notwendig, theoretische Konzepte wie digitale Signalverarbeitung zu verstehen, es verschafft einem aber zahlreiche Vorteile, wenn man vorhat, Arbeiten oder Musikperformances zu produzieren, die komplexe interaktive Konzepte beinhalten.

Ich bezeichne elektroakustische Musik generell als die Praxis des Komponierens aus aufgenommenen Klängen, die von bahnbrechenden Komponist*innen praktiziert wurde. Dabei werden Geräusche und Klänge entweder analog oder digital aufgenommen, gefolgt von einem Prozess des Editierens, der zu einem Kompositionsprozess führt. Alle diese kreativen Techniken sind durch digitale Mittel zunehmend einfacher und leichter geworden, solange man mit der nötigen Soft- und Hardware ausgestattet ist.

Mal angenommen, wir suchen nach frühen Beispielen für Praktiken, die „gefundene“ Sounds als Material für musikalische Kompositionen nutzen. In diesem Fall müssen wir uns auf die beziehen, die eng mit der Produktion von Musique Concrète mittels magnetischer Bänder verbunden waren, einer Musikrichtung, zu deren Pionieren Komponisten wie Pierre Schaeffer, Pierre Henry oder Edgar Varèse gehörten. Diese und andere Komponist*innen ihrer Generation begannen, eine Form des Musizierens zu erkunden, bei der aufgenommene Materialien die Grundlage für Kompositionen bildeten. Später wurde dies als elektroakustische Musik bekannt.

Vom Beginn elektroakustischer Musik an ist es in diesem Genre essenzieller Teil des Schaffensprozesses, Soundaufnahmen zu machen und Hard- und Software als Kompositionswerkzeuge zu nutzen. Das aufgenommene Material muss von hoher Qualität sein und mit sachgemäßen Aufnahmepraktiken, wie etwa einem guten Verständnis von der Funktionsweise von Mikrophonen und der Distanz zur Klangquelle, ausgeführt werden. Was eine gute Aufnahmequalität ist, lässt sich nur schwer genau bestimmen. Erfahrung und Übung mit dem Aufnahmegerät und dem Mikrofon sowie kritisches Zuhören sind jedoch ein guter Anfang.

Aufgezeichnetes Material muss nach der Aufnahme stark nachbearbeitet werden, zum Beispiel durch Filterung oder andere Anwendungen zur Verbesserung des Klangs. Ein weiterer Faktor, der für gute Aufnahmen zu berücksichtigen ist, ist die Stereotiefe, die den Klang des aufgenommenen Tons überzeugender macht und daher über hochwertige Kopfhörer oder Lautsprecher analysiert werden sollte.

Die kreative Phase beim Komponieren elektroakustischer Musik beinhaltet auch den Prozess der Klangmanipulation. Klangmanipulation bedeutet in diesem Zusammenhang Klangumwandlung oder die Erzeugung eines „neuen“ Klangs aus dem, was aufgenommen wurde. Die Begriffe „Manipulation“ oder „Transformation“ von Klang und Tönen werden öfter verwendet, um kompositorische Prozesse in der elektroakustischen Musik zu beschreiben. Es handelt sich hierbei um einen kreativen Prozess, insbesondere auf digitalen Plattformen, der dazu dient, „neue“ Töne aus aufgenommenen Material zu erzeugen, oder um den Sound der Aufnahmen zu verbessern. Aktuell gibt es eine Vielzahl von Softwareprogrammen, die es Nutzern erlauben, Töne zu manipulieren und zu transformieren.

