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„Die Beziehung zu Deutschland ist eine der wichtigsten für Amerika“
Im Rahmen des Transatlantic Outreach Program (TOP) des Goethe-Instituts bekommen amerikanische Lehrerinnen und Lehrer bei einer Studienreise durch Deutschland Einblicke in Wirtschaft und Geschichte. Auf dem Programm im Juli stand unter anderem ein Besuch bei der Siemens AG.
Für die Auszubildenden bei Siemens ist es keine alltägliche Situation, wenn plötzlich eine Gruppe amerikanischer Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Werkstatt steht. Und auch für die Pädagogen aus Übersee war es eine neue Erfahrung: Schließlich ist das duale Ausbildungssystem, wie es die angehenden Elektroniker bei Siemens durchlaufen, in ihrer Heimat nicht üblich. Um den Gästen das Ausbildungsprogramm des Unternehmens näherzubringen, stand der Besuch in München auf der Agenda.
Mit neuen Erfahrungen im Gepäck
Die Gäste sind eine Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern der „Social Studies“ aus den USA und Kanada, die im Rahmen des Transatlantic Outreach Program knapp zwei Wochen in München, Kaufbeuren, Nürnberg, Geisa und Berlin verbringen. Dieser Austausch existiert seit 2002 und beinhaltet auch Studienreisen für Lehrende der MINT-Fächer sowie Inforeisen für Entscheidungsträgerinnen und -träger aus den USA. Bislang haben rund 1600 Frauen und Männer daran teilgenommen.Dan Hoppe, der in Stevens Point im US-Bundesstaat Wisconsin amerikanische Geschichte unterrichtet, betont, wie viel er beim Besuch von Siemens gelernt habe. Der 40-Jährige will dieses Wissen an seine Schülerinnen und Schüler weitergeben. Hannah Christian, die aus New York City stammt und in Baltimore (Maryland) Wirtschaft und Psychologie an einer High School unterrichtet, profitierte ebenfalls von dem internen Einblick: „In den USA ist das duale System nicht verbreitet, aber es wäre sinnvoll. Leider ist die Berufsausbildung in meiner Heimat stigmatisiert. Die Schüler werden stattdessen ermutigt, auf eine Universität zu gehen. Ich würde mich freuen, wenn ich eine mit Deutschland vergleichbare Berufsausbildung in meinem Bezirk bekannter machen könnte.“ An ihrer High School existiere zwar sogar eine solche Berufsausbildung, allerdings sei das die absolute Ausnahme, erzählt sie.
„Wir sind auch deshalb hier, um die Beziehungen unserer Länder aufrechtzuerhalten.“
Auch die deutsche Geschichte ist ein wichtiges Thema, das auf der Reise zur Sprache kommt. „Ich will meinen Schülern beibringen, dass die deutsche Geschichte nicht nur aus den beiden Weltkriegen und dem Holocaust besteht und wie Deutschland sich nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer wirtschaftlichen Macht entwickelt hat“, sagt Ruth Smith. Sie unterrichtet in Waldheim in der kanadischen Provinz Saskatchewan, eine Gemeinde, in der über 80 Prozent der Einwohner deutsche Wurzeln haben und 20 Prozent ihrer Schülerinnen und Schüler Deutsch sprechen. Smiths Großeltern waren deutsche Mennoniten, die 1914 nach Kanada emigrierten. Jordan Penner von der Westpark School in Portage la Prairie in Manitoba will mehr über die transatlantische Partnerschaft zwischen den USA und Deutschland erfahren, aber auch über Bildung, Politik und Kultur, da er Deutschland für ein innovatives Land hält.Kristin H. Strobel, eine Geschichtslehrerin aus Lexington (Massachusetts), die mit einem Deutschen verheiratet ist, hat der Besuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau bewegt. Für die Historikerin ist der Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte ein Vorbild für ihr eigenes Volk: „Die Amerikaner müssen auch lernen, wie sie über ihre Vergangenheit sprechen.“ Auch für Rebecca DiBrienza aus Scotch Plains (New Jersey) ist der Diskurs über Erinnerungskultur einer der zentralen Aspekte der Studienfahrt: „Was zeichnet das kollektive Gedächtnis einer Nation aus?“ Während die Deutschen das Weltgeschehen intensiver beobachten würden, fehle den Amerikanern diese internationale Sichtweise noch. „Ich möchte meinen Schülerinnen und Schülern mit den Erkenntnissen aus dieser Reise gerade die globale Perspektive vermitteln.“
Greg Hill, der in Mesquite (Texas) Geographie unterrichtet, macht sich Sorgen darüber, dass sich das deutsch-amerikanische Verhältnis unter US-Präsident Trump verschlechtert habe. „Wir sind auch deshalb hier, um die Beziehungen unserer Länder aufrechtzuerhalten. Die Beziehung zu Deutschland ist eine der wichtigsten für Amerika. Wir dürfen das trotz der kurzsichtigen Ziele unseres Präsidenten nie vergessen.“
Das Transatlantic Outreach Program (TOP) ist ein Projekt des Goethe-Instituts in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt, der Robert Bosch Stiftung, der Deutschen Bank und der Siemens AG.