Die Luther-Brauerei in Bukarest

Die Geschichte der Bukarester Bierbrauerei Luther zeigt über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrhundert die wechselvolle Entwicklung einer beeindruckenden Einrichtung rumänischer Industriekultur.

Im Jahr 1869 gelang es dem Firmengründer Erhard Luther (*1841 in Kainsbach/ Bayern) nach einem ersten gescheiterten Versuch, die “neue” Fabrik Luther auf einem Grundstück zwischen der Basarabilor-Straße und Rosetti-Straße zu etablieren. Da sich die dort hergestellten Produkte Bier, Malz und Kühleis durch ihre hohe Qualität auszeichneten, wurde Luther Patentlieferant des Königlichen Hofes. Später eröffnet er dort in der Rosetti-Straße auch einen Sommergarten.
Seine Verdienste für die “besondere Bierherstellung” wurden von den Preisrichtern bei der Landwirtschaftsausstellung 1883 mit der Goldmedaille ausgezeichnet. Außerdem erlangte er das Ehrendiplom der Genossenschaftsausstellung. In natürlicher Konsequenz dieser Auszeichnungen erhielt Erhard Luther im Jahr 1884 die rumänische Staatbürgerschaft.

Zwischen 1885-1890 widmet er sich seinem neuen Fabrikprojekt. Er kauft Grundstücke für sich und seine Mitarbeiter an; die Grundsteinlegung erfolgt im Jahr 1890. Sein unerwarteter Tod im selben Jahr am 15. Juni 1890 zwingt seine Ehefrau Sofia Luther (geb. 1851 als Sophia Kaltmayer), die Geschicke der Firma zu übernehmen. Ein Beweis ihrer erfolgreichen unternehmerischen Tätigkeit belegt die Dokumentation im Bukarester Jahrbuch von 1894 mit der Angabe der “jährlichen Produktivkraft der Fabrik von 80.000 Hektolitern Bier sowie einer Lagerkapazität von 600.000 – 1.000.000 Litern bester Bierqualität”.

Aufgrund ihrer nachfolgenden Eheschließung mit Dim. Marinescu Bragadiru erhält die Brauerei kurzzeitig den Namen Sophia M. Bragadiru, wird jedoch nach der Trennung wieder zum alten Firmennamen “Luther” umbenannt. Der Name der prestigeträchtigen Biermarke fungiert als Aushängeschild und Qualitätsmerkmal in Werbeanzeigen, und Nachfrage und Produktionskapazität stiegen in den folgenden Jahren stetig.

Auch nach der Übernahme der Fabrik im Jahr 1905 durch die Brüder Carl und Eugen Czell (beide Siebenbürger Sachsen aus Kronstadt) bleibt der Firmenname Luther bis zur Verstaatlichung der Brauerei bestehen. Mit rechtlichen Schwierigkeiten sieht sich die Brauerei 1908 konfrontiert, als vermeintliche Verstöße gegen das Sanitätsgesetz die Fortsetzung ihrer Arbeit in Frage stellen. Jedoch gelingt es dem Unternehmen, allen erforderlichen Bedingungen zu entsprechen, nicht zuletzt durch Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und Sanitätsstandards. 
Mit Ende der deutschen Besatzung durfte die Brauerei Luther ihre Tätigkeit zusammen mit der Brauerei Bragadiru wieder aufnehmen. 1948 wurden beide zunächst unter dem Namen Grivița verstaatlicht, in den folgenden Jahren mehrfach umbenannt und schließlich im Jahr 1990 als Handelsunternehmen BERE GRIVIȚA SA bis 2007 weitergeführt. Im Januar 2016 eröffnet auf dem ehemaligen Gelände der GRIVITA-Brauerei der deutsche Discounter “Kaufland” einen neuen Supermarkt.
 
Der gute Ruf der Luther- und Grivițaprodukte hat sich bis heute im kollektiven Gedächtnis der Bukarester bewahrt.

Quelle:
Patrimoniu Bucureștean in: https://muzeulbucurestiului.ro/, https://cimec.ro/

Recherche und Texterstellung: Studierende FILS/ POLITEHNICA, 1. Studienjahr  - Seminar Deutsch Interkulturell (Akad.  Jahr 2022-23) Wirtschaftsingenieurwesen im Maschinenbau, DAAD-Lektorin Andrea Cornelißen

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