Symbiz
Auf Tour mit Musik-Nomaden
Die Berliner Elektro-Band Symbiz bereiste im April mit Unterstützung des Goethe-Instituts Ostafrika. Sie traf afrikanische Künstlerinnen und Künstler und gab Konzerte und Musik-Workshops.
„Könnt ihr nicht etwas freestylen?“, fragt eine Teilnehmerin. Sie zeigt auf das Mikro, das neben dem Mischpult liegt. Seit einer Stunde gibt die Band Symbiz einen Beat-Workshop in Daressalam. Die beiden Bandmitglieder zeigen am kleinen Laptop-Bildschirm, wie man Beats abmischt und verfeinert. Zwanzig junge Musikerinnen und Musiker aus Daressalam sitzen vor ihnen auf Plastikstühlen und hören dem Dolmetscher zu, der von Englisch auf Suaheli übersetzt. Der Regen prasselt auf das Wellblechdach, Mücken surren durch die Luft und die Aufmerksamkeit der Teilnehmer surrt mit ihnen davon.
„Man lernt unglaublich nette Menschen kennen“
„Könnt ihr vielleicht einen Song spielen, damit wir eure Musik kennenlernen?“, fragt eine weitere Teilnehmerin. Die beiden Bandmitglieder schauen sich an. Der Sänger Zhi Yang Trieu nimmt das Mikro und beginnt leise den Refrain eines ihrer Songs zu singen. Der Beat-Produzent Sebastian Meyerholz schiebt den Regler hoch und der Bass schallt aus den Boxen. Schon sind die anderen aufgesprungen, klatschen im Takt, filmen mit ihren Handys. Zwei tansanische Rapper laufen nach vorne und rappen abwechselnd auf den Beat, den sie gerade zum ersten Mal hören. Sänger Trieu begleitet sie im Refrain. Auf einmal scheint es, als sprächen sie die gleiche Sprache.Knapp drei Wochen lang tourte die Elektro- und Reggae-Band Symbiz durch Ostafrika. Auf Einladung des Goethe-Instituts bereisten sie Tansania, Mosambik, Simbabwe, Äthiopien und Kenia. Unterwegs spielten sie insgesamt fünf Konzerte, trafen Musikerinnen und Musiker und produzierten in Workshops gemeinsam Musik. Für Symbiz sind internationale Tourneen fast schon Gewohnheit. Immer wieder zieht es die beiden Berliner ins Ausland. Indien, China, Venezuela und Russland besuchten sie mehrmals für Konzerte und auch Afrika kennen sie gut: Mit Musikern aus Uganda, Sansibar und Simbabwe, die sie auf Konzerten kennenlernten, arbeiten sie bis heute zusammen. Auf die Frage, wie man zum Musik-Nomaden wird, antwortet der Bandgründer Sebastian Meyerholz: „Man lernt einfach bei jedem Auftritt unglaublich nette Menschen kennen, die einen dann zu neuen Auftritten einladen.“
So funktioniert Austausch
Man hört der Musik von Symbiz an, dass sie die Welt gesehen haben. Meyerholz nennt ihr Genre scherzhaft „Krawall-Reggae“: eine Mischung aus Dubstep, Dancehall, chinesischer Bassmusik, karibischen Trommeln. Sänger Zhi Yung Trieu singt einen Teil der Texte auf Kantonesisch oder rappt im jamaikanischen Patois-Slang. Meyerholz sagt: „Unsere Musik hat vielleicht keinen richtigen Namen, aber dafür ein Ziel: Energie.“Aber kommt das an beim afrikanischen Publikum? Auf ihrer ersten Station spielen sie im Nafasi Art Space, einem Künstler-Zentrum in Daressalam. Trotz der Regenzeit sind 200 Leute gekommen und drängen sich vor der überdachten Bühne. Meyerholz schlägt auf die Drumpads, Trieu beginnt zu rappen. Das Publikum weiß kurz nicht, wie es tanzen soll, aber als der Bass loswummert, springen sie auf und ab. Eine Frau wirbelt ihre Dreadlocks in der Luft, ein kleiner Junge übt sich als Breakdancer. Nach dem Konzert steht Meyerholz unter einer Palme und wischt sich den Schweiß mit einem Handtuch von der Stirn. Ein Musiker kommt auf ihn zu, der bereits beim Workshop dabei war. Er sagt: „Eure Musik ist wirklich global. Ich erkenne darin so viele unserer Rhythmen wieder. Meine Mutter fände das vielleicht ein bisschen aggressiv, aber sie würde trotzdem dazu tanzen.“ Meyerholz bedankt sich, dann reden sie zwanzig Minuten lang über Einflüsse auf die afrikanische Musik, tauschen Handy-Nummern aus, und als der Musiker sich ein Bier holt, sagt Meyerholz: „Genau so funktioniert Austausch. Dann, wenn man sich versteht, wenn man die gleiche Leidenschaft hat.“
Eine Version dieses Artikels erschien im JWD. Magazin (Ausgabe 3 vom 24. Mai 2018).