Riesenstadt oder Kultstätte?

Foto: Magdalena Wagner

Über die versunkene Stadt „Mirga“

Der Rauhe Kulm: Von Teilen der Forschung wird er als erloschener Vulkan eingestuft. Foto: Magdalena Wagner

Ein Vulkanausbruch mitten in Deutschland, der eine ganze Stadt begräbt? Kann man sich kaum vorstellen, doch soll sich dies tatsächlich in der Nähe des Barbarabergs in der nördlichen Oberpfalz bei Weiden ereignet haben. Unter den Erdschichten des sagenumwobenen Berges wird die Stadt „Mirga“ vermutet.

Die Wipfel der Bäume wiegen sich im Wind, in der Luft liegt der Geruch von Moos, Tannennadeln und auch ein bisschen Herbst und der feuchte Waldboden macht bei jedem Schritt ein sumpfig quakendes Geräusch. Wenn man sich nicht auskennt, scheint man verloren zwischen den dicht gewachsenen Bäumen, die alle gleich aussehen. Hier irgendwo mitten im Wald zwischen zwei oberpfälzer Dörfern, Barbaraberg und Zettlitz, soll sich nach der Legende, die man sich noch heute in der Gegend erzählt, die Slawenstadt „Mirga“ befunden haben.

Man sagt, dass diese Stadt durch einen Vulkanausbruch unter Asche und Lava begraben wurde. Ein paar Kilometer nördlich befindet sich nämlich der Rauhe Kulm, ein Basaltkegel, der von Teilen der Forschung als erloschener Vulkan eingestuft wird. Dieser soll vor vielen Jahrhunderten ausgebrochen sein und die besagte Stadt ausgelöscht haben. Seitdem sind die Menschen in der Gegend und besonders die Kinder, die diese mysteriöse Geschichte am meisten fasziniert, immer wieder auf der Suche nach der Turmspitze der Kirche dieser Stadt. Diese soll angeblich irgendwo im Wald aus der Erde ragen.

Die Rückseite der Wallfahrtskirche am Barbaraberg. Vor der Ruine einer im ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts abgebrannten Vorgängerkirche wurde der Slawenfriedhof gefunden. Foto: Magdalena Wagner

Unglaublich klingt die Legende um die Stadt „Mirga“, doch tatsächlich haben Forscher, die seit vielen Jahren in der Gegend nach mittelalterlichen Schätzen graben, Anhaltspunkte gefunden, die die Legende zu stützen scheinen. So wurde im Jahr 1972 ein ausgedehntes frühmittelalterliches Gräberfeld mit Skeletten und Grabbeigaben slawischer Siedler entdeckt. Auch dass der Gipfel des Rauhen Kulms von dem am Barbaraberg gefundenen Friedhof aus ganz genau die Himmelsrichtung Nord angibt, ist sicher kein Zufall.

Selbst wenn bislang keine weiteren Spuren gefunden wurden, die auf eine städtebauliche Anordnung schließen lassen, steht aufgrund des Slawenfriedhofs zumindest fest, dass der Barbarabergeine alte slawische Kultstätte ist. Eine Theorie, die nach Entdeckung der Gräber aufgestellt wurde und die die Legende erklären könnte, lautet, dass Skelette, die in früheren Zeiten von heimischen Bauern ausgegraben wurden, diese an Riesen erinnerten und deshalb die Geschichte der Riesenstadt „Mirga“ entwickelt und weitererzählt wurde.

Die Suche nach der Kirchturmspitze lohnt sich in jedem Fall. Selbst wenn man sie nicht findet, entschädigt zumindest der tolle Ausblick auf den Hügel des Barbaraberges ins Land die Schatzsucher.

Magdalena Wagner

Copyright: Goethe-Institut Prag
Dezember 2012

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