Ein Podcast von Lucia Udvardyová und Máté Elod Janky (in englischer Sprache)
Mit:
Gáspár Miklós Tamás
Marci Bíró
Nándor Hevesi aka Ivan Buharov
Andi Soós
Gábor Kovács aka Új Bála
Lilla Lőrinc
DIY or Die: Budapest unter der Oberfläche
Folge 11 der Podcast-Serie Timezones, gemeinsam initiiert und koproduziert von Norient und dem Goethe-Institut. Diese Folge wurde nach den jüngsten ungarischen Parlamentswahlen im April 2022 konzipiert, die die Macht der Orbán-Regierung auf unbestimmte Zeit hinaus festigten, und hat zum Ziel, sich mit der unabhängigen (d.h. nicht staatlich finanzierten) Kunst- und Musikszene zu beschäftigen.
Der Titel der Folge (DIY or Die), der auf die DIY-Ästhetik und die Bricolage-Methoden der Punkszene anspielt, mag etwas knapp und harsch klingen, entspricht jedoch den Bedingungen, unter denen die Budapester Kulturszene im Wesentlichen operiert. Der Podcast beginnt mit Gáspár Miklós Tamás, den ich in seiner zentral gelegenen Budapester Wohnung besuchte. Ironischerweise saß ich dort anscheinend auf einem Stuhl, auf dem auch der ungarische Ministerpräsident zu sitzen pflegte, als seine politische Orientierung noch „etwas“ anders war.
Danach geht es weiter zum Gólya, einem Raum, in dem Livemusik, DJ-Sets und Workshops stattfinden und der mehrere NGOs und Medienoutlets beherbergt, die in einer zunehmend feindseligen Umgebung operieren. Es ist der Inbegriff dieser DIY-, gemeinschaftlich und kollektiv betriebenen Philosophie. Für die Buharov-Brüder sind Freiheit und Unabhängigkeit unerlässlich. Trotz ihrer weitgehenden Ausgrenzung von der lokalen Kunstförderung erlangten sie internationale Anerkennung. Ihre Filme versetzen einen in eine opulente, häufig absurde und surrealistische Welt, deren Protagonist*innen im Wesentlichen aus der bunten Riege künstlerischer Freund*innen der Buharov-Brüder aus verschiedenen Ecken der Undergroundszene der Stadt stammen. Einer der Buharov-Brüder, Ivan, wird in diesem Podcast vorgestellt.
Zu guter Letzt gibt es natürlich Humor, etwas, das trotz der herrschenden Untergangsstimmung nicht völlig verschwunden ist. Bei verschiedenen Budapester Events sind regelmäßig MAGA-ähnliche rote Kappen mit der weißen Aufschrift „Osteuropäischer Akzent“ zu sichten. Sie lassen sich auf die Band Exotic Girlfriend zurückführen, deren Frontfrau Andi Soós auch als Kuratorin tätig ist. Ich treffe zudem Gábor Kovács aka Új Bála in seiner Wohnung in Buda, wo unser Interview zwischen Kisten und leeren Wänden stattfindet. Auf der Suche nach einem besseren Leben und um seine musikalischen Aktivitäten zu verfolgen, zieht Gábor nach Brüssel. Viele sprechen davon, wegzugehen, erschöpft und das Warten auf einen Systemwechsel leid. Andererseits: „Man muss einfach seine Sache machen, wo immer man kann“, wie die bildende Künstlerin Lilla Lőrinc erklärt.
Playliste mit einer Auswahl von Titeln der Underground-Produzent*innen der Stadt, kuratiert von Lucia Udvardyová
[1:01] Gáspár Miklós Tamás
Ich finde es ziemlich tragisch, dass es trotz des Wandels noch so viele Unterschiede zwischen Osteuropa und Mittel- und Westeuropa gibt. Die politischen Trennlinien befinden sich noch immer genau dort, wo sie schon 1980 oder auch 1930 waren. Und es gibt nicht wirklich den Wunsch nach einer freieren Gesellschaft, oder das Vertrauen in eine solche. Und ja, wir leben in Budapest und damit an dem einzigen Ort in unserem Land, an dem eine Mehrheit der Menschen die Opposition unterstützt. Das ist in vielen Ländern so. Schaut euch Städte wie Prag, Bratislava oder Warschau an – es gibt noch immer große Unterschiede zwischen Stadt und Land. Genauso war es schon im 18.& Jahrhundert. In dieser Hinsicht hat sich meines Erachtens nicht viel verändert, und das ist wirklich traurig. Es ist sehr schade. Meine Tochter ist 17 und lebt ein Leben, das so auch in Berlin möglich wäre. Und 30& Kilometer von Budapest entfernt herrschen Lebensumstände wie in Moskau. Oder schlimmer.
