Konstruktive Klimasorgen
Weltweit

Klimaexpert*innen aus acht Ländern informierten sich im Rahmen einer Themenreise in Deutschland zu internationaler Klimapolitik und tauschten Ideen und Erfahrungen aus.
 
Das Tiny House der SPREEAKADEMIE – ein Modellhaus für nachhaltiges Bauen und Wohnen auf dem Land
Das Tiny House der SPREEAKADEMIE – ein Modellhaus für nachhaltiges Bauen und Wohnen auf dem Land | © Goethe-Institut e.V.

Die Frage sei eher: „Wo stehen wir und was können wir überhaupt tun? Womit können wir anfangen?" – so bringt die junge Umweltaktivistin Bakhshin Taha Fatih die Situation im Irak auf den Punkt. Ein Land, das sehr stark von den Folgen des Klimawandels betroffen sei, in dem es aber wenig Bewusstsein für Klimaschutz gebe, weder in der Bevölkerung noch von Seiten der Regierung. Dies sei bedauerlicherweise in ihren Ländern sehr ähnlich, bekräftigen Rachel Herrera von der Kommission für Klimawandel auf den Philippinen und Carlos Serra, Leiter einer Umweltbildungseinrichtung in Mosambik.

„Wir brauchen ganz konkrete Vorschläge“, so Bakhshin Taha Fatih. Gerichtet ist diese eindringliche Bitte an die deutschen Expert*innen einer Diskussionsrunde zur Frage, wie Klimaneutralität im Jahr 2050 erreicht werden kann. Gemeinsam sammelten die deutschen und die internationalen Klimaexpert*innen Ideen und Projektbeispiele, die im Irak, auf den Philippinen oder in Mosambik funktionieren könnten: Investitionen in Photovoltaik etwa, Projekte an Schulen oder Krankenhäusern mit Unterstützung von Stiftungen für Pilotprojekte.
 
Besichtigung von Hochwasserschutzanlagen mit Jan-Moritz Müller vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer der Stadt Hamburg
Besichtigung von Hochwasserschutzanlagen mit Jan-Moritz Müller vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer der Stadt Hamburg | © Goethe-Institut e.V.

Vom nachhaltigen Tiny House im Spreewald bis Küstenschutz in Hamburg 

Dreimal schon haben sich die internationalen Klimaexpert*innen seit 2020 (pandemiebedingt) digital getroffen, zu jeweils unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Organisiert wurden die digitalen Formate vom Besucherprogramm im Auftrag des Auswärtigen Amts. Im Juni 2022 konnte endlich die seit zwei Jahren geplante einwöchige Themenreise nach Deutschland stattfinden.

Das abwechslungsreiche Programm beleuchtete das Thema „Klimapolitik für 2050“ von verschiedenen Seiten: Wie geht das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung mit Unvorhergesehenem wie etwa der Pandemie oder der Ukraine-Krise um? Wie sehen die Häuser, wie sieht die Stadt der Zukunft aus und welchen Beitrag können die „Beratungsbaukästen“ des Climate Service Center Germany dazu leisten? Wie spricht die Lausitzer SPREEAKADEMIE in der Umweltbildung skeptische ‚communities‘ vor Ort an? Diese thematische Mischung entspricht der gemischten Zusammensetzung der Gästegruppe aus Ministeriumsvertreter*innen, Umweltaktivist*innen sowie Vertreter*innen aus Stiftungen und Think Tanks. 

Das Programm sei sehr gut abgestimmt, so Annamari Arrakoski-Enghardt, Leiterin einer finnischen Stiftung zum Schutz der Ostsee: Vom wissenschaftlichen und politischen Überblick zu Beginn der Woche über die Vor-Ort-Besichtigung der Lausitz als Transformationsregion bis hin zu angewandter Wissenschaft und thematischer Fokussierung auf Hochwasserschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein. Letzteres sei natürlich ihr Herzensthema, doch seien auch die anderen Programmpunkte und vor allem der Austausch mit den anderen Gästen und den deutschen Gesprächspartner*innen sehr wertvoll für ihre Arbeit. Denn gerade in der Klimapolitik werde deutlich, wir sehr die vielen einzelnen Aspekte miteinander verbunden sind.
 
Die internationalen Klimaexpert*innen im Gespräch mit Professor Horst Sterr, der für die Gruppe an der Universität Kiel eine Diskussionsrunde zum Thema Küstenschutz organisierte
Die internationalen Klimaexpert*innen im Gespräch mit Professor Horst Sterr, der für die Gruppe an der Universität Kiel eine Diskussionsrunde zum Thema Küstenschutz organisierte | © Goethe-Institut e.V.

„Lasst uns positiv kommunizieren“

Immer wieder geht es um die Frage, wie notwendige Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele vermittelt werden können. „Lasst und positiv kommunizieren und Erfolgsgeschichten erzählen!“, fasst Juan Fernando Lara, Journalist aus Costa Rica, zusammen. In Deutschland habe sich viel getan in den letzten 30 Jahren und in vielen Bereichen sei Deutschland Modell für Technologien zum Klimaschutz. Die internationalen Klimaexpert*innen sind sich einig, dass Deutschland weiterhin eine Vorreiterrolle übernehmen solle, die für ihre jeweiligen Regierungen maßgeblich und ein immens wichtiger Impuls sei. Sie habe nun eine „constructive climate anxiety“, so Bakhshin Taha Fathi aus Kurdistan/Irak zum Ende der Woche. Der Irak leide stark unter den Auswirkungen des Klimawandels, aber sie sehe, dass Länder wie Deutschland etwas unternehmen wollen – das gebe ihr Hoffnung. 

Viele große Fragen standen im Raum bei dieser Themenreise. Antworten darauf können nur gemeinsam und im internationalen Austausch gefunden werden. Gemeinsam mit- und voneinander lernen, sich austauschen und vernetzen zu können und daneben auch etwas über deutsche Kultur erfahren und sogar gleich mehrere unterschiedliche Städte und Regionen kennenlernen zu können – dies sei eine ganz wesentliche Besonderheit der Themenreise und ein großer Mehrwert im Vergleich zu anderen Formaten wie etwa internationalen Konferenzen. 
 
Themenreise „Climate Policy for 2050“, auf Einladung des Auswärtigen Amtes
Besuchte Orte: Berlin, Potsdam, Raddusch / Spreewald, Hamburg, Kiel
Reisezeitraum: Juni 2022

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