Der Handwerksberuf in Deutschland
Der Handwerksberuf in Deutschland
Experteninterview mit Jens Christopher Ulrich, Pressesprecher der Handwerkskammer für München und Oberbayern.
Jens Christopher Ulrich: Das Handwerk hat einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. Jeder braucht einen Handwerker und jeder klagt vielleicht auch mal, wenn es länger dauert einen Handwerker zu finden, weil die Handwerker momentan sehr gut beschäftigt, sehr gut ausgelastet sind.
Jens Christopher Ulrich muss es wissen. Er ist Pressesprecher der Handwerkskammer für München und Oberbayern. Ein Schlagwort taucht im Gespräch mit ihm immer wieder auf: Fachkräftemangel. Händeringend, sagt er, werden in Deutschland Handwerker gesucht.
Jens Christopher Ulrich: Grundsätzlich sind alle Handwerksberufe gefragt. Wir haben über 130 Ausbildungsberufe, in denen junge Leute gesucht werden, aber auch die bereits ausgebildeten Fachkräfte werden im Handwerk händeringend gesucht, ob das jetzt Bäcker sind, ob’s Metzger sind, ob es auf dem Bau ist oder Kfz-Mechatroniker.
Wer aus dem Ausland kommt, hat als Handwerker also beste Chancen in Deutschland Arbeit zu finden. Wer bereits einen handwerklichen Beruf erlernt hat, kann diesen bei den Handwerkskammern anerkennen lassen. Jeder Regierungsbezirk hat seine eigene Handwerkskammer, die dafür zuständig ist.
Jens Christopher Ulrich: Da geht man einfach hin, sagt ich habe diese oder jene Tätigkeit ausgeübt im Ausland, ich habe diesen und jenen Nachweis, weil das braucht es natürlich um zu sehen, wie weit jemand schon ist, also am besten alle Zeugnisse und was man alles hat mitbringen und dann wird geguckt, wo man eingestuft werden kann.
Autorin: Besonders interessiert sind die Handwerksbetriebe an ausländischen Jugendlichen, die sich in Deutschland ausbilden lassen. In Deutschland gibt es das so genannte duale Ausbildungssystem.
Jens Christopher Ulrich: Die duale Ausbildung zeichnet sich dadurch aus, dass sie einerseits im Betrieb stattfindet, dort man das praktische Arbeiten lernt, auch soziale Kompetenzen stärkt, wie eben Teamfähigkeit oder auch Kundenorientierung und auf der anderen Seite die Berufsschule, wo man die theoretischen Kenntnisse erwirbt, die ja auch sehr wichtig sind und dadurch, dass es ja in den meisten Fällen 1, 2 Tage in der Woche in der Berufsschule gibt, kann man das Erlernte dann auch direkt umsetzen.
Nach drei, manchmal auch dreieinhalb Jahren, macht man eine theoretische und praktische Prüfung. Besteht man diese, ist man Geselle. Jetzt stehen einem viele Wege offen. Entweder man arbeitet als Fachkraft im Betrieb oder man bildet sich weiter.
Jens Christopher Ulrich: Das führt dann z.B. auf die Meisterschule, man macht dann den Meister, ist dann höchstqualifiziert, kann sein eigenes Unternehmen eröffnen, kann Betriebsleiter werden und sogar studieren.
Auch aufgrund der guten Aufstiegschancen wird die berufliche Ausbildung in den letzten Jahren immer attraktiver. Außerdem verdient man als Handwerker gut.
Jens Christopher Ulrich: Die Entlohnung ist ordentlich, da bewegt sich ein Handwerker durchaus im gehobenen Mittelfeld.
So verdient ein Elektroniker-Geselle ohne Berufserfahrung um die 2200€ brutto im Monat, ein Meister mit Berufserfahrung um die 4100€ brutto.
Wer in Deutschland im Handwerk arbeiten will, sollte natürlich auch gerne mit den Händen arbeiten und nicht lieber vor dem Computer sitzen. Jens Christopher Ulrich betont aber auch, wie wichtig es ist, als Handwerker gut Deutsch zu sprechen.
Jens Christopher Ulrich: Es erwartet niemand von Ihnen, dass Sie als Franzose oder Spanier oder Engländer perfekt Deutsch können, wenn Sie nach Deutschland kommen, aber da man eben jeden Tag mit Kunden zu tun hat, sind da deutsche Sprachkenntnisse schon eine ganz wichtige Basis.