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Filmkritik | Berlinale Blogger*innen
„Faruk“: eine bewegende Vater-Tochter-Geschichte

Faruk
© Emre Erkmen

„Faruk“ ist ein deutsch-französisch-türkischer Film über das Leben eines über 90-jährigen Mannes, dessen Wohnblock in Istanbul abgerissen wird. Seine Tochter dokumentiert seine Erfahrungen durch eine fiktive Biografie, in der Faruk zum Protagonisten wird.

Von Éliane Doré

Der Film, bei dem Asli Özge Regie führte und das Drehbuch schrieb, ist daher ein engagiertes Werk, das Istanbul porträtiert, ähnlich wie ihr Drama Men on the Bridge (2009), das ebenfalls gut auf den Filmfestivals abgeschnitten hat. 

Eine intelligente Mischung aus Fiktion und Dokumentation

Während des Films fragen wir uns ständig, ob wir eine fiktive Welt betrachten oder nicht, denn die Geschichte könnte jedem passieren. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass überall im Westen Wohnungsnot herrscht. Der Film ist also in der Gegenwart verankert. Wenn wir jedoch in der Erzählung fortschreiten, hören wir die Cuts und die Regisseurin, die ihrem Vater Anweisungen gibt, wie er zu spielen und die Szenen zu gestalten hat, und damit „die vierte Wand durchbricht“. Der persönliche Aspekt des Films Faruk wird vor allem deutlich, als der Name der Regisseurin im Werk erwähnt wird und wir erkennen, dass ihr eigener Vater die Hauptrolle spielt. Wir verstehen also, dass wir in dieser fiktional anmutenden Geschichte Zugang zu etwas Unbearbeitetem und Echtem haben, der Beziehung zwischen einer Tochter und ihrem Vater, was das Werk wirklich berührend macht.

Eine starke Mischung aus Intimität und Kollektivität

Dieser Film wurde über einen Zeitraum von sieben Jahren gedreht, sodass man wirklich sehen kann, wie sich Istanbul unter dem Einfluss der Gentrifizierung, einem heute überall verbreiteten Phänomen, verändert hat. Man sieht die Zerstörung von sowohl neuen als auch beschädigten Gebäuden und wie diese Veränderung viele Leben auf den Kopf gestellt hat. Die Regisseurin wollte eine Hommage an all die Menschen schaffen, die diese Verdrängungen erlebt haben. Der dokumentarische Aspekt verleiht der Geschichte daher viel Glaubwürdigkeit. In einigen Aufnahmen sieht man Techniker und Filmausrüstung wie Stangen und die Klappe, die den Beginn der Dreharbeiten für eine Szene markiert. Außerdem hat Özge die Hauptrolle mit ihrem Vater besetzt, was ihrem Projekt eine sehr intime Seite verleiht. Der Film zeigt sowohl ihr persönliches Leben als auch den eher sozialen und engagierten Aspekt der angespannten Beziehungen zu den Besitzer*innen des Gebäudes. Die Aufnahmen zeigen uns, wie schwierig es für den älteren Mann ist, seine Wohnung zu verlieren und an einen Ort gebracht zu werden, der ihm nicht zusagt.
   
Die Stärke des Films liegt also in dieser Mischung der Formen, denn obwohl es viele Dokumentarfilme zu diesem Thema gibt, ist es die Empathie, die wir dank der fiktiven Bestandteile für Faruk empfinden, die uns am meisten über die Opfer dieser Wohnungskrise nachdenken lässt. Faruk ist daher ein absolutes Muss!
 

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