Das Aufkommen von Multimedia und PC–Plattformen, die mit Speicherkapazitäten und schnellen Ausführungsgeschwindigkeiten ausgestattet und gleichzeitig erschwinglich sind, hat die gesamte Perspektive der kreativen Kunstwelt verändert, sei es in der Bild- oder in der Klangkunst. Damit wurde ein neues Kapitel in der kreativen Welt aufgeschlagen. Unterstützt durch immer ausgefeiltere Software und Anwendungen, ist die Produktion von etwas Kreativem jetzt nicht mehr nur eine Frage der Vorstellungskraft des*der Künstlers*in. Die Technologie in der kreativen Welt hat es Schöpfer*innen von Inhalten ermöglicht, neue Dimensionen der Kreativität zu erforschen, sei es in der Klang- oder in der visuellen Kunst. Sie hat auch zu technologischen Fortschritten in der Unterhaltungsindustrie geführt und kreative Inhalte zunehmend begehrenswert und profitabel gemacht.

Einige Überlegungen über Musikstücke

Meine musikalische Arbeit mit dem Titel „Fatihah“ (2001) entstand aus meinem Interesse am intensiven Gebrauch von Computertechnologie, insbesondere dem Transformieren von Sounds. Dieses Stück basiert auf verschiedenen aufgenommenen Materialien, wie etwa dem Geräusch von Luftballons, die gezogen und aufgeblasen werden, einem Müllkorb und mehreren Aufnahmen aus dem Regenwald. Es ist eine Manifestation elementarer Soundtransformation in meiner elektroakustischen Musikkomposition. Mit einer sanften Geste öffnet das Stück und produziert eine Tonhöhenbewegung, die einer fliegenden Fliege ähnelt, was ein Gefühl der Bewegung vermittelt, wenn man es über Kopfhörer hört.
 

„Engkuromong“ (2002) ist eine Arbeit, die vom gleichnamigen traditionellen Musikinstrument aus Bronze inspiriert ist, das oft von den Iban, einer der vielen ethnischen Gruppen in Sarawak, im Osten Malaysias, auf der Insel Borneo gespielt wird. Das Instrument wird oft bei öffentlichen Versammlungen genutzt, wie auch bei festlichen Feiern und begleitet meist einen Tanz. Aufnahmen dieser Musikinstrumente wurden einzeln während mehrtägiger Feldforschungsaufenthalte an verschiedenen Orten in Sarawak gemacht. Die Idee hinter dieser Arbeit ist es, den Klang, der von dem Musikinstrument durch die Technik des Streckens und meiner Verwendung extremer Parameter in einer Software namens Cecelia erzeugt wird, zu erforschen. Die Arbeit beginnt mit einem tiefen Drone-Sound und führt zu mehreren hohen Frequenzen; sie repräsentiert spirituelle Elemente und den Glauben dieser Menschen. Eine der Herausforderungen bei der Komposition dieses Stückes war die Veredelung und Verblendung der Hochfrequenztöne, die vom Engkuromong produziert werden, einem Musikinstrument, das gewöhnlich aus einer ziemlich dünnen Mischung aus Eisen und Bronze hergestellt ist und einen recht verzerrten Klang erzeugt. Eine andere Klangquelle, die für dieses Stück genutzt wurde, ist das Sementin. In der einschlägigen Literatur auch als Sementin Ringgit bekannt, ist es eine der typischen Dekorationen, die man an der Kleidung von Iban-Frauen findet. Es reicht von der Taille bis zur oberen Hälfte der Oberschenkel, wird normalerweise aus Silber oder Kupfer hergestellt und gibt ein glockengleichen Klang von sich, wenn sich die Trägerin damit umherbewegt.
 

