Bunte Party neben politischer Diskussion
Prag wird wieder LGBT- Metropole: Vom 11. bis 18. August findet der vierte Jahrgang der Prague Pride statt. Die Botschaft richtet sich in diesem Jahr vor allem nach Osten. Die Prague Pride zeigt sich solidarisch mit Homo-, Bi- und Transsexuellen in Russland, Belarus und der Ukraine. Ein Interview mit Co-Organisator Willem van der Bas.
Willem van der Bas (42) ist Architekt und kommt aus den Niederlanden. Seit vier Jahren lebt er mit seinem Lebensgefährten in der tschechischen Hauptstadt. Als Co-Organisator des größten tschechischen LGBT-Festivals hat er in den letzten Wochen vor der Veranstaltung viel zu tun. Zeit für einen Kaffee und ein Gespräch mit jádu-Autorin Lara Hampe hat er trotzdem gefunden.
Das Motto der diesjährigen Prague Pride lautet „Die Brücke zwischen Ost und West“ – wo beginnt denn der Osten?
Die heutige Tschechische Republik gehörte während des Kalten Krieges zum Ostblock; die tschechische Mentalität ist im Gegensatz zu anderen slawischen Ländern aber schon immer eher westlich geprägt gewesen. Das gilt auch im Hinblick auf die Rechte der Homosexuellen. Das Recht auf Eingetragene Lebenspartnerschaft zum Beispiel gibt es hier seit 2006. Im Westen nimmt man das nicht so wahr – ich selbst komme aus den Niederlanden – und neigt zu der Annahme, der ganze ehemalige Ostblock sei ein und dasselbe. Dabei geht es bei der Prague Pride sehr offen zu: es gibt keine große Polizeipräsenz, man spricht sich aus und feiert Open air Partys – das überrascht viele aus dem Westen.
Die Causa Putna im Jahre 2013 passte dann wohl eher ins westliche Klischee über den homophoben Osten?
Das war natürlich bedauerlich, ich glaube aber nicht, dass diese Causa repräsentativ für die allgemeine Einstellung der Tschechen zur Homosexualität ist. Vor allem nicht hier in Prag: ich lebe im Stadtteil Vinohrady und sehe dort jeden Tag Jungen Hand in Hand im Park sitzen. Das ist hier kein großes Ding. Etwas anders sieht das auf dem Land aus. Mein Mann kommt beispielsweis aus dem tschechischen Osten. Sein Vater hatte sehr große Probleme mit dem Coming-out seines Sohnes. Letztes Jahr haben wir geheiratet – natürlich in den Niederlanden. Der Vater meines Partners kam damit lange nicht zurecht. Das hat eine Weile gedauert, jetzt hat er es, denke ich, akzeptiert. Ich glaube, viele Menschen müssen einfach erst verstehen lernen, dass es nichts Schlimmes ist, homosexuell zu sein. Im Allgemeinen ist Homosexualität aber in Tschechien dennoch akzeptiert, solange sie halbwegs im Privatleben gehalten wird. Es gibt zum Beispiel in der Politik wirklich wenige Coming-outs, was ich schade finde. Die Politik sollte doch auch die Gesellschaft repräsentieren. Vor zwei Jahren hat uns Anna Grodzka, eine transsexuelle Politikerin aus Polen auf der Prague Pride besucht. Ein ganz besonderer Fall. Ihr Coming-out in einem Land, das als sehr konservativ und katholisch gilt, fand ich bewundernswert. Auch in der Slowakei gibt es ein paar offen homosexuelle Politiker. Ich glaube, langsam verändert sich etwas.
In der Ukraine wurde in diesem Jahr schon wieder die Gay Pride abgesagt, diesmal aus Sicherheitsgründen. Was meinen Sie dazu?
Das war sehr schade. Dort wird alles sehr ausführlich und geheim geplant und dann in letzter Sekunde abgesagt. 2012 gab es den Dokumentarfilm Gay Champions, der zeigt sehr gut was da abgelaufen ist. Alle Medien waren zu dem Zeitpunkt auf die Ukraine fokussiert, da dort ja die Fußball-Europameisterschaft stattgefunden hat. Es wurde die erste Gay Pride in Kiew organisiert, aber Neonazis und Konservative haben die Parade verhindert. Auch, was in Russland passiert. Dort sind Gay Prides bis zum Jahr 2112 verboten worden! Wir haben deshalb für die diesjährige Prague Pride ein besonderes Programm entwickelt: Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf die Ukraine, Belarus und Russland. Dort, oder wo auch immer sie wohnen, können sich LGBTs online registrieren und einen Avatar auf die Prague Pride schicken, der in ihrem Namen das Festival besucht und dann entweder anonym oder mit einem Banner und dem Namen herumläuft.
Eindrücke von der Prague Pride 2013
2013 verweigerte Präsident Miloš Zeman dem Literaturwissenschaftler Martin C. Putna die Ernennung zum Professor.Zeman begründete sein Verhalten mit der Teilnahme Putnas an der Prague Pride 2012. Putna hatte auf der Parade ein Transparent gegen den homophoben Politiker Ladislav Bátora gezeigt. Nach Protesten lenkte Zeman teilweise ein. Putna erhielt mit zweiwöchiger Verspätung das Ernennungsdekret – allerdings aus den Händen des Bildungsministers und nicht wie üblich vom Präsidenten persönlich.