Frauencharaktere in Games
Die Bekleidung der Frauenfiguren in Videogames

Aveline de Grandpré: Assassin's Creed 3
Black Nerd Problems

Von Tops und Miniröcken bis zu Rüstungen - wie hat sich die Kleidung der Frauenfiguren in Videospielen entwickelt und wie unterscheidet sie sich je nach Kategorie des Spiels?

 

Im 20. Jahrhundert beginnt die weibliche Präsenz in der Gesellschaft anerkannt zu werden, und nicht wie bisher im Schatten der männlichen Vertreter zu stehen. Zur selben Zeit wie diese Veränderungen in der Gesellschaft begann sich in einem rasanten Tempo auch die Technologie zu entwickeln. Im Jahr 1958 schuf der Physiker William Higinbotham das, was als das erste Videospiel gilt - ein sehr einfaches Tennisspiel, das ähnlich dem klassischen Videospiel "Pong" aus den 1970er Jahren war. Vier Jahre später veröffentlichte Taito das Spiel "Basketball", in dem die Charaktere des Spiels auf Grundlage echter Basketballspieler erstellt worden waren. Und wie in der damaligen Zeit zu erwarten war, hatten Spiele, die  veröffentlicht wurden, wie beispielsweise "Mario" (1981), "Mega Man" (1987) oder "Ryu" (1987) männliche Charaktere. Aber mit der Weiterentwicklung des Spieldesigns wurden die Stories und Darstellungen immer realitätsgetreuer.

Zunächst wurden weibliche Charaktere in Spielen für kommerzielle Zwecke eingeführt, um so viele Spieler*innen wie möglich anzuziehen. Diese hatten gut geformte Körper mit üppigen Kurven, welche durch knappe Kleidung hervorgehoben wurden, häufig Miniröcke und Tops. Beim Marketingwettbewerb ging es nicht nur um die Qualität, die Geschichte oder die Fähigkeiten der Helden, sondern auch darum, wie sexy die weibliche Figur war, die als Preis, als Trophäe des Helden galt.

Die Protagonistinnen in Videospielen werden sexualisiert. Die meisten weiblichen Charaktere sind wenig bekleidet, sodass der Fokus auf ihren Körpern liegt, insbesondere auf ihren Brüsten, welche eine starke sexuelle Bedeutung tragen. Dies ist sowohl im Videospiel "Hitman: Absolution" (2012) - über 3,6 Millionen verkaufte Spiele, in denen der Protagonist des Spiels, Agent 47, gegen "The Saints" kämpft - eine Gruppe von sexy Nonnen in Latex mit langen Stiefeln und Rüstung, bekannt als "Latex Nun", als auch im Spiel "Lollipop Chainsaw" (2012) - über eine Million verkaufte Spiele, in denen die Protagonistin, Juliet Starling, als Cheerleaderin in einem Top, kurzem Rock, Kniestrümpfen und Turnschuhen erscheint und eine Säge in der Hand hält, zu sehen. Im Vergleich zu der männlichen Bekleidung, die der Realität entspricht, lässt die weibliche Bekleidung viel nackte Haut durchblicken. Obwohl die Charaktere dank ihrer Outfits beliebt sind, sind diese im Vergleich zur realen Welt nicht sehr glaubwürdig. Lollipop Chainsaw ist ein Hack-and-Slash-Videospiel, in dem Spieler wie Juliet gegen Zombies kämpfen, um die Welt zu retten. In den meisten Filmen oder Serien, in denen die Charaktere gegen Zombies kämpfen, tragen sie Jeans und T-Shirts oder spezielle Rüstungen. Sie kämpfen nicht in Miniröcken oder Bikini gegen Monster. In diesem Fall beeinflusst das Outfit die Wahrnehmung der Spieler und vermittelt den Eindruck, dass die Welt in Miniröcken oder Bikini gerettet werden kann.

Auch im Falle des Kampfspiels "Mortal Kombat" (1992-) - über 26 Millionen verkaufte Spiele –ist eine Entwicklung der Outfits der weiblichen Charaktere sichtbar. Wenn wie unsere Aufmerksamkeit auf Sonya Blade richten, die Protagonistin des Spiels, oder auf Prinzessin Kitana-Assassin und Mileena - der Klon von Prinzessin Kitana, können wir ein Muster in puncto Kleidung feststellen, nämlich eine Tendenz zu Bikinis in den ersten Spielen. So sind sowohl Mileena als auch Kitana in Bodies dargestellt, um ihre weiblichen Vorzüge hervorzuheben. Bei den neu-veröffentlichten Spielen werden Frauen eher bedeckt gekleidet. Lederhose und Hüfthalter für Kitana und einen kurzen Kimono mit großem Dekolletee für Mileena, der Fokus liegt weiterhin auf den Brüsten.

Eine geeignete Kampfprofilausrüstung trägt auch Sonya Blade im selben Spiel, in dem die Kämpferin eine Kombi aus Lederhose, T-Shirt, Lederjacke, Handschuhen, verschiedenen Accessoires und Waffen trägt, eine geeignete Ausrüstung für eine Mission. Zunächst wird Sonya Blade wie Lara Croft mit einem Fitness-Top dargestellt, wodurch ihre Brüste betont werden. Die Kleidungsoptionen, die in den folgenden Spielen eingeführt wurden, zeigen eine Entwicklung in der Spieleindustrie und in der Art und Weise, wie weibliche Charaktere wahrgenommen werden.