[2:43] Gáspár Miklós Tamás
Die Regierung kann alles tun [und] hat tatsächlich bereits alles getan, um die Autonomie von Institutionen einzuschränken. Wer hätte gedacht, dass die Unabhängigkeit der ungarischen Akademie der Wissenschaften jemals beschnitten oder eine Hochschulreform durchgeführt werden könnte, um der Autonomie der Universitäten über die Einrichtung falscher Stiftungen unter der Leitung einflussreicher Vertreter*innen der politischen Rechten ein Ende zu setzen? Von den umfangreichen staatlichen Fördermitteln für Kunst, Kultur und Forschung, die wirklich großzügig verteilt werden – die Summen sind sehr hoch – profitieren natürlich vor allem Menschen mit rechter Gesinnung oder all diejenigen, die bereit sind, ihre Augen vor den politischen Problemen zu verschließen. Und es stimmt tatsächlich, dass sich die Intellektuellen in unserem Land im Gegensatz zu anderen Ländern in Osteuropa in der Regel aus politischen Angelegenheiten heraushalten. Natürlich wissen alle, dass die Menschen wütend sind und unzufrieden mit dem politischen System. Die Zahl junger Intellektueller, die das Land verlassen, ist beunruhigend. Meine jüngeren Freund*innen leben über die ganze Welt verteilt. Die Situation ist sehr betrüblich und beängstigend. Viele stellen sich zunächst einmal stur und versuchen eine Zeit lang, etwas zu bewegen. Doch die meisten sind nicht bereit, Opfer zu bringen. Und damit meine ich die, die in der Lage und bereit wären, Opfer zu bringen. Doch realistisch betrachtet haben sie in der aktuellen Situation nicht das Gefühl, dass es irgendeinen Sinn ergeben würde, ihr Leben für nichts zu zerstören.
[6:09] Marci Bíró
Buongiorno, mein Name ist Bíró Marci. Ich bin ein ganz normaler Typ aus der Gegend. Im Moment befinden wir uns im Studio von Lahmacun Radio, einem Gemeinschaftsradio in Budapest. Das Radio selbst befindet sich im Kazán Gemeinschaftshaus, das so etwas wie ein siamesischer Zwilling des Gólya ist. Das ist eine von einer Genossenschaft betriebene Mischung aus Gemeinschaftshaus, Veranstaltungsort und Bar. Dort habe ich in den letzten sechs Jahren gearbeitet.
[7:02] Marci Bíró
Wir wollten einen Ort schaffen, an dem alle von uns eine Aufgabe haben, aber für dieselbe Menge an Arbeit auch dasselbe Geld bekommen. Und wir wollten, dass alle Mitglied in der Genossenschaft sind. Letzten Endes ist es der Versuch, unseren Lebensunterhalt in der kapitalistischen Welt von heute mit einer ganz anderen Arbeitsform und Gemeinschaftsstruktur zu sichern.
