Mutter* und andere Zustände  Clara Alisch - „Jeder Tropfen zählt“

Clara Alisch - „Jeder Tropfen zählt“ © Clara Alisch, Lactoland, 2022, Videostill.
In der Serie "Mutter* und andere Zustände - Ein Mikro-Fokus auf aktuelle Kunst zum Thema Mutterschaft" stellen wir Ihnen 3 Künstlerinnen vor, die aus unterschiedlichen Perspektiven und mit verschiedenen Materialien ihre Sicht und ihr Erleben von Mutterschaft in ihrer Kunst zeigen, Tabus brechen und so gleichzeitig mit veralteten Geschlechterrollen aufräumen.

------ Die Textur und Farbe der Bonbonmasse sieht köstlich aus: ein helles Gold, cremig, die Süße wabert förmlich durch das Video hindurch in den eigenen Mund. Die Künstlerin wendet gekonnt mit sorgfältigen Bewegungen die helle Masse; die zarte Crème folgt fließend ihren Handgriffen, das Gesicht ist ernst und konzentriert. Das Material ist wertvoll, nichts darf schief gehen, Verschwendung wäre fatal, denn die Bonbonmasse, die hier geschmeidig gemacht wird, wurde mit abgepumpter Muttermilch hergestellt - zumindest suggeriert das Video das und wendet so die Aufmerksamkeit auf ein Material, das von besonderem Wert und starker symbolischer Bedeutung ist.

Den Prozess des Abpumpens und der Herstellung der Bonbons hat die Künstlerin Clara Alisch in ihrem Video „Lactoland“ (2021) inszeniert und gefilmt. Als Installation im Ausstellungsraum ist das Video zusammen mit einer großen Bonbonniere arrangiert und um es sich, mit einem Bonbon im Mund bequem zumachen liegen große beige Stillkissen auf dem Boden. „Dieses Bonbon ist für mich ein Symbol für die soziale Ungleichheit in Bezug auf den „weiblichen“ Körper, dessen utopische Auflösung ich durch das „Lutschen /Saugen“ und Schmecken sinnlich erfahrbar machen möchte. Das „Lutschen“ des Bonbons, das vermeintlich fremde Milch enthält, durchbricht die symbolische Ordnung und regt dazu an, über alternative Formen der Milcharbeit nachzudenken. Dabei geht es mir um die Auflösung festgelegter bzw. konstruierter Körpergrenzen innerhalb der binären Ordnung.“ schreibt die Künstlerin über die Bedeutung der Arbeit. In „Lactoland“ bringt Alisch die symbolische Wertung von menschlicher Milch in direkten Zusammenhang mit der Produktion von Konsumgütern und hinterfragt gleichzeitig das Tabu der Verwendung von menschlicher Milch außerhalb der Säuglingsernährung.
 

Clara Alisch - „Jeder Tropfen zählt“ © Clara Alisch, Lactoland, 2022, Videostill. (Porträt)

Clara Alisch lebt und arbeitet als Bildende Künstlerin in Bremen. Sie schloss ihr Studium der Zeitbezogenen Medien 2021 an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg bei Prof. Matt Mullican und Prof. Michaela Melián mit dem Master of Fine Arts ab. 2018 studierte sie zudem ein Semester an der Beaux-Arts de Paris im Rahmen des Stipendienprogramms Art School Alliance. Aktuell absolviert sie einen Ergänzungsmaster der Kunstwissenschaften und Filmwissenschaften an der Universität Bremen. Seit 2017 ist sie Stipendiatin der Künstler:innenförderung des Cusanuswerks Bonn. Mit ihrer multimedialen Videoinstallation *Lactoland*, die sich mit der menschlichen Milchproduktion als reproduktivem, ökonomischem, ästhetischem und virtuellem Prozess beschäftigt, war sie Preisträgerin des Kunstpreises *#rundgang50hertz 2022* des Hamburger Bahnhofs – Museum für Gegenwart Berlin, sowie Preisträgerin des *Ursula-Schneider-Preises 2022* im 1. Hauptpreis des Museums der Arbeit Hamburg.

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