Die Designer begannen zu erkennen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, Spieler anzuziehen, abgesehen von der kurzen und exponierten Kleidung der weiblichen Charaktere. So fingen sie an, sich mehr auf die Geschichte des Spiels und die Fähigkeiten der Charaktere zu konzentrieren. Im Videospiel Tomb Raider entwickelte sich die ikonische Figur Lara Croft von einem Outfit aus Shorts, Oberteil und Stiefeln, mit einer Waffe in der Hand, zu Kleidung, die ihrer Rolle im Spiel entspricht und von Stammeskleidung bis zu kompletten Militäruniformen reicht.

In Action- und Adventure-Videospielen, in denen die Geschichte von real-historischen Ereignissen inspiriert ist, ist ein abwechslungsreiches Outfit weiblicher Charaktere häufiger vertreten, entsprechend der Epoche der Geschichte. Ein Beispiel ist das Assassin’s Creed-Spiel-Franchise - eine Reihe von Einzelspieler-, Third-Person-, Action-Adventure-Spielen in einer alternativen historischen Umgebung, die auf historischen Fakten und Realitäten basiert, in denen Spieler Mitglieder der "Assassin Brotherhood" werden und andere Charaktere heimlich ermorden. Die Geschichten reichen von Revolutionen und Entdeckungen bis hin zu Katastrophen wie dem Mord an Julius Caesar, der Französischen Revolution (in Assassin’s Creed: Unity) oder dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (in Assassin’s Creed III). Die Spieler werden durch die dunklen und mysteriösen Straßen Londons, ins China des 16. Jahrhunderts oder in tropische Regionen katapultiert, die von Piraten beherrscht werden. Weibliche Charaktere wie Evie Frye - Assassin’s Creed Syndicate, Shao Jun - Assassin’s Creed Chronicles, Aveline de Grandpré - Assassin’s Creed 3 oder Kassandra - Assassin’s Creed: Odyssey, tragen ein Outfit, das für die Epoche und die Umgebung des Spiels geeignet ist. Shao Jun hat eine Assassinen-Rüstung, die extrem viel vom Aussehen der Protagonistin verbirgt und nur die Gesichtsmerkmale des Mädchens in Sicht lässt. Evie Frye hat auch ein viktorianisches Kostüm, das aus typisch männlicher Kleidung für diese Zeit besteht (Hose, Hemd und eiserne Rüstung). Das Outfit deutet sogar auf die Emanzipation der Frauen in Bezug auf die Zeit und den Stand der Frau hin, welcher ihr ermöglicht, Missionen auszuführen.
Ein faszinierender Charakter in der Franchise ist Aveline de Grandpré: Assassin’s Creed 3, eine schwarze weibliche Figur. Die Spieldesigner sind sich dem Problem der Bekleidung der weiblichen Charaktere bewusst, weshalb Aveline Zugriff auf eine breite Palette von Outfits hat, die für jede Mission geeignet sind. Sie hat Zugang zu einer "Damenkleidung", bestehend aus einem luxuriösen grünen Kleid mit einem passenden Hut, der mit Federn verziert wurde, sowie einem "Sklaven-Outfit", bestehend aus Tunika, Hose und Stiefeln, Bluse und einem roten Turban und einer "Assassinen-Kleidung". Als Assasinin trägt Aveline Hose, Ledertunika über Bluse, Lederstiefel und einen Lederhut. Sie hat auch Zugang zu verschiedenen Waffen wenn sie diesen Anzug trägt, wie ein Schwert und Pistolen.
Wie man deutlich sehen kann, gibt es erhebliche Geschlechterstereotypen in Videospielen. Frauen sind in Videospielen nicht nur unterrepräsentiert, sondern auch weniger bekleidet als ihre männlichen Kollegen. Weibliche Charaktere sind eher in enger und kurzer Kleidung zu sehen als männliche Charaktere. Gleichzeitig sehen wir in den letzten Jahren eine Entwicklung, eine Veränderung der Bedeutung und Rolle weiblicher Charaktere als auch ihrer Kleidung in Videospielen. Der Einfluss und das Interesse weiblicher Spieler hat das Gleichgewicht der Geschlechter in Videospielen beeinflusst, wobei die Produzenten durch neue Forderungen dazu verpflichtet werden, das Konzept von Videospielen zu überdenken und für alle Geschlechter geeignet zu machen. Die Attraktion in den letzten Jahren besteht nicht mehr aus sexy weiblichen Charakteren, oder vielleicht nicht in so großem Ausmaß wie zuvor, denn ein besonderer Schwerpunkt wird auf die Fähigkeiten, Möglichkeiten der Reise, Waffen und Herausforderungen gelegt, die das Spiel zur Verfügung stellt. Derzeit tragen weibliche Charaktere sicherlich mehr Kleidung als zuvor, Brüste sind jedoch weiterhin beliebt und werden weiterhin betont. Das Outfit basiert auf der Mobilität und den zur Verfügung stehenden Waffen. Wie Anastasia Shevechenko in ihrem Interview mit Women in Games sagte: "Die Spielebranche hat sich in den letzten Jahren verbessert, aber es gibt immer noch Raum für Fortschritte."
 

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