Manifesta 12
Ein Anruf bei James Bond
Heute schon mit einem Spion telefoniert? Nina Los und Niklas John vom Künstlerkollektiv Peng! sind mit der Installation „Call a Spy“ und mit den Videos zu ihrer Kampagne „Werde Fluchthelfer.in!“ auf der Manifesta 12 in Palermo vertreten, die das Goethe-Institut Palermo unterstützt. In einer Aufbaupause konnten wir mit Nina Los und Niklas John sprechen.
Peng! in Palermo: Wie kommt ihr zur Manifesta?
Nina Los: Wir wurden eingeladen, glücklicherweise. Eine der Kuratorinnen hatte 2015 einen Videobeitrag über unsere Kampagne „Werde Fluchthelfer.in“ gemacht. Und dann haben sie uns kontaktiert und eingeladen. Und weil es auch noch diesen anderen Strang „digital“ gibt, haben sie gleich die „Call a Spy“-Kabine mitgebucht.
Anruf bei einem Spion
Könnten Sie die Arbeiten kurz vorstellen?Niklas John: Bei „Fluchthelfer.in“ haben wir im sogenannten „Sommer der Migration“ dazu aufgerufen, dass Deutsche, die im EU-Ausland Urlaub machen, auf dem Rückweg nach Deutschland Geflüchtete in ihren Autos mitnehmen. Das andere, was wir hier ausstellen, ist „Call a Spy“: Wir haben durch ein Leak von Telefonnummern eine Installation bauen können, die es quasi erlaubt, dass man mit Mitarbeitern von Geheimdiensten spricht. Die sind ganz unvorbereitet, nehmen das Telefon ab und wissen gar nicht, wer an der anderen Leitung ist.
Wie passen sich beide Installationen hier in Palermo ein?
Nina Los: Palermo ist voll mit Schätzen, die noch unter Staub glänzen. Und deswegen ist es sehr schön, dass diese Orte bespielt werden können. Es ist relativ ambitioniert, eine Telefonzelle aus den 90ern wieder in Betrieb zu bringen im Hof eines Gebäudes aus dem 14., 15. Jahrhundert.
Politisch eine grosse Herausforderung
Wie ortsspezifisch kann und muss eine Arbeit sein?Nina Los: Die Videos von „Werde Fluchthelfer.in!“ sind im Palazzo Forcella De Seta direkt am Meer ausgestellt. Ich finde es sehr schön, dass die Videos, in denen die Leute das Meer überqueren mussten, in so einer unmittelbaren Nähe zum Mittelmeer selbst gezeigt werden. Palermo ist ein ganz aktueller Ort, nicht zuletzt wegen der letzten Tage mit der „Aquarius“. Und für „Call a Spy“ würde ich sagen: Zu einer Telefonzelle aus den 90ern hat jeder Italiener eine Assoziation.
Wie fühlen Sie sich mit Ihren Arbeiten im Italien des Sommers 2018 aufgehoben?
Nina Los: Ich habe einen deutschen und einen italienischen Pass. Und ich muss zugeben, beide Länder stellen für mich politisch eine große Herausforderung dar.
Niklas John: Zu den Herausforderungen unserer Zeit zu arbeiten, ist eine Notwendigkeit. Und das finde ich spannend. Und ich bin glücklich, dass wir hier zusammen solche Aktionen umsetzen.
Nina Los: Weil wir uns als politische Personen verstehen, ist die Arbeit politisch, weil das die einzige Ausdrucksform ist, die wir finden. Das bedeutet nicht, dass jetzt alle Kunst politisch sein muss.
Ist diese Zeit, in der Sie auch zur Manifesta eingeladen wurden, tatsächlich so besonders?
Niklas John: Wir erleben in Europa und besonders gerade in Deutschland einen Rechtsruck und eine Tendenz zum Wiederaufkommen von faschistischem Gedankengut, der die gesamte Gesellschaft und uns als politisch arbeitende Menschen besonders vor eine Herausforderung stellt. Gerade im Hinblick auf die Manifesta ist das eine der Hauptherausforderungen.
Installation als Experiment
Welche Erwartungen haben Sie an die Aufnahme Ihrer Arbeiten?Niklas John: Die Menschen gehen unterschiedlich an die Arbeiten heran, dass man das gar nicht so richtig einschätzen kann von vornherein, wobei die Sachen, mit denen wir jetzt hier sind, nicht unsere Hauptarbeit sind. Unsere Arbeit findet hauptsächlich in den Medien statt, im Internet. Deswegen sind wir total gespannt, wie es ausgeht.
Nina Los: Das ist für uns auch immer ein Experiment. Ich hoffe vor allem bei „Werde Fluchthelfer.in!“, dass das Thema für die Leute greifbar ist in der Stadt, die einen der wenigen Bürgermeister hat, der gesagt hat: „Wir nehmen die Leute auf! Wir machen das anders, als die ganze EU uns das vormacht und vorschreibt.“
Das Interview führte Roman Maruhn, Goethe-Institut Palermo.