Eröffnung: Goethe-Institut Myanmar
Für eine Zivilgesellschaft, in der alle ihren Platz haben
Zur offiziellen Eröffnung des neuen Goethe-Instituts in Myanmar fand ein Festakt mit Konzerten und Ausstellungen statt. Anwesend waren unter anderem der Präsident des Goethe-Instituts, Klaus-Dieter Lehmann, und der Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann, die hoffnungsvoll auf die kulturelle Zusammenarbeit mit Myanmar blicken.
Die buddhistischen Mönche in ihren tief roten Roben gehören zu Myanmar wie Pagoden und Garküchen. Und natürlich dürfen sie auch bei der Einweihung des Goethe-Instituts in Yangon nicht fehlen. Das erste Haus wurde 1959 als erstes Goethe-Institut in Südostasien gegründet und gleich nach dem Militärputsch wieder geschlossen. In einer historischen Villa unweit der Shwedagon-Pagode wurde in 18 Monaten ein holzverkleidetes Auditorium mit angeschlossener Bibliothek nach Plänen des Berliner Architekten Oliver Gerhartz von einheimischen Baufirmen errichtet. Ein Haus, das die Geschichte Burmas spiegelt: Bis zum Überfall der Japaner im Zweiten Weltkrieg residierte hier ein chinesischer Oligarch, der sein Geld mit Opium und Teakholz verdiente. Nach dem Krieg bezog die Unabhängigkeitsbewegung von General Aung San die leerstehenden Räume. Heute bestimmt seine Tochter Aung San Suu Kyi im ständigen Ringen mit dem Militär die Politik des Landes.
Wegweiser in Zeiten des Wandels
Aber bevor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Büros beziehen und die Deutschkurse beginnen können, segnen die Mönche das neue Domizil. Vor der Buddha-Plastik im Foyer erinnern sie die Belegschaft an den edlen achtfältigen Pfad: „Rechtes Erkennen, rechtes Denken, rechtes Reden, rechtes Handeln." Und davon ist auch etwas bei den offiziellen Reden zur Eröffnungsfeier zu spüren: Der Kulturminister wünscht sich vor allem Sprachvermittlung. Die Botschafterin Dorothee Janetzke-Wenzel redet vom notwendigen Umbau von sozialistischer Plan-Ökonomie zur kapitalistischen Wirtschaft. Der eigens angereiste, stellvertretende Bundestagspräsident Thomas Oppermann lobt die Regierung von Myanmar für den „richtigen Weg Richtung Demokratie“.Deutlichere Worte findet Institutsleiter Xaver Augustin am Morgen nach der Eröffnungsfeier. „In der Anfangsphase der Reformzeit vor vier Jahren war alles sehr viel liberaler. Es hat sich eingeschränkt.“ Gerade die Reaktion vieler burmesischer Intellektueller und der Medien auf die Verfolgung der Rohingyas hat ihn enttäuscht: „Der allergrößte Teil der Bevölkerung hält die Vertreibung für richtig.“
Neuer Platz für Kunst
Künstlerinnen und Künstlern, die einen anderen, kritischen Blick auf ihr Land wagen, will Augustin Raum geben. Wie etwa dem Bildhauer und Performance-Künstler Htein Lin, der jahrelang als Guerilla im Dschungel gegen die Militärdiktatur gekämpft hat und später im Gefängnis saß. Seine Eisenplastik im ersten Stock der Goethe-Villa erzählt von einem alten Problem, das immer noch aktuell ist: Unter einem LED-Bildschirm mit der Aufforderung „Bitte spülen“ sitzt ein Beamter aus Eisen, halb naive Volkskunst, halb sozialistischer Realismus. Unter dem Schreibtisch ragt sein grotesk langer, linker Arm mit geöffneter Hand hervor.Offiziell wurde die Zensur zwar 2012 abgeschafft, trotzdem gibt es Tabus, erzählt die US-amerikanische Kuratorin Nathalie Johnston, die seit mehreren Jahren in Myanmar lebt, am Rande der Eröffnungsfeier: „Wenn sich eine religiöse Autorität oder deren Anhänger angegriffen fühlen, kann man schnell im Gefängnis landen." Kritische Kunst von Htein Lin oder seinem jungen Kollegen, dem Graffiti-Maler Kyaw Moe Khine (Künstlername: „Bart was not here“), zeigt sie in den geschützten Räumen ihrer Galerie. Dass private Galerien und Einrichtungen wie das Goethe-Institut Künstlern wie Htein Lin oder Tschum Mu Kai Raum bieten, ist eine der wenigen guten Nachrichten aus Myanmar. Buddhas „Rechtes Handeln“ und „Rechtes Reden“ übersetzt für die Zivilgesellschaft, in der alle ihren Platz haben.