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Türsteher*innen im Porträt
KILLA SCHUETZE, ROBERT JOHNSON (OFFENBACH) & TRESOR (BERLIN)

Killa Schuetze – Robert Johnson (Frankfurt am Main), Tresor/Clubcommission (Berlin)
Killa Schuetze – Robert Johnson (Frankfurt am Main), Tresor/Clubcommission (Berlin) | Foto: Jonas Höschl

Das Robert Johnson in Offenbach bei Frankfurt am Main und der Tresor in Berlin sind beide bereits seit den 1990ern bestehende, weltweit bekannte Club-Institutionen. Killa Schuetze ist seit 15 Jahren für eine sichere Tür verantwortlich – erst in Frankfurt, mittlerweile in Berlin.

Von Sascha Ehlert

Sascha Ehlert: Ist dieser Job zu dir gekommen – oder bist du zu ihm gekommen? Und: Wann und wo war das? 

Killa Schuetze: Man kann sagen, dass der Job zu mir gekommen ist. Das war so 2008, in Frankfurt am Main. Ich war gerade aus Portugal zurückgekommen und habe einen Job gebraucht. Zu der Zeit war ich sehr stark in ein Umfeld von Freund*innen eingebettet, von denen viele im Robert Johnson gearbeitet haben. Und als dann jemand schwanger wurde, wurde ich gefragt, ob ich denn für diese Person übernehmen wolle.

Bist du schnell reingekommen in den Job, oder musstest du dir erst mal so einen Panzer zulegen, um mit den Eindrücken, die man an der Tür eines Technoclubs einsammelt, umzugehen?

Beides ein bisschen. Natürlich hast du, wenn du als Türsteherin anfängst, erstmal gewisse stereotype Vorstellungen über diesen Job im Kopf und versuchst, denen erstmal zu entsprechen. Man hat ja vorher auch kein Training, keine Ausbildung oder so etwas, sondern macht ganz viel learning-by-doing. Aber wir, die zu der Zeit für das Robert Johnson gearbeitet haben, waren eben auch ein Freundeskreis, deshalb lief das alles sehr natürlich ab.

Wie sehr hat dich dieser Job denn seitdem als Person geformt, und wie stark warst du vor ihm eigentlich selbst Clubgängerin?

In den 1990ern war ich in Hip-Hop-Clubs in Frankfurt und Umgebung, um 2000 dann auch in House- und Techno-Clubs wie dem Monza oder dem Robert Johnson. Und dann war ich ein paar Jahre im Ausland, während derer ich nicht viel weggegangen bin. Erst als ich dann zurückkam und plötzlich diesen Job im Robert Johnson hatte, habe ich dadurch einen Einstieg in die Techno- und House-Kultur gefunden. Auch in dem Sinne, dass ich zum ersten Mal verstand, was Subkultur bewegen kann – und wie sehr man selbst Teil von einer Veränderung sein kann, zum Beispiel als Frau vor so einer Clubtür.

Was hat denn die Entscheidung des Robert Johnson, mit einem weiblichen Tür-Team zu arbeiten, aus heutiger Perspektive damals im Frankfurter Nachtleben bewirkt?

Ich glaube, das war einer von vielen kleinen Schritten hin zur Gleichberechtigung an der Clubtür. Das Robert Johnson war nicht der erste Laden, der so etwas gemacht hatte. Der legendäre Frankfurter Club Dorian Gray am Flughafen hatte auch eine weibliche Bouncerin. Und in Berlin tauchten ungefähr zur selben Zeit auch Frauen an Türen auf. Aber es hat sich seitdem definitiv dahin entwickelt, dass es heute ein relativ gängiges Konzept ist, mit weiblich gelesenen Personen an der Tür zu arbeiten.

Wir sind halt immer nüchtern und passen auf.

Wie sehr ist man, wenn man vor dem Laden steht und die Tür macht, eigentlich selbst Teil der Party, die drinnen passiert?

Das ist eine gute Frage. Erstmal fühlt es sich in der Regel natürlich nicht so an. Wir sind halt immer nüchtern, passen auf und tragen eine gewisse Verantwortung dafür, dass es denen, die drinnen feiern und ihre Verantwortung einen Abend lang mal aufgeben, nicht nüchtern sind und Spaß haben, gut geht. Wir sind also gleichzeitig in einem anderen Raum als die Gruppe von Menschen, die eben in dieser Nacht nicht „aufpassen“ will, aber trotzdem fühlen wir uns als Teil der Party. Immerhin begegnen wir ja jedem Gast zwei Mal am Abend. Und beim zweiten Mal, beim Rauskommen, besteht meist ein großer Unterschied zum ersten Mal, und im Optimalfall sieht man den Leuten dann auch an, dass sie eine richtig gute Nacht gehabt haben.

Ein bisschen seid ihr sozusagen der Cerberus der Clubs, also dieser von der Realität ein Stück weit entkoppelten Räume.

