Inputs & Discussions

Von der Theorie zur Praxis

Drawn graphic showing different people exchanging ideas symbolised by blurbs filled with symbols like light bulbs and scales.
© Ezequiel Hyon

Mo, 26.09.2022 11:30 Uhr – 12:30 Uhr

Online

Diese Session dient zur Einführung in die Künstliche Intelligenz und das Arbeiten damit. 



 

Programm


11:30 Christoph Benzmüller (Universität Bamberg): Was ist KI? 
Der Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) hat in seiner vergleichsweise jungen Geschichte bereits verschiedene Winter- und Sommerperioden erlebt. Die aktuelle "Hitzewelle" scheint stärker und nachhaltiger zu sein als frühere Sommerperioden, da in den letzten zwei Jahrzehnten erhebliche Fortschritte erzielt wurden, insbesondere im Bereich der subsymbolischen KI.* Datengesteuerte maschinelle Lernmethoden, insbesondere Deep Learning, wurden in den Medien gehypt, und die Industrie sucht verzweifelt nach Experten und stellt diese ein, da KI weithin als die Dampfmaschine des 21. Jahrhunderts gilt. Diese Erfolgsgeschichten haben sogar dazu geführt, dass der Begriff KI in der öffentlichen Wahrnehmung heute weitgehend auf subsymbolische KI reduziert wird. Gleichzeitig wird symbolische KI heute oft als "good old fashioned AI" (GOFAI) bezeichnet, was eindeutig eine irreführende Bezeichnung ist, da sowohl symbolische als auch subsymbolische KI-Techniken von Anfang an als relevant erforscht wurden, insbesondere im Hinblick auf Visionen einer starken KI. Und wie wir lernen werden, gibt es auch im Bereich der symbolischen KI Erfolgsgeschichten zu vermelden, wenn auch nicht auf dem Niveau der subsymbolischen KI, die derzeit eine sehr robuste und praktikable Wahl für viele niedrig hängende Anwendungen in der Industrie zu sein verspricht. 

Die Vision einer starken KI, d. h. einer KI, die die menschlichen Fähigkeiten in allen oder fast allen Bereichen übertrifft, erfordert meines Erachtens die Hybridisierung von Techniken beider Seiten (oder eine überzeugende Erklärung, warum sich symbolische Argumentationstechniken plötzlich und ohne weiteres aus datengesteuerten subsymbolischen Techniken entwickeln sollten). Es ist also in der Tat der Bereich der hybriden KI, in dem das nächste "große (intellektuelle) Ding" zu erwarten ist. Um meinen Standpunkt besser zu verstehen und um zu zeigen, warum ich weiterhin auf der Relevanz der symbolischen KI bestehe, will ich kurz meine persönliche Arbeitsdefinition des Begriffs KI darlegen: 

Künstliche Intelligenz ist eine Wissenschaft der Computertechnologien, die entwickelt wurde, um intelligentes Verhalten in Maschinen zu erreichen und zu erklären. Mit intelligent bezeichne ich hier eine Sammlung von Fähigkeiten, die es einer Entität ermöglichen, (i) bestimmte (schwierige) bereichsspezifische Probleme zu lösen oder zu lernen, (ii) das Bekannte und das Unbekannte zu meistern, d. h., erfolgreich in bekannten, unbekannten und dynamischen Umgebungen zu handeln (was Wahrnehmung, Planung und Handlung etc. verlangt), (iii) rational zu denken, Widersprüche zu vermeiden und abstrakte Theorien zu erforschen, (iv) sich selbst zu reflektieren, Selbstwidersprüche zu erkennen und die eigenen Überlegungen mit übergeordneten Zielen und Normen in Einklang zu bringen, und (v) sozial mit anderen Entitäten zu interagieren und die eigenen Ziele und Normen mit denen einer Gemeinschaft (für ein höheres Gut) in Einklang zu bringen. 

Hervorragende Fortschritte auf dem Gebiet der KI wurden in erster Linie auf der Ebene (i) und in gewissem Maße auf der Ebene (ii) erzielt; diese Fortschritte auf beiden Ebenen wurden sowohl durch subsymbolische als auch durch symbolische Techniken ermöglicht, obwohl der Schwerpunkt derzeit, insbesondere auf der Ebene (i), eher auf der ersteren zu liegen scheint. Fortschritte auf den Ebenen (iii)-(v) erfordern meines Erachtens eindeutig symbolische Modellierungs- und Argumentationsfähigkeiten in einer intelligenten Entität; insbesondere die Erforschung und anschließende Bewertung einer abstrakten Theorie, etwa in der Mathematik, den traditionellen Naturwissenschaften, der Metaphysik oder in Recht und Ethik, erfordert zwangsläufig die Beherrschung einer symbolischen Repräsentationssprache. 

(*: In der KI wird seit ihren Anfängen zwischen konnektionistischen/subsymbolischen und symbolischen Paradigmen zur Modellierung und Erklärung intelligenten Verhaltens unterschieden. Subsymbolische Ansätze modellieren intellektuelle Fähigkeiten im Allgemeinen mit Hilfe künstlicher neuronaler Netze, d. h. mit Netzen von Recheneinheiten ohne semantische Bedeutung. Der symbolische Ansatz hingegen geht davon aus, dass Intelligenz aus der Manipulation abstrakter kompositorischer und bedeutungsvoller Darstellungen resultiert. Zu den in diesem Bereich verwendeten Techniken gehören regelbasierte Systeme und formale Logik. Beide Paradigmen haben bekannte Stärken und Schwächen, und die Debatte darüber, ob Intelligenz auf menschlicher Ebene plausibel durch das eine oder das andere modelliert und erklärt werden kann, hat eine lange Tradition).

S. auch Christoph Benzmüllers demnächst erscheinender Artikel: Symbolic AI and Gödel’s Ontological Argument, Zygon, 2022. DOI: 10.1111/zygo.12830

11.45 Q&A/ Diskussion


12:00 Alexander Machado (appliedAI): Einführung in den Machine Learning Life Cycle
KI hat den anfänglichen Hype hinter sich gelassen und ist inzwischen in zahlreichen Systemen auf der ganzen Welt im Einsatz. Leider schätzt Gartner, dass mehr als 80 % der KI-Projekte die Produktion nicht erreichen. 

Der ML-Lebenszyklus ist ein vereinfachtes Framework auf hohem Level, der die wesentlichen Aspekte und Schritte aufzeigt, die berücksichtigt werden müssen, um ein KI-Projekt von der Konzeption bis zur Produktion zu bringen. 

Dieses Framework befasst sich mit typischen Herausforderungen, wie z. B. einer forschungsorientierten Denkweise in der Produktionsumgebung, schlechter Planung, einer uneinheitlichen Sicht auf den ML-Lebenszyklus über die Teams hinweg, inkonsistenter Verwaltung von Artefakten, nicht-existenter angemessener Überwachung, Automatisierung nach der Bereitstellung eines Modells und vielem mehr.


12:15 Q&A/ Diskussion

Das Programm findet auf Englisch statt.