Meine Arbeiten werden den Kommentaren nach, die ich erhalte, vor allem als „aggressiv“ eingeordnet. Aber ich interessiere mich nicht sehr dafür, sie in irgendeine Strömung oder irgendeinen Ansatz einzuordnen. Das liegt daran, dass ich als Komponist viel eher dazu neige, ohne diese Regeln zu arbeiten und auf Kreativität und darauf, wie aufgenommenes Material benutzt werden kann, zu achten. Eine Komposition, wie beispielsweise „Interplay“ (2003), ist einer meiner Versuche, eine Geschichte über eine Gegend zu erzählen, die in der Nähe der Straße in Birmingham lag, in der ich vor langer Zeit lebte. Es enthüllt etwas über meine Alltagsroutine und meine Umwelt von einer Mikro- und einer Makro-Sound-Perspektive. Für diese Arbeit begann ich damit, ein Klangbild zu schaffen, das zwischen der Abstraktion des Sounds steht, der die „Situation vor Ort“ repräsentiert, und den dramatischen Elementen, die schließlich die Hörer*innen dazu führen, die Situation, die Szene, die sich abspielt, zu visualisieren. Das Stück beinhaltete auch einige spontane Aufnahmen, die ich vorgenommen hatte, als ich von meinem Haus zu einem Metzger um die Ecke lief, eine Methode, die als „Soundwalking“ bekannt ist. In dieser Arbeit habe ich mehrere Schlüsselgeräusche eingebaut, die sich mit verschiedenen Materialien zwischen erkennbaren und unerkennbaren Sounds im Wechselspiel befinden.

Das Stück ist auch mein Versuch, Musik zu komponieren, die einen 3-dimensionalen (3D) Sound schafft. Die Beobachtung elektroakustischer Arbeiten, die auf verschiedenen Multichannel-Plattformen wie Ambisonic System, BEAST oder dem Setup von IRCAM präsentiert werden, hat mir sehr viele 3D-Audio-Hörerfahrungen ermöglicht. Es ist auch eine typische Darbietungsform elektroakustischer oder „acousmatic“ Musik. Die meisten der erwähnten Systeme nutzen individuelle Hardware oder ein Audiomischpult als Plattform, um über Sound Diffusion zu arbeiten. Dieser Gedanke brachte mich auf die Idee für meine Arbeit „Rahah“ (2003-04), bei der ich versuchte, ein Gefühl des räumlichen Hörens zu erschaffen, indem ich den natürlichen Hall in den Räumen des Erholungszentrums nutzte, in dem der Ton aufgenommen wurde. Die Aufnahme wurde mittels eines Kondensatormikrofons aufgenommen, das in der Mitte eines Badminton-Platzes aufgestellt war, während ein paar Freunde spielten. Der Hall des Erholungszentrums ließ die Arbeit realistischer wirken und verlieh ihr weitreichendere Stereotiefe, was beim Hören über Kopfhörer zu einem Raumgefühl und einem Gefühl des Eintauchens führt.
   

Im Gegensatz dazu ist „metallic“ (2004) eine Arbeit, die unvorhergesehen im Studio entstand – als die Ablage eines Notenständers während meiner Aufnahmesession herunterfiel! Der Notenständer war wie jeder andere typische Notenständer, aber mit einem Unterschied: Anstatt dass das Tablett aus einem massiven Stück bestand, war es als vertikales Gitter gefertigt, das auf dem Teil der Oberfläche vibrierte und mitschwang, auf dem die Partitur platziert wurde. Das Geräusch des fallenden und schwingenden Tabletts war erstaunlich schön. Ich war fasziniert von der Resonanz und den Vibrationen des Klangs, die von meinen Neumann-Mikrofonen aufgenommen wurden. Als ich weiter damit experimentierte, kamen beim Spielen des Objekts verschiedene Techniken zum Einsatz, darunter das Zupfen und Anschlagen mit einem Stift und das kurzzeitige Spielen, als wäre es ein Saiteninstrument. Als ich jeden “saitenähnlichen” Teil mit meinen Fingern anschlug, vibrierte der Notenständer und erzeugte Resonanz.


