Oscar Walter Ciseks Erinnerungen aus der Kindheit

Oscar Walter Cisek (1897 – 1966) war einer der bedeutendsten rumäniendeutschen Schriftsteller, Kunsthistoriker und Karrierediplomat. Er wurde zu einem regen Mittler zwischen der deutschen und rumänischen Kultur, kannte er doch gleichwohl hochkarätige deutschsprachige Autoren wie Thomas Mann und Stefan Zweig und namhafte rumänische Schriftsteller wie Lucian Blaga.

Cisek wuchs in Bukarest mit engem Kontakt zur Literatur und deutschen Kultur auf. Er wurde in der Str. Plantelor geboren und wohnte in seinen ersten Lebensjahren im Haus gegenüber dem Sanatorium des Doktors Alexandru Suțu, wo der wohl bekannteste rumänische Dichter, Mihai Eminescu, seine letzten Tage verbrachte.

Er besuchte die Evangelische Schule in der Nähe des rumänischen Athenäums – die bekannteste Schule der damaligen deutschsprachigen Bevölkerung in Bukarest und Vorgängerin des heutigen deutschen Goethe-Kollegs. Sein Schulweg führte am Kaffeehaus „High Life“ vorbei, durch dessen Fenster er häufig den rumänischen Dichter Alexandru Macedonski erblickten konnte. Erst gegenüber dem deutschen Schriftsteller Bernhard Kellermann fand der junge Schüler den Mut, ihm eigene Gedichte zu zeigen. Der Schriftsteller war damals zu Besuch in Bukarest und übernachtete in der Nähe der Evangelischen Schule, im Hotel Athenee Palace. Kellermann ermutigte ihn zu Recht, den Weg der Dichtung weiter zu verfolgen, was der Junge auch tat.

In seinem Werk bringt Cisek mit einem verfremdeten Blick die pittoreske Landschaft Altrumäniens und Bukarests dem deutschsprachigen Publikum nahe. Liebevoll beschreibt er das Viertel seiner Kindheit als Vorstadt von Bukarest am Anfang des 20. Jahrhunderts: „Unser Haus aber stand hinter den Schatten, die zwei Türme einer unscheinbaren, fast baufälligen Kirche, die man an jener Stelle der ländlich ausgebreiteten Vorstadt vor unausdenkbar vielen Jahren dem Heiligen Stephan geweiht hatte.“ (Cisek, Lebenslauf, in: Neue Literatur (1966), S. 7)   Heute liegt die architektonisch ansprechende Gegend rund um die Str. Plantelor im Zentrum der Stadt. Ihre schönen Gebäude, die Botschaften, Stiftungen und andere kulturelle Sehenswürdigkeiten beherbergen, finden Anklang bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen

Zu seinen bekanntesten Büchern zählen der Roman „Der Strom ohne Ende“, die Novelle „Die Tatarin“ und der Gedichtband „Die andere Stimme“. Im Letzteren befindet sich auch das Gedicht „Aufschrei zur Sonne“, deren letzte Strophe er gern als Grabinschrift ausgewählt hätte: „Sonne / Gib dich mir ganz / Verbrenne mich ganz / Du große Musik!“.


Quellen:
Cisek, Lebenslauf, in: Neue Literatur (Jg. 17, Heft 5-6, 1966), S. 7.

Autor: Dr. Alice Buzdugan

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