Startup with German
Gruppenbild mit Dame
Deutschschülerinnen und -lehrer aus Indien reisen für drei Wochen dahin, wo ihr Wahlfach Alltag ist. Sie freuen sich über Fußgängerampeln, Mülltrennung und Schokolade, aber ganz besonders über den Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Berlin, Bundeskanzleramt, 1. Stock. Da hängen sie alle, in Öl, schön gerahmt, Seite an Seite: die ehemaligen deutschen Kanzler. Davor stehen rund dreißig indische Schülerinnen und Schüler und recken die Arme, um Fotos mit den Gemälden zu schießen. Am beliebtesten als Selfie-Partner: Helmut Kohl. Den kennen sie alle.
Ihre große Heldin aber ist Angela Merkel, die hier natürlich noch nicht hängt, weil noch im Amt, und die die Jugendlichen gleich zum Gruppenbild treffen, ganz real. Alle sind aufgeregt, hibbelig, gespannt. „Die stärkste Frau der Welt!“, „Ein Vorbild für alle Mädchen!“, „Sie ist so intelligent!“, „Hat sogar einen Doktor!“, „Sie denkt nicht nur für ihr Land, sondern für alle!“
Die 31 Schülerinnen und Schüler aus ganz Indien, zwischen 12 und 15 Jahre alt, haben in diesem Jahr den Wettbewerb „Startup with German“ gewonnen. Sie lernen die Sprache als Wahlfach an öffentlichen und privaten Schulen und haben sich mit kreativen Videos beworben, auf Deutsch versteht sich.
Ihr Gewinn: Ein dreiwöchiger Aufenthalt in Deutschland, samt Sprachunterricht und Rahmenprogramm, von Frauenkirche bis Blue-Man-Group. Außerdem wurden bei „Startup with German“ Indiens beste Deutschlehrerinnen und-lehrer 2017 in vier Kategorien gekürt und mit einem Sprachkurs im Goethe-Institut Berlin belohnt. Auch sie sind heute hier.
Und das ist kein Zufall: Denn all das kam nur zustande, weil die deutsche Kanzlerin 2013 den Indira-Gandhi-Preis gewann und das Preisgeld zurück nach Indien spielen wollte. Das Goethe-Institut setzte sich mit seiner Wettbewerbsidee durch und fand weitere Partner: die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), den indischen Deutschlehrerverband (InDaF) und den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).
Kuchen, BrÖtchen und Frühstücksei, aber viel zu wenig Gewürze
Seit einer Woche sind die Schülerinnen und Schüler nun in Deutschland – was hat sie bisher beeindruckt? „Die vielen Radfahrer“, sagt die 14-jährige Gursimar. „Und die Ampelmännchen!“ Damit meint sie nicht nur die lustigen Figuren, sondern vor allem, dass es überhaupt Fußgängerampeln gibt.„Dass alle so freundlich sind“, findet Divya aus Pune. Gursimar berichtet, wie eine Frau in Dresden einer der Schülerinnen ein Eis spendierte, weil die kein Geld dabei hatte. Irgendwie scheint ihnen hier alles zu gefallen: die sauberen Städte und die Straßenfeste, die Kirchen und die Architektur, Leipzig, Berlin, Fußball, Autos, Mülltrennung.
Und wovon sind sie enttäuscht? „Vom Essen. Viel zu wenig Gewürze!“, kommt es unisono. So will Kuntak, 15, aus Neu-Delhi das nun doch nicht stehen lassen: „Ich mag die Brötchen, den Kuchen, das Frühstücksei.“ Die anderen nicken zustimmend: „Und Schokolade!“.
Jetzt geht es ganz schnell. Die Gruppe fährt im Aufzug in die Sky Lobby, eine halbe Etage über dem Büro der Kanzlerin. So nahe waren sie der Weltpolitik noch nie. Dann kommt Angela Merkel, stellt ein paar Fragen, stellt sich fürs Foto zu ihnen. Dankesworte und Geschenke. Und sie ist wieder weg.
„Das werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen“, meint ein Mädchen gerührt. Nur einer hat mehr mitgenommen als die Erinnerung im Kopf: Kuntak ist es gelungen, ein Autogramm zu bekommen. Draußen vor dem Kanzleramt umringen ihn alle und fotografieren die Unterschrift ab. Wenn Merkel die Heldin ihrer Reise ist, dann ist Kuntak der Held des Tages.