[7:51] Marci Bíró
Wir haben jahrelang versucht, ein Netzwerk mit bereits bestehenden Genossenschaften aufzubauen. Die Genossenschaftsbewegung beruht nämlich auf dem zentralen Grundsatz der Zusammenarbeit von Genossenschaften. Wir machten uns also auf die Suche nach anderen Genossenschaften – was nicht leicht war – und haben dann doch ein eigenes Netzwerk aus Gleichgesinnten aufgebaut. Dabei sind uns immer mehr Grauzonen und blinde Flecken im angeblich gerechten und sozialen Wirtschaftssystem Ungarns aufgefallen – das es so nicht wirklich gab. Dies ist auch die Aufgabe der meisten Menschen in unserem Gebäude. Wir versuchen uns so weit wie möglich selbst zu versorgen. Beispielsweise beziehen wir unsere Lebensmittel ohne Zwischenhandel direkt von den Landwirtschaftsbetrieben. Wir haben einen eigenen Kindergarten für Gleichgesinnte, die dem derzeitigen Bildungssystem nicht wirklich vertrauen. Außerdem gibt es ein Fitnessstudio, weil Training und Sport gemeinsam mehr Spaß machen. Dann haben wir unser Radio. Und nebenan auch ein Gemeinschaftsatelier für Töpferarbeiten, Siebdruck und viele andere Dinge. Wir betreiben auch Mercé – vermutlich die einzige linksgerichtete Nachrichtenagentur des Landes.
[9:48] Marci Bíró
Wir wollen die Menschen zum Nachdenken darüber bewegen, warum sie gerade hier sind und wie wir uns aus diesem Hamsterrad befreien könnten.
[10:18] Nándor Hevesi aka Ivan Buharov
Unabhängigkeit ist am wichtigsten. Und zwar nicht nur mit Blick auf die Vergangenheit, sondern immer mehr auch in der heutigen Zeit. Vielleicht können wir mit gutem Beispiel vorangehen, wenn wir ohne staatliche Unterstützung oder irgendwelche Mittel der Regierung etwas auf die Beine stellen. Im Übrigen glaube nicht daran, dass es so etwas gibt, weil das Geld nicht der Regierung, sondern dem Volk gehört. Viele Menschen, die unsere Filme im Kino gesehen haben – in Marseille, Paris, Belgrad oder anderswo – sagen uns, dass sie ein Gefühl der Freiheit verspürt haben. Viele hätten durch uns wieder Hoffnung geschöpft – im Kino liegt Hoffnung. Häufig werden die Geschichten dort sehr einfallslos erzählt. Beispielsweise will uns die Filmmusik vermitteln, wie wir uns fühlen sollen. Mit diesen Überlegungen und Erzählweisen wollen wir spielerisch umgehen – und zwar anders als Hollywood –, denn das menschliche Gehirn ist ein Wunder. Wenn eine Geschichte also viele Lücken hat oder nicht ganz klar ist, versucht das Gehirn, dem Ganzen eine Ordnung zu geben. In der Realität müssen wir auch so leben, als würden wir die Wirklichkeit als Traum wahrnehmen. Da gibt es keinen großen Unterschied, oder keine großen Unterschiede.
[12:49] AndiSoós
Ich hatte immer das Gefühl, hier in Ungarn an der Peripherie zu leben. Trotzdem möchte ich immer noch Teil der europäischen Kulturszene sein. Und damit meine ich nicht Westeuropa, sondern grundsätzlich den Kontakt zu Menschen in anderen Ländern. Ich hatte immer den Eindruck, dass mein Englisch ziemlich schlecht ist. Deshalb fühle ich mich immer wie eine Außenseiterin, wenn ich mit Muttersprachler*innen im Kontakt bin. Sogar auch dann, wenn ich sie date. Dieses Gefühl hat uns auch zu unserem Song „Eastern European Accent“ inspiriert. Ich war schockiert, wie patriarchalisch die Musikszene noch immer ist. Ich denke, in der Kunstszene sind die meisten Kuratoren weiblich, also hatte ich auch immer viel mit weiblichen Künstlern zu tun. Und ich hatte nicht das Gefühl, dass Frauen in diesem Beruf besonders benachteiligt sind. Vielleicht hatte ich aber auch einfach nur Glück, dass ich niemals auf größere Probleme gestoßen bin. Ganz anders war es, als wir unsere Band gründeten und in der Musikszene andere Musikerinnen aus Ungarn trafen. Wir baten sie um Rat, weil wir als Anfängerinnen keine Erfahrungen mit dem Musikmachen hatten. Darauf erhielten wir von allen Antworten wie: „Oh, ich kann nicht einmal Gitarre spielen“ oder „Ich bin sowieso keine richtige Musikerin“. Es war interessant zu sehen, dass sich diese großartigen Musikerinnen selbst nicht als Profis betrachteten.