Lokale Inhalte durch Soundlandschaften erkunden

Einer der Vorteile auf dem großen Archipel Borneos zu leben ist es, von natürlicher Schönheit umgeben zu sein. Für jene, die eine solche Umwelt schätzen, ist das aufregend. Zusammengenommen mit der Diversität von Kulturen und Lebensformen, macht das diese Region sehr einzigartig und zu einer Quelle der Inspiration für alle, die dies zu schätzen wissen. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass die Lebensweisen der Einheimischen oder lokalen Menschen noch stark mit denen ihrer Vorfahren verbunden sind. Das ist der Grund, warum die meisten Arbeiten, die ich produziere, oft mit der Kultur der lokalen Gemeinschaft oder der Atmosphäre vor Ort verbunden werden können.

Ehrlich gesagt ist es recht selten, dass ein*e Komponist*in oder ein*e Klangkünstlerin über das Komponieren von Soundlandschaften in Malaysia spricht. Das könnte darauf hinweisen, dass der Reichtum des äquatorialen Regenwalds in Malaysia nicht genug Aufmerksamkeit von Soundaktivist*innen erhält, oder dass vielleicht dass Einheimische die Schönheit und die Klänge, die in dieser Umwelt vorzufinden sind, als etwas Gewöhnliches und damit Uninteressantes ansehen.

Es ist recht schwierig, elektroakustische Musik zu besprechen, insbesondere die Komposition von Soundlandschaften im malaysischen Kontext. Das liegt wahrscheinlich daran, dass das Publikum eher mit dem Begriff „Experimentalmusik“ etwas anfangen kann, als mit den spezifischen Termini innerhalb von Genres und Subgenres. Dies ist auch der Grund, warum es etwas schwierig ist, die Komponist*innen und Performer*innen solcher musikalischer Arbeiten zu identifizieren, außer wir besuchen ihre Aufführungen.

In vergangenen Jahren wurde ich dazu eingeladen, an verschiedenen Feldforschungsinitiativen teilzunehmen, die von Forschungsgruppen von Biolog*innen geleitet wurden und die sich vor allem auf Vögel und Amphibien konzentrierten. Bioakustische und auf Sozialverhalten und Ökologie bezogene Forschungsprojekte über die Schwarznestsalangane (Aerodramus Maximus) und phylogenetische Beziehungen zwischen den Charakteristiken des Werbelauts männlicher Borneo-Frösche (aus dem Hylarana Genus) und der Struktur ihrer Stimmbänder, sind zwei sehr bedeutende Projekte, an denen ich teilgenommen habe. Diese transdisziplinäre Forschung stammt aus den gemeinsamen Interessen mehrerer Biolog*innen und Soundkünstler*innen wie mir. Beide Studien haben mich weit in das Innere der Insel geführt, um Klangaufnahmen vorzunehmen. Eine Chance, die ich selten verpassen möchte.

Auf Vorschlag eine*r Biolog*in, wurde zwischen 2008 und 2011 ein Forschungsprojekt über die übereinstimmenden phylogenetischen Beziehungen zwischen den Charakteristiken des Werbelauts und der Struktur der Stimmbänder männlicher Borneo-Frösche durchgeführt. Die Studie zielte darauf ab, die Stimmgebung, Kommunikation und das soziale Verhalten von Fröschen zu untersuchen, die sich in einem der malaysischen Nationalparks finden lassen. Während des Forschungsprozesses durften wir Soundmaterialien aufnehmen und untersuchen. Eine ähnliche Studie fand zuvor zur Schwarznestsalangane statt. Wie bei den bereits erwähnten Forschungen zu den Anuranenarten, bestand das Ziel der Untersuchung der Schwarznestsalangane ebenfalls darin, ihr Sozialverhalten zu untersuchen und ihre Rufe zu sammeln sowie zu klassifizieren.

Generell kennen wir zwei allgemeine Lebensräume und Gruppen von Fröschen, nämlich die, die eng mit menschlichen Aktivitäten verbunden sind, und die anderen, die eher auf Wälder beschränkt sind. Frösche sind dafür bekannt, untereinander vor allem zu kommunizieren, um sich gegenseitig anzulocken und ihr Gebiet abzustecken. Die Variationen ihrer Rufe sind von Biolog*innen als nützliches Werkzeug in taxonomischen Studien genutzt worden. Demnach ziehen männliche Frösche während der Paarungszeit Weibchen durch ihre lauten Quaklaute an, die auch auf ihre Art hinweisen.