So komme ich mir wirklich manchmal vor, beziehungsweise kann ich die Metapher nachvollziehen. Die Gäste überschreiten eine Art Schwelle, wenn sie zu uns reinkommen – und das geht auch mit einer Bewusstseinsveränderung einher, egal, ob diese durch den Raum, die Musik, das Tanzen oder Drogen ausgelöst wird. 

Du hast mir in einem Vorgespräch erzählt, dass du mit Pandemiebeginn beim Robert Johnson aufgehört hast und dann eine Zeit lang nicht an der Tür gearbeitet hast, bevor du dann einen Türjob in Berlin angenommen hast. Wie hat es sich in dieser Zeit dazwischen für dich angefühlt, also ohne die Routine der Nachtarbeit an den Wochenenden?

Der Bouncer-Job war schon immer eigentlich eher ein kleiner Teil meines Lebens – so wie bei den meisten in meinem damaligen Frankfurter Umfeld. Alle haben irgendwie studiert, Nebenjobs oder Kunst gemacht und die Tür als Ausgleich genutzt. Dennoch war die Pandemie für viele eine schwere Zeit, weil Clubs ja keine Unternehmen in einem klassischen Sinne sind – also die Menschen, die regelmäßig für sie arbeiten, tun das meistens auf Freelance- oder Minijob-Basis. Also nichts, wo du abgesichert bist, in Kurzarbeit gehst oder Ähnliches. Bei manchen großen Clubs ist es natürlich anders, aber die Mehrheit der Leute, die in Clubs arbeiten, sind sehr prekär beschäftigt. Für mich war diese Zeit auch anstrengend, aber ich habe in der Zeit zum Beispiel mein Fotostudium an der Folkwang-Uni abgeschlossen und so voll die spannende Zeit gehabt, in der ich ganz in meine Kunst eintauchen konnte. Und dann kam das Jobangebot vom Tresor.

Warst du dir, als die Anfrage kam, der Historie des Ladens bewusst?

Also ich hatte vorher keinen Grund, mich mit dem Tresor auseinanderzusetzen, aber als ich mit dem Club dann in Kontakt war, wurde mir das natürlich schnell und umfassend bewusst. Mir wurde dann auch schnell klar, dass ein Club wie der Tresor ein Awareness-Team braucht – und so habe ich in meiner Zeit für den Tresor Berlin und den Tresor.West in Dortmund jeweils drei Teams aufgebaut und miteinander verknüpft. Das sind einmal die Securities, dann die Selektion beziehungsweise das ‚Crowd Management‘ und das Awareness-Team. Früher war es in Clubs meist so, dass ein Team alle drei Rollen übernommen hat. Einerseits waren wir ‚Crowd Manager‘, haben also entschieden, wer reinkommt und wer nicht, haben dann aber auch Taschenkontrollen durchgeführt und im Zweifel Leute rausgeschmissen, uns aber darüber hinaus auch gekümmert, wenn zum Beispiel mal jemand einen Krankenwagen braucht, Streitigkeiten geschlichtet werden müssen und so weiter. Ich habe versucht, das so aufzubauen, dass jedes Team seinen festen Aufgabenbereich zu erfüllen hat und die Übergänge trotzdem fließend sind. Aber es geht nicht nur um die Nacht-Arbeitenden, auch im Management muss Awareness gelernt und gelebt werden, damit alles ineinandergreift und funktioniert. Da liegen meistens die größten Hürden für so einen Prozess.

Inwieweit hat das Implementieren professionellerer Strukturen, die dafür sorgen sollen, dass sich auch wirklich ausnahmslos alle Menschen in Clubs wohl fühlen, denn dazu geführt, dass sich die Partys selbst verändern? Oder ist das gar nicht so?

Verändert hat sich vor allem, dass immer mehr Menschen an den Punkt gekommen sind, an dem sie gesagt haben: Es reicht. Wir wollen nachts nicht mehr sexuell belästigt werden oder Diskriminierung an der Clubtür erfahren. Und dadurch hat sich auch der Anspruch der Clubs an sich selbst entwickelt. Gleichzeitig müssen wir uns, glaube ich, im Klaren darüber sein, dass ein Raum, wie der Club einer ist, nie zu 100 Prozent sicher sein kann – es kann nur darum gehen, ihn so sicher wie möglich zu gestalten. Und dazu gehört eben auch, dass die Leute, die an der Tür arbeiten, sich zu Themen wie gender diversity fortbilden und zum Beispiel lernen, wie man nicht-binäre Personen anspricht. Eine Rolle spielen aber auch Fragen: Wie gehe ich mit bestimmten neuen Drogen oder Methoden des Konsumierens wie dem Spiking um? Gewisse Themen waren in der Clubwelt zwar schon länger präsent, aber es wurde lange nicht darüber geredet – und das sollte sich ändern. Zum Glück gibt es da immer mehr Wissen, das weitergegeben wird und damit hilft, Clubs für alle sicherer zu gestalten.

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