Mit Timeline of a Raver (2021) präsentiert Vinca Petersen einen sieben Meter langen Ausschnitt aus ihrer Installation A Life of Subversive Joy (2019), die aus Hunderten von aussagekräftigen Fotos und Fundstücken aus dem Leben der Künstlerin besteht, von Raves über Roadtrips bis hin zur Organisation humanitärer Projekte.
Die Geschichte beginnt mit dem ekstatischen Aufstieg der Rave-Partys in den frühen 1990er Jahren, die für die Entwicklung der Techno-Kultur entscheidend waren. Mit ihrer Betonung von hedonistischer Kollektivität und Stärkung der Geschlechtergleichstellung stand die Ideologie der Raves eindeutig im Widerspruch zur zeitgenössischen Politik der britischen Regierung unter Margaret Thatcher und ihren Vorstellungen von Moral und Familie.
Dieser Teil des Werks beschreibt Vinca Petersens Weg vom Hausbesetzen in London und dem Raven an jedem Wochenende bis zum Kauf eines eigenen Vans und der Fahrt nach Kontinentaleuropa, wo sie mehr als ein Jahrzehnt lang auf der Straße lebte. Auf ihren Reisen schloss sie sich verschiedenen losen Gruppen von Musiknomaden an und veranstaltete illegale Raves auf Feldern und in Lagerhäusern, von Portugal bis zur Tschechischen Republik. Das Stück bietet parallele Zeitlinien ihres persönlichen Rave-Lebens und der Entwicklung der Free-Party-Bewegung selbst. Ihre Kamera war dabei ein ständiger Begleiter.
„Es ist eine Art, Erinnerungen festzuhalten“, erklärt sie. „Ich erinnere mich an die Dinge, die ich erlebe, sehr bildhaft“.
Die Kombination aus 6x4-Abzügen und anderen gesammelten Drucksachen sowie Petersens eigenen Worten aus dieser Zeit vermittelt den Eindruck eines ausführlichen Tagebuchs oder Familienfotoalbums. In Timeline of a Raver geht es darum, Momente der Freude festzuhalten, aber es geht nicht nur um Nostalgie. Sie zielt darauf ab, ein Gefühl der Sehnsucht nach mehr dieser freudigen und subversiven Momente der Freiheit, des Zusammenseins und des Spiels in unser aller Leben zu bringen. Das stärkste Gefühl, das die betrachtende Person empfindet, ist das der Verbundenheit mit der Künstlerin, wobei die Geschichte von Petersens Leben wie ein Spiegel für ihr eigenes Leben wirkt.
Vinca Petersen lebt in Ramsgate. Unter dem Vorwand Kunst zu studieren, zog sie im Alter von siebzehn Jahren von ihrem Geburtsort Kent nach London, um dort stattdessen in besetzten Häusern zu leben, als Model an den unkonventionelleren Rändern der Musik- und Modeszene zu arbeiten und von der Rave- und Party-Szene aufgesaugt zu werden, die in Großbritannien in den späten 1980er, frühen 1990er Jahren florierte. Als sich die Szene verfestigte und kommerzialisierte, wurden radikalere Elemente zurück ins Abseits gedrängt. Petersen verließ Großbritannien und schloss sich Freund*innen an, die durch Europa reisten, in Bussen und Transportern lebten und freie Partys über den Kontinent hinweg veranstalteten. Ihre Arbeit erkundet häufig Bereiche kollektiver Freude, der ihrer Meinung nach in der Gegenwart zu wenig Raum zur Entfaltung gegeben wird. In Zeiten, in denen so wenige öffentliche Gemeinschaftsräume zur Verfügung stehen, kann die kollektive Versammlung zur Rückgewinnung dieser Orte selbst zu einem couragierten, radikalen Akt des Widerstands werden. Ihre Alter Egos, Art Nurse+ und Dr. Joy bringen Freude und Verspieltheit in gediegene und übertrieben ernste Kunstveranstaltungen. Sie stellt häufig Räume her, in denen Menschen zusammen entspannen können oder schafft ‚soziale Skulpturen‘, in denen Menschen Interaktionen untereinander genießen können. Ihre Arbeiten wurden in Institutionen wie Tate Modern, Saatchi Gallery und Turner Contemporary gezeigt. Sie ist zudem in der ständigen Sammlung des Victoria & Albert Museums und der Monsoon Collection vertreten.