Fieldrecordings mit einem with Parabolmikrophon. Foto von Hasnizam Abdul Wahid.
Fieldrecordings mit einem with Parabolmikrophon. Foto von Hasnizam Abdul Wahid.


„Bioacoustic and Soundscape Ecology Mapping and Digitizing Project for Added Value Tourism Attraction“ („Bioakustisches und klangökologisches Kartierungs- und Digitalisierungsprojekt zur Attraktion von Tourismus mit Mehrwert“) ist mein jüngstes Projekt, um Soundmapping im Bako National Park, Sarawak durchzuführen. Bako National Park ist aufgrund seiner Nähe zur Stadtmitte ein beliebtes Besuchsziel unter ausländischen Tourist*innen, die Kuching, Sarawak besuchen. Diese Recherche ist die Erweiterung mehrerer Forschungsprojekte, die zuvor erwähnt und durchgeführt wurden. Das Projekt bezieht sich auch auf eines, bei dem Murray Schafer und seinen Kolleg*innen in den späten 1960ern Pionierarbeit leisteten. Jenes Projekt drehte sich um die Aufnahme einer Soundlandschaft, die sich später zu einer Form der Sounddokumentation in Bezug auf Veränderungen, die sich in einer Umgebung vollziehen, entwickelte. Dabei werden Dichte und Vielfalt durch Klang gemessen.

Ein Tonmann auf nächtlichem Soundwalk durch den Regenwald. Foto von Hasnizam Abdul Wahid.
Ein Tonmann  auf nächtlichem Soundwalk durch den Regenwald. Foto von Hasnizam Abdul Wahid.
  Die Klangaufnahmen wurden nachts vorgenommen, wenn Vögel und Tiere am aktivsten sind.

Bioakustik ist eine neue Terminologie aus der Perspektive der Musikwissenschaften, insbesondere in Malaysia, aber nicht für Biolog*innen. Es ist ein Bereich, der die Flora und Fauna aus einem Klangkontext erfasst und darauf abzielt, sie besser zu verstehen. Sie wird als interdisziplinäres Feld zwischen Biologie und Akustik angesehen und ist auch als Forschung über die Laute bekannt, die Tiere in ihrem ökologischen Kontext, wie auch in durch Menschen dominierten Umgebungen, produzieren.

Die Stücke „Lockdown“ (2019) und „Night Walk“ (2019) wurden mit aufgenommenem Material aus dem Bako Nationalpark komponiert und produziert. Die Aufnahmen stellen nur einen Bruchteil der von Fröschen erzeugten Mikrosounds dar. Das Stück wurde mit einem eigenen kompositorischen Zugang erschaffen, der das aufgenommene Material durch die Unterteilung großer Soundsamples in winzige Fragmente erkundete.

Wenn ich über die von mir produzierten Werke nachdenke, besteht kein Zweifel daran, dass ich dazu neige, aufgenommenes Material aus meiner Umgebung zu verwenden. Das liegt daran, dass ich davon ausgehe, dass jeder aufgenommene Ton eine Vielzahl von Geschichten beinhaltet und die Atmosphäre eines Ortes und einer Zeit wiedergibt. Im Gegensatz zu visuellen Aufnahmen können aufgenommene Klänge die Atmosphäre einer Umwelt effektiver wiedergeben – umso mehr, wenn sie mit dreidimensionalem Sound oder zumindest mit guter Stereotiefe präsentiert werden. Abgesehen davon müssen beim Hören von Tonaufnahmen auch gestische Aspekte und die Dynamik berücksichtigt werden, die durch die Tonbearbeitung und -verarbeitung entstehen.