[15:16] Gábor Kovács aka Új Bála
Die Musikszene wird auch stark vom politischen Klima beeinflusst. Die so genannte Gegenkultur oder der Underground funktionieren hier nicht richtig. Wir haben zwar Möglichkeiten, Debatten zu bestimmten Themen anzuschieben oder uns zusammenzuschließen und Probleme anzusprechen. Doch wir nehmen die Gelegenheiten, uns Gehör zu verschaffen, nicht wahr. Irgendwie vermittelt die Musikszene, beispielsweise der so genannte Underground, den Eindruck einer Gruppe von Menschen, die sich eher über äußere Klischees als über echte Werte oder Moralvorstellungen miteinander verbunden fühlen. Wir verlieren Veranstaltungsorte, wir verlieren Möglichkeiten uns öffentlich Auszudrücken. Und die Regierung greift mit ihren Reformen der städtischen Strukturen und Infrastrukturen immer mehr in diese Orte ein. Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen diese Entwicklung nicht als genauso problematisch empfinden, wie ich selbst es zum Beispiel tue.
[17:12] Lucia Udvardyová
Was meinst du, warum ist das so? Warum gibt es deiner Meinung nach keinen Widerstand oder Protest mehr?
[17:20] Gábor Kovács aka Új Bála
Ich denke, es gibt bei uns keinen wirklichen Widerstand, weil wir keine Tradition der Bürgerrechts- oder generell der Demokratiebewegungen haben. Wir sind von unserer sozialistisch-kommunistischen Vergangenheit geprägt. Und die Menschen scheinen den Konformismus verinnerlicht oder von der älteren Generation übernommen zu haben. Ich habe den Eindruck, dass sich niemand wirklich für das große Ganze interessiert. Es geht vielen vor allem darum, den eigenen Komfort und Lebensstil zu sichern. Deshalb habe ich gesagt, dass es in dieser Szene vor allem um modische Entscheidungen und weniger um wirkliche Werte geht. Eigentlich haben der Underground und sogar die Tanzmusikszene eine lange Tradition der Beteiligung von Minderheiten und der Präsentation von Gegenkulturen und ähnlichen Wertvorstellungen. Das alles geht gerade verloren. Und am Ende bleiben nur noch die Strukturen bestimmter Musikrichtungen und formale Klischees übrig.
[20:13] Lilla Lőrinc
Nun, das sind deine Erfahrungen. Ich bin da eher pragmatisch veranlagt. Ich arbeite mit dem, was ich erlebe. Damit beschäftige ich mich. Das können also viele verschiedene Dinge sein, von Politik über Religion bis hin zu persönlichen oder sogar psychedelischen Erfahrungen. Heute geht es uns vor allem um einen besonders tiefen Innenblick. Und aus dieser Position schauen wir auf die anderen und auf die Außenwelt. Also blicken wir immer zuerst nach innen. Und wir positionieren uns nicht gern – dass wir also zum Beispiel nur Teil der professionellen Kunstszene im Bereich der visuellen Künste sind. Und nichts mit der Musikszene zu tun haben. Wir möchten diese Bereiche nicht voneinander trennen, sondern irgendwie miteinander verbinden. Entsprechende Partys konnten wir bereits in dem Zentrum veranstalten, in dem auch unser Studio ist: Das Art Quarter Budapest hat meines Erachtens eine wichtige Rolle in der Stadt als eine der letzten größeren unabhängigen Einrichtungen übernommen.
[21:41] Lilla Lőrinc
Als wir das Zentrum etwa 2006 gründeten – damals hatte ich gerade mein Malereistudium beendet – waren das institutionelle und das Fördersystem natürlich noch vollkommen anders. Vor der Orbán-Regierung war alles irgendwie leichter. Es gab so etwas wie eine logische Reihenfolge – wenn du dies tust, bekommt du jenes. Doch das ist seit 2010 vollkommen anders. Aus meiner Sicht gab es plötzlich ein großes Durcheinander. Und es wurde mit der Zeit immer schwerer, Fördermittel und die Gelegenheit zur Arbeit an Orten oder mit Menschen oder was auch immer zu bekommen. Weil wir in unserer Arbeit oft politische Themen behandeln, wurden wir ein wenig als schwarze Schafe abgestempelt. Doch gerade dadurch haben wir meines Erachtens so viel mehr Energie und auch Kreativität entwickelt. Wir konnten einfach nicht untätig bleiben. Und das halte ich für eine gute Sache. Wir haben so viele wirklich großartige Menschen getroffen, die… Naja, es geht einfach nicht anders. Man muss einfach loslegen und etwas tun, wenn sich die Gelegenheit bietet.
Gáspár Miklós Tamás, bekannt unter seinem Spitznamen TGM, ist ein in Rumänien geborener Philosoph und öffentlicher Intellektueller, der in Budapest lebt. Er hat Beiträge für eine Reihe von Medien verfasst, darunter Mérce und Open Democracy, in denen er sich vorwiegend politischen und ästhetischen Fragen widmet. Seine Bücher wurden in mehreren Sprachen veröffentlicht, darunter Englisch, Französisch und Deutsch.
Marci Bíró ist ein in Budapest lebender Musiker und Kulturmanager. Er ist eine der treibenden Kräfte hinter dem Gólya-Club (wie er in unserem Interview erklärt, wird der Raum natürlich auf gleichberechtigter Basis betrieben; trotzdem – Marci lässt sich ohne Gólya genauso wenig denken wie Gólya ohne Marci). Er war zudem im gemeinschaftlich betriebenen Musikzentrum Kripta aktiv. Neben dem Kulturmanagement ist er auch (hyper-)aktiver Musiker mit Verbindungen zu mehreren Budapester (Punk-) und anderen Bands. Wenn er nicht gerade in den von ihm geleiteten Räumen anzutreffen ist, findet man ihn in einem Kleinbus, mit dem er durch Europas beste DIY-Räume tourt.
Nándor Hevesi aka Ivan Buharov ist ein in Budapest lebender Filmemacher und Musiker. Zusammen mit Kornél Szilágyi gründete er das Künstlerduo Igor und Ivan Buharov, das in den Bereichen Film, Performance, bildende Kunst und Musik aktiv ist. Ihre filmische Welt ist von Surrealismus und Magie durchdrungen, verstärkt durch den Einsatz von Super-8- und 16-mm-Kameras. Ihr jüngster Film trägt den Titel Land of Warm Waters. Zudem komponieren sie die experimentellen Musikstücke, die ihre Filme begleiten.
Gábor Kovács ist ein in Budapest und Brüssel lebender Musiker und bildender Künstler sowie Künstleralumnus der SHAPE-Plattform. Er ist in einer ganzen Reihe von Projekten aktiv und arbeitet mit einer großen Bandbreite von Genres und Klängen, sein Haupt-Output ist jedoch Új Bála. Új Bála mischt Geräusche, Psychedelia und Randbereiche des Techno und setzt dabei die rhythmischen Skelette der Dance-Musik ein, um Ordnung in seinen Hintergrund aus entstellten Synthgeräuschen zu bringen. In den vergangenen Jahren veröffentlichte Új Bála Arbeiten bei Labeln wie Plaque, Baba Vanga, Altered States Tapes, Czaszka Rec., Lost Dogs Entertainment und Tanzprocesz und trat bei verschiedenen Festivals, Clubs und DIY-Räumen in ganz Europa auf.
Andi Soós lebt als Kuratorin, Autorin und Wissenschaftlerin in Budapest. Sie ist derzeit Doktorandin im Fach Designkultur-Studien an der Moholy-Nagy-Universität für Kunst und Design. 2018 gründete sie zusammen mit Noémi Varga die Band Exotic Girlfriend. Inspiriert von gebrochenen Herzen, transatlantischen Romanzen und missverstandenen Textnachrichten reflektiert die Band über die Herausforderungen und Freuden des Daseins als osteuropäische Frau: dabei kombiniert sie Lo-Fi-Indie-Popmusik mit ironischen Texten, die wahre Geschichten aus weiblicher Perspektive erzählen.
Lilla Lőrinc lebt als bildende Künstlerin und Kulturarbeiterin im ungarischen Budapest. Als Teil des Künstlerduos Lőrinc Borsos verfügt sie über eine langjährige Präsenz in der zeitgenössischen ungarischen Kunstszene sowie enge Verbindungen zum unabhängigen Kunstzentrum art quarter budapest und interessiert sich für die Erkundung der Grenzbereiche interdisziplinärer, von der Gemeinschaft gelenkter künstlerischer Ansätze und die Schaffung erlebniszentrierter Events.
Lucia Udvardyová ist Musikjournalistin, Kuratorin und Veranstalterin. 2010 war sie Mitgründerin von Easterndaze, einem Projekt mit dem Ziel, die aufstrebenden Underground-Szenen in Mittel- und Osteuropa untereinander zu vernetzen. Sie arbeitete mit Czech Radio, Resonance FM, Cashmere Radio, The Quietus, The Wire und anderen. Seit 2016 kuratiert sie die Reihe Easterndaze x Berlin, deren Ziel es ist, Kollektive aus Berlin und der Region Mittel- und Osteuropa zusammenzubringen. Zudem hält sie Vorträge und Workshops zum Thema Klang. Udvardyová arbeitet für die SHAPE-Plattform, eine gesamteuropäische Festivalinitiative, die innovative Musik und audiovisuelle Kunst fördert.
Máté Elod Janky ist ein in Budapest lebender Borderline-Musiker und bildender Künstler. Seine Arbeit ist von der Beobachtung digitaler Texturen und Motive und der Neuinterpretation ihrer umweltbezogenen und räumlichen Eigenschaften geprägt. Er betreibt zudem das unabhängige Label Daddypower Records, das sich experimentellen Künsten widmet.
Bonus-Material
Wie bleibt ein Kraftwerk in Betrieb?
moderiert und produziert von Krisztián Puskár
Im 13. Jahr von Viktor Orbáns Regime stellen die umfassende politische Desillusionierung und der Schatten einer Finanzkrise eine schwere Last dar, die zu allgemeinem Burnout und Realitätsflucht nicht nur in der ungarischen Gesellschaft, sondern auch in Budapests angeblich kritischer Underground-Musik- und Kunstszene führt.
Lucia Udvardyová, Produzentin der Timezones-Folge Budapest, der Experimental-/Metal-Schlagzeuger Balázs Pándi und Moderator Krisztián Puskár diskutieren, wie der Aufstieg des staatlich finanzierten „Hauses der ungarischen Musik“ zu einer Spaltung der Musik-Community führte, wie das System von diesen Konflikten zehrt und wie Udvardyovás vor zehn Jahren erstellter Bericht über die nationalistische ungarische Rockszene ihre Entscheidung inspirierte, den berühmten linken Philosophen in dieser für Norient und das Goethe-Institut produzierten Folge erneut aufzusuchen.
Wo stößt das Sprechen über Politik in Kunst und Alltag an seine Grenzen? Ist das Land zu verlassen eine echte Alternative? Ist die Infrastruktur von Budapests Musik-Underground bereit oder gerüstet für die derzeit heranrückende existenzielle Krise?
Balázs Pándi ist Schlagzeuger und ehemaliger Promoter mit Wurzeln und prägenden Jahren in der Metal- und Punkmusik sowie zahlreichen internationalen Kollaborationen im Bereich Experimental- und Improv-Jazz, darunter Projekte mit Merzbow, Keiji Haino, Mats Gustaffson, Thurston Moore, Attila Csihar, KK Null, Jim Jarmusch und anderen. Er ist zudem als Journalist tätig.
Krisztián Puskár ist Journalist, Redakteur, Medienarbeiter, Veranstalter, Kurator des UH Fest, Radiomoderator bei Punctum (Prag) und Lahmacun (Budapest) sowie gelegentlicher DJ.
Künstlerische Bearbeitung: Abhishek Matur Projektmanagement: Hannes Liechti Video-Trailer: Emma Nzioka Jingle-Sprecherin: Nana Akosua Hanson Jingle-Abmischung: Daniel Jakob Mastering: Adi Flück, Centraldubs Grafik:Šejma Fere