Erstens kommt es anders …

Annäherung die im Heimatland beginnt
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Die neue Studie „Annäherung, die im Heimatland beginnt“ beleuchtet Sinn und Zweck der Vorintegration: Erwerbsmigrant*innen, die sich schon im Vorfeld umfassend über das Leben in Deutschland informieren, sind weniger anfällig für falsche Erwartungen.

Von Kristina von Klot-Heydenfeldt

Als Klaus-Dieter Lehmann beim Integrationsgipfel Anfang März auf Angela Merkel traf, folgte die Würdigung eines visionären Engagements: Denn was der Präsident des Goethe-Instituts der Bundeskanzlerin in Berlin persönlich überreicht hat, war eine kürzlich veröffentlichte Analyse rund um den Bedarf von Erwerbsmigrant*innen im Prozess der Vorintegration. Unter dem Titel „Annäherung, die im Heimatland beginnt“ versammelt diese Studie neben einer Analyse zahlreiche Empfehlungen in Hinblick auf Maßnahmen, die idealerweise lange vor dem ersten Integrationskurs in Deutschland greifen. Die These der Studie: Die qualifizierte Vermittlung von sprachlichen, aber auch landeskundlichen und interkulturellen Inhalten im Vorfeld der Migration ist unabdingbar für den Erfolg ausländischer Fachkräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt – und für deren Ankommen in der deutschen Gesellschaft.
 
Ausgangspunkt der Untersuchung ist, dass Deutschland als alternde Gesellschaft unter einem massiven Mangel an Fachkräften leidet und auf den Zuzug von jährlich etwa 700.000 Arbeitsmigrant*innen angewiesen ist. Die These lautet: Je mehr Menschen nach Deutschland kommen, desto mehr steigt auch der Bedarf an Vorintegration an. Wie aber lässt sich der Migrationsprozess von Anfang an bestmöglich begleiten? Vor diesem Hintergrund wurden rund 1000 Onlinebefragungen und Gespräche geführt – mit Mitarbeiter*innen des Goethe-Instituts und mit Expert*innen, aber vor allem mit bereits in Deutschland lebenden Erwerbsmigrant*innen. Aufschlussreich war dabei unter anderem, dass die letztgenannte Gruppe offen bekannte: Die große Bedeutung vorintegrativer Maßnahmen hat sich ihnen erst nach ihrem Aufenthalt in Deutschland erschlossen. Eine Empfehlung lautet daher, verstärkt auch Mentoren und sogenannte Buddys einzubeziehen, die ihren Landsleuten aus eigener Erfahrung berichten und glaubwürdig vermitteln können, dass eine intensive Vorbereitung auf die Migration unverzichtbar ist. Die Erfahrung der Expert*innen ist: Je größer die kulturellen Unterschiede zwischen dem Herkunftsland und Deutschland ausfallen, desto größer ist auch der Bedarf und der Mehrwert vorintegrativer Maßnahmen.

Was die Gestaltung des Curriculums betrifft, lässt sich auf bewährte Programme des Goethe-Instituts im Kontext des Ehegattennachzugs anknüpfen. Diese Angebote fallen zwar von Land zu Land unterschiedlich aus, gehen aber über reine Sprachkurse hinaus, insofern sie auch über Land und Leute, den deutschen Alltag und das Arbeitsleben in Deutschland informieren. Heute wünschen sich Erwerbsmigrant*innen wie Expert*innen eine umfangreichere Vorbereitung: einen Mix aus Präsenz- und Online-Angeboten – neben Eins-zu-Eins-Beratungen. Und Angebote, die idealerweise passgenau auf die Berufsgruppen, den Bildungshintergrund und das Sprachniveau zugeschnitten sind; und die darüber hinaus berücksichtigen, ob die Teilnehmer*innen aus einem ländlichen oder urbanen Umfeld stammen – und ob sie schon migrationserfahren sind.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Für die gesellschaftliche Integration ist die kritische Reflexion bestehender Erwartungen mindestens so wichtig ist wie die Sprachvermittlung. Dabei erscheint die Korrektur von Fehlinformationen – etwa in Bezug auf das Berufsbild, das sich von Land zu Land stark unterscheiden kann – als Dreh- und Angelpunkt: als eine Art Realitäts-Check, um Migrant*innen in spe bereits in ihrer Heimat über alle Lebens- und Arbeitsbereiche zu informieren und deren Unsicherheiten abzubauen, die im Rahmen der Studie vielfach angesprochen wurden: „Die Fragen, die man sich […] stellt, sind so unglaublich vielfältig: Wie trenne ich Müll richtig? Und was sind die deutschen Essgewohnheiten? Woher weiß ich, was ein guter Preis für eine Wohnung ist? Wie finde ich meine Steuerklasse heraus? Habe ich einen Anspruch auf Weiterbildung? Kann ich mir meinen […] Urlaub auszahlen lassen? Wie fachlich sollte ich mich im Berufsalltag ausdrücken?“

Zudem illustriert die Analyse, dass sich das Goethe-Institut im Kontext der Vorintegrationsarbeit dem Ideal einer nahezu lückenlosen Beratungskette verpflichtet sieht. Während gut vernetzte Büros im Ausland Expertisen unterschiedlicher Akteure zusammenführen, erlauben es engmaschige Netzwerke mit deutschen Partnern, weitergehende Fragen rund um Job- und Rechtsfragen an qualifizierte Beratungsstellen zu delegieren. Und: Dank seiner jahrzehntelangen Erfahrung qualifiziert sich das Goethe-Institut auch für zukünftige Projekte. Zahlreiche Best-Practice-Beispiele in Südostasien und Südosteuropa bieten sich als Anknüpfungspunkte für ähnliche Angebote in weiteren Regionen an.

Ein Resümee der Expert*innen lautet: Selbst die beste Vorbereitung kann nicht mehr sein als ein Ausblick auf die anstehenden Herausforderungen. Die Erkenntnis, dass nie alle Unwägbarkeiten in Hinblick auf das Leben in der Fremde geklärt werden können, ist deshalb das A und O einer gelungenen Vorintegration.

Download der